Eigentlich besuchen wir keinen Weihnachtsmarkt
Secession und Klimt
Ziel unseres Spazierganges ist das Secessionsgebäude, das wir schon vor Jahren besucht haben.
Die Secession wurde 1897 von einer Gruppe von Künstlern
um Gustav Klimt gegründet, die sich vom konservativen Künstlerhaus abgespalten hatte. Klimt wurde der erste Präsident der Vereinigung, unter den Gründungsmitgliedern waren die Maler Kolo Moser und Carl Moll sowie die Architekten Josef Hoffmann und Joseph Maria Olbrich. Olbrich gestaltete 1898 das Ausstellungshaus, ein gebautes Manifest für die Ideen der neuen Künstlervereinigung, die sich der aktuellen Moderne verschrieben hatte.
(Auszug aus dem Hausprospekt)
Im Sommer 1901 beschlossen die Mitglieder der Vereinigung bildender Künstler Österreichs eine Ausstellung zu zeigen, die das Zusammenspiel zwischen Architektur, Malerei. Plastik und Musik in höchster Vollendung veranschaulichen sollte. Nur ein Jahr später, in der XIV. Ausstellung, erfuhr dieser Gedanke eines secessionistischen Gesamtkunstwerks unter der Leitung von Josef Hoffmann seine Umsetzung. 21 Mitglieder der Künstlervereinigung inszenierten ihre Arbeiten rund um die 1902 fertig gestellte Beethoven-Plastik von Max Klinger.
Ein Hauptwerk daraus ist der Beethovenfries von Gustav Klimt, den er eigens für diese große Gruppenausstellung geschaffen hat. (Stirnseite)
Heute wird der Fries als eigenständiges Kunstwerk wahrgenommen und gilt als einer der Höhepunkte des Wiener Jugendstils. Zu Bewundern ist er in einer vollständig leeren Halle und zieht sich um die drei Seiten des Raumes. Das Thema des Frieses bezieht sich auf Richard Wagners Interpretation der IX. Symphonie von Ludwig van Beethoven und stellt die Suche der Menschheit nach dem Glück dar.
Als Sinnbild für diese Sehnsucht wählt Klimt schwebende Genien, die an der linken Seitenwand in die Erzählung einführen und als horizontale Figurenkette im Fries mehrfach wiederkehren. Dieser horizontale Zug wird auf der linken Seitenwand nur durch eine Figurengruppe unterbrochen: Eine stehende nackte Frauengestalt und ein kniendes nacktes Paar — Symbole der leidenden Menschheit — flehen den Ritter in goldener Rüstung um Hilfe an. Der „wohlgerüstete Starke" begibt sich stellvertretend für die Menschheit auf die Suche nach dem Glück, innerlich angespornt durch die zwei allegorischen Frauenfiguren hinter ihm, Ehrgeiz und Mitleid.
In der Darstellung der Stirnwand muss sich die Menschheit den Gefahren und Verführungen der „Feindlichen Gewalten" stellen. Dort breitet sich der Gigant Typhoeus, ein hybrides Ungeheuer mit Zottelfell, blauen Flügeln und schlangenartigem Leib, fast über die gesamte Stirnwand aus und blickt mit Perlmuttaugen auf die Betrachterinnen. Links von ihm stehen seine Töchter, die drei Gorgonen, und über diesen starren maskenartige Frauenköpfe aus dem Bild, allegorische Darstellungen von Krankheit, Wahnsinn und Tod.
Die Frauen rechts des Ungeheuers versinnbildlichen Wollust, Unkeuschhelt und Unmäßlgkeit, die an ihrem großen Bauch erkennbar ist.
Etwas abseits kauert die abgemagerte Frauengestalt des „Nagenden Kummers". Rechts oben an der Stirnwand ist der Kopf eines schwebenden Genius zu erkennen. In Klimts Narrativ ziehen somit die Wünsche und Sehnsüchte der Menschen über die „Feindlichen Gewalten" hinweg.
Auf der rechten Seitenwand findet die Sehnsucht der Menschheit nach Glück Erfüllung In der Poesie, dargestellt als Frauengestalt mit Leier. Es folgt eine leere Wandpartie, unter der im ursprünglichen Ausstellungsarrangement eine Öffnung den Blick auf Klingers Beethovenplastik freigab.
In der Schlussszene leiten weibliche Gestalten als Sinnbilder der Künste in die ideale Sphäre der Kunst. Klimts Apotheose der Kunst besteht aus einem küssenden Paar vor dem „Chor der Paradiesengel" und nimmt direkt Bezug auf Beethoven. „Diesen Kuss der ganzen Welt" heißt es in einer Passage aus dem Schlusschor von Beethovens IX. Symphonie, basierend auf Friedrich von Schillers Ode an die Freude.
Der Zyklus war ursprünglich nur als Dekorationsmalerei gedacht und sollte nach der Ausstellung abgetragen werden. Der Sammler Carl Reininghaus kaufte den Fries und veranlasste, dass das Kunstwerk nach Beendigung der Klimt-Retrospektive (XVIII. Ausstellung 1903) samt Unterbau aus Schilfrohr und Lattenrost in acht Teile zersägt und von der Wand genommen wurde. [trennlinie]
Eine wichtige Funktion in der secessionistischen Bewegung hatte auch ihre Kunstzeitschrift [f]Ver Sacrum[/f] (Heiliger Frühling), deren programmatischer Titel bis heute in goldenen Lettern die Fassade des Hauses ziert. Als „Tempel der Kunst" der frühen Moderne konzipiert, ist die Secession eines der bedeutendsten Kunstwerke des Wiener Jugendstils. Bei ihrer Gründung erregte die Secession großes Aufsehen mit ihren Ausstellungsgestaltungen, die raumbezogen und die künstlerischen Disziplinen übergreifend eine Synthese von Architektur, Malerei, Skulptur, Grafik und Dekor darstellten.[/k]
Erschöpft von den vielen Eindrücken umrunden wir noch einmal das Secessionsgebäude und streben dann einem Wiener Kaffeehaus zu.
Aufbruch: | 21.11.2017 |
Dauer: | 5 Tage |
Heimkehr: | 25.11.2017 |