Zum Jahreswechsel nach Südindien
Kannur - Theyyam
Bei der Internetsuche nach Festivals in Südindien fand ich in Kerala das hinduistische Ritualtheater Theyyam – Tanz für die Götter. Der Tänzer bringt sich in einen tranceähnlichen Zustand in dem er dann eine Gottheit verkörpert die durch ihn spricht und handelt. Die Akteure werden hierfür nach einer langjährigen Tradition ausgebildet. Das interessierte mich, zumal ich schon Trancevorführungen beigewohnt habe! Die Bedeutung der Vorbereitung der Tänzer durch beten, singen, die Körperbemalung, die dargestellten Gottheiten... all das erscheint mir zu kompliziert um details ansprechen zu können, so dass ich mich hier auf das von mir beobachtete beschränke.
Zum Thema Trance will ich aber noch ein paar eigene Sätze beisteuern...
Glaubt man an eine jenseitige Welt, sei es die der Ahnen oder der Götter, so kommt man automatisch zu der Frage inwieweit sich diese 2 Welten beeinflussen bzw. ob sie in gegenseitigen Kontakt treten können? Man kann sich eine solche Beeinflussung so vorstellen wie einen Gedanken, bei dem man sich hinterher fragt, wie kam man nur auf so einen Gedanken? Bei der mir in England bekanntgewordenen Technik der Trance wird in der meditativen Vorbereitung das eigene Denken reduziert. Nichts denken so weit das möglich ist, „ich denke nichts“ ist ja schon denken. Selbst mit der entsprechenden inneren Einstellung erscheint mir die nächste Stufe sehr schwer, nämlich die Gedanken die kommen synchron als Worte auszusprechen. Im Redefluss festigt sich der "Kontakt". Bei allem Wunschdenken oder Illusionen die derartiges begleiten können habe ich stark den Eindruck, daß der Körper dabei in Zustände gebracht werden kann, in denen er Drogen produziert. Vielleicht brauchte das Orakel von Delphi gar keine Dämpfe einzuatmen. Was in der Trance übermittelt werden soll ist entweder eine Botschaft oder Heilung für Anwesende. Soweit also Trancevorführungen in England die nach meinem Dafürhalten einige Gemeinsamkeiten aufzeigen - das Theyyam scheint aber noch weiterzugehen, in dem das Göttliche aus dem Bereich der Imagination in die sichtbare Welt tritt und Bestandteil der lokalen Kultur wurde.
Also besorgte ich mir in Madurai über das Hotel ein Busticket nach Kazhikode, das ist in Nordkerala, ein gutes Stück Richtung Kannur. Es handelte sich hier um eine private Buslinie, die Sitze waren etwas komfortabler. Da fuhren abends gleich 3 Busse hintereinander diese Strecke, AC – none AC – Sleeper. Für letzteren Bustyp wären mir die Kabinen zu kurz, also AirCondition. Die Sitzlehne konnte man weit nach hinten stellen, so dass man halb lag und die Schlaglöcher einem nicht so in den Rücken fuhren.
Am frühen Morgen Ankunft in Kazhikode. Da gibt es auch einen Flughafen, ein möglicher Notausgang nach Chennai, wo ich Mitte Januar ein Schachturnier spielen möchte. Ich hatte aber Probleme ein Hotel mit WiFi zu einem annehmbaren Preis zu finden, nahm dann gleich den nächsten Bus nach Kannur, diesmal aber keine verstellbaren Sitze. Nach für mich grenzwertigen 12 Stunden Busfahrt seit Madurai dann Ankunft zur Mittagszeit in Kannur. Nahm ein Hotel für 1400Rs mit WiFi.
Am nächsten Tag erkundigte ich mich an der Rezeption nach einer Möglichkeit eine Theyyam-Vorstellung zu besuchen. Und tatsächlich, sie vermittelten mir ein Telefonat, der Herr bot an mich am nächsten Morgen um 4:30 am Hotel abzuholen zu einer morgendlichen Veranstaltung. Für seine Dienste verlangte er 1500Rs (20Euro), ich sage zu, das war ja einfacher als gedacht.
Tanz für die Götter
pünktlich um 4:30 wurde ich abgeholt. Den Namen des Zielortes habe ich mir nicht gemerkt, der lag etwas abseits im Gebüsch.
Wir kamen frühzeitig an, so konnte ich beobachten wie die 2 Hauptakteure sich schminkten und vorbereiteten. Es war ein kleiner Tempel, ich wurde dem Organisator vorgestellt, begrüßte auch das Küchenpersonal, falls man da von Küche sprechen kann. Die Töpfe waren jedenfalls von beeindruckender Größe. Meine Befürchtung dass ich als völlig Fremder nicht so willkommen war verflog bald ob des freundlichen Lächelns von mehreren Seiten. Die Musikantengruppe allerdings schlief noch auf dem Platz wo die Vorführung stattfinden soll.
fotografieren kein Problem gaben mir die Damen zu verstehen. wegen der Sprache war aber keine Unterhaltung möglich. ferne Welten - was die wohl von mir denken?
der "Gott" Mutthapan segnet ein Kind.
Am Ende dieser Vorführung bildeten sich Warteschlangen zu den beiden Tänzern, viele geben eine kleine Spende, jeder bekommt einen Segen oder wird mit ein paar Worten bedacht. Ich stellte mich auch in die Warteschlange
Abermals ein Erlebnis war die große Gastfreundschaft, trotz meiner Fotografiererei. Öfters wurden mir die Hände geschüttelt. Es waren knapp 70 Personen anwesend. An der Vorführung haben nur Männer mitgewirkt, unter den Zuschauern waren viele Frauen. Den an dieser Aufführung Beteiligten spendete ich gerne was.
Auf Rat meines Führers gingen wir nach der Segnung und einem Frühstück. Ich dachte mir es sei zu Ende, hinterher frage ich mich aber wie es wegen der großen Kochtöpfe und der frühen Stunde weiterging, vergaß einfach mich danach zu erkundigen. Selten hat mich eine Aufführung so beeindruckt wie diese, wohl auch wegen seiner Fremdartigkeit ! Auch wenn das Ganze einem vorgegebenen Handlungsrahmen folgte kam mir vieles doch sehr spontan vor.
Auf Youtube habe ich eine kleine Szene abgestellt(nicht öffentlich),
wer da mal reinschauen will – hier der Link.
Aufbruch: | 13.12.2017 |
Dauer: | 8 Wochen |
Heimkehr: | 08.02.2018 |