Zum Jahreswechsel nach Südindien
Schatten im Paradies
„Soup, Tomatosoup, Tomatosoup“... man braucht sich hier um die Verpflegung nicht zu sorgen. Und schon kommt der Nächste „Koffi, Tea, Koffi“. Also der Kaffeeverkäufer hat eine richtige Lautsprecherstimme. Ich habe Chennai wieder verlassen und sitze im Zug nach Vijayawada. Aus terminlichen Gründen gleich vorneweg ein Reisetip falls jemand hier in der Nähe ist. Vom 3.2.2019 – 5.2. 2018 findet in Vijayawada ein Buddhist Heritage Festival statt, da will ich hin.
Zufällig sitze ich neben einem der ganz wenigen Europäer hier im Zug, Didier aus Frankreich. Für Ihn ist Indien zur 2.Heimat geworden, er arbeitet für humanitäre Projekte die sich für Bedürftige einsetzen damit diese ihr eigenes Potential besser entfalten können. Bildung, medizinische Versorgung und solche Sachen. Vielleicht habe ich manches in meinem bisherigen Reisebericht zu blauäugig geschildert, deshalb hier ein paar der Themen von denen mir Didier erzählte, und wenn ich schon dabei bin ein paar eigene Ergänzungen. Wo Licht ist da ist auch Schatten. Wir in Europa grenzen ja vieles aus, verbergen es in Heimen, hier sieht man es auf der Strasse.
Ein Freund hatte mich schon zuvor gefragt, ob ich was vom Kastensystem in Indien mitbekomme. Ich verneinte dies, und meinte ich sehe nur reich und arm. Didier sieht das indische Kastensystem nach wie vor wirksam, auch wenn es vom Land in die Stadt geht bleiben die Inder oftmals in der ihnen „zugedachten“ Rolle. Werden junge Inder einer niedrigen Kaste mit anderen Möglichkeiten die das Leben bietet konfrontiert (z.B. ein bisher unbekanntes Essen), so nutzen sie diese zwar, zeigen aber selber kaum Bestreben sich diese Möglichkeiten zu erhalten oder gar zugänglich zu machen. „Fatalismus“ meint Didier.
In der Stadt scheint mir die linke/rechte Hand-Regel keine so große Rolle zu spielen. Ein Problem ist aber das Trinkwasser, über die Wasserverschmutzung entstehen in Indien viele Krankheiten. In meiner Kindheit (1960) war der kleine Fluss der durch Ebersbach ging auch stark verschmutzt, seit vielen Jahren sieht man da jetzt wieder Fische. Indien hat aber wegen der hohen Bevölkerung und den sehr trockenen Jahreszeiten nicht so viel Zeit wie wir damals. Das Bewusstsein der ärmeren Schichten für Umweltfragen ist schlecht ausgeprägt, das ist ja in den Städten leicht zu sehen. „notwendig sind mehr Schulen für bedürftige Kinder, mehr Bildung“ meint Didier.
Zur Ernährung : Indische Süssigkeiten, Tee und Kaffee beinhalten viel Zucker. Auch wenn Diabetes eine weltweite Wohlstandskrankheit ist, so ist Indien hiervon überdurchschnittlich stark betroffen, auch in ärmeren Schichten. Fertigprodukte halten in Indien ebenfalls Einzug und tragen wie bei uns zu Übergewicht bei.
Was die Ernährung als Tourist betrifft, so meint Didier dass ich zu sorglos bin. Als Früchte empfiehlt er Bananen, die hier übrigens sehr gut schmecken. Oder z.B. eine Papaya die man sich im Hotelzimmer aufschneiden kann. Ähnlich wie der Reiseführer rät er von Speiseeis, Salaten und ähnlichem ab. Zur Desinfektion der Hände empfiehlt er „Dettol Antiseptic Liquid“, ein kleines 60ml-Fläschchen das er immer bei sich hat.
Was meine eigene Gesundheit betrifft, da hatte ich nur mal zu Beginn etwas Verdauungs-Schwierigkeiten. Meine Indienreise 2014 verlief sogar völlig problemlos, allerdings bemerkte ich mit Zeitverzögerung zurück in Deutschland daß ich ein Magenproblem hatte, was ich erst mit Antibiotika wieder losbekam. In Chennai war ich ein paar Tage erkältet. Erkältungen scheinen gar nicht so selten zu sein, es ist ja Winter hier.
Ältere Witwen können es in Indien schwer haben besonders in den niedrigen Kasten, wie mir Didier sagte, da sie oftmals kaum Rente bekommen, und erzählte mir von einem Hilfsprojekt für diese Frauen. Auf meine Frage was er von indischen Gurus wie Saj Baba hält, meinte Didier „man soll einen Baum nach den Früchten beurteilen, die er trägt“. Den materiellen Reichtum dieser spirituellen Führer sieht er kritisch, auch hört man manches was sich nicht so verträgt mit „spirituell“.
„Wenn man all dies hier in Indien sieht muß man sich entscheiden“ meint mein sympathischer Reisebegleiter auf dieser Zugstrecke. Einer der Indien liebt und auch Einer der von Indien geliebt wird!
Was mich betrifft - so hat mich diese Reise in meinen Ansprüchen etwas bescheidener gemacht. Gestern las ich in der hiesigen Zeitung, dass in den Bergen im Norden Indiens die Rhododendren dieses Jahr schon im Januar blühen.
Aufbruch: | 13.12.2017 |
Dauer: | 8 Wochen |
Heimkehr: | 08.02.2018 |