Potsdam und Umgebung
Ein Fernsehbericht über das Havelland gab nach der zweiten Corona-Impfung den Impuls in das Vorland von Berlin zu reisen. Vielfältige Architektur und Wasserlandschaften reizen uns immer, auch wenn wir keine Wasserratten sind.
Zwischenstop Braunschweig (Niedersachsen)
Wir schaffen die Abfahrt um 5.00 Uhr und können so die morgendlichen nordrhein-westfälischen Staus weitgehend hinter uns lassen. Da wir ein Hotel in Altstadtnähe vorgebucht hatten, können wir uns zu Fuß auf den Stadtrundgang begeben.
In Braunschweig als Stadt Heinrichs des Löwen trifft man überall auf Zeugen ihrer tausendjährigen Geschichte. Historische Gebäude, authentische Ensembles und einladende Plätze erzählen von der Entwicklung Braunschweigs vom Mittelalter bis zur Gegenwart.
Die auf das Mobiltelefon herunterladbare App 'Entdecke Braunschweig' bringt eine Liste der Sehenswürdigkeiten, aber auch viel Werbung für Führungen, Hotels und Veranstaltungen. Aus der vorhandenen Liste mußte ich uns selbst einen Rundgang zusammenstellen.
Wir beginnen am Burgplatz.
Burgplatz
Der herzogliche Kern
Schon im 9. Jahrhundert stand hier, geschützt auf einer Okerinsel, die Burg des Grafengeschlechtes der Brunonen. Herzog Heinrich der Löwe errichtete im 12. Jahrhundert seine Burg nach dem Vorbild der Kaiserpfalzen. Er stattete sie mit dem Löwenstandbild und der Stiftskirche St. Blasii prächtig aus und verstärkte die Befestigung mit Mauer und Graben. Die alten Wirtschaftsgebäude wurden nach und nach durch Adelshöfe ersetzt, an die noch das Von Veltheimsche Haus, 1573, erinnert. Ende des 18. Jahrhunderts plante Herzog Carl Wilhelm Ferdinand, den verwinkelten Burgplatz zeitgenössisch umzugestalten.
Mit dem Abriss des alten Burgtores und den Neubauten des Dompredigerhauses, eines Bürgerhauses und des großartigen Palais Vieweg wurden diese Pläne nur an der Westseite des Platzes verwirklicht.
Von der mehrfach umgebauten Burg Heinrichs des Löwen waren nach einem Brand 1873 nur noch Reste erhalten. Mit dem Neubau der Burg Dankwarderode, der Verwendung alter Fachwerk-Schmuckteile am Neubau des Hotels »Deutsches Haus« sowie der Umsetzung des Hauses Huneborstel und eines Bürgerhauses vom Sack hierher, wurde 1897 bis 1906 ein Denkmalplatz geschaffen. Die Pflasterung und die Treppenanlage zur Straße Vor der Burg folgten um 1940. Der Burgplatz ist heute ein beliebter Veranstaltungsort.
den besten Überblick über die Vielfalt der Sehenswürdigkeiten bietet ein Modell vor dem Dom - ich habe es hier beschriftet
Burg Dankwarderode
Anstelle eines älteren Vorgängerbaus aus dem 11.Jh. (Sitz der Brunonen) errichtete Herzog Heinrich der Löwe 1160-1175 seine Burg nach dem Vorbild der Kaiserpfalzen im romanischen Stil in enger Verbindung zum Dom. Nach wechselvoller Geschichte und langem Verfall brannte der Bau in 1873 aus. In der Ruine fanden sich Reste der mittelalterlichen Burg; dieser Fund entschied den Streit um Abriss und Wiederaufbau. Stadtbaurat Ludwig Winter erarbeitete eine Rekonstruktion der Burg als Grundlage für seinen malerisch-romantischen Neubau im neuromanischen Stil (1887-1906).Die schweren Beschädigungen des Zweiten Weltkriegs wurden bis 1963 weitgehend behoben, der Rittersaal Obergeschoss wurde baulich und seiner Ausmalung bis 1994 rekonstruiert. Die Burg Dankwarderode stellt die Mittelalter-Abteilung des Herzog Anton Ulrich-Museums dar.
Burglöwe - Wahrzeichen Heinrich des Löwen - erste monumentale Freifigur des Mittelalters -1164 aufgestellt
Auf der Südseite des Platzes steht das Viewegschwes Verlagshaus, in dem heute das Braunschweigische Landesmuseum untergebracht ist - kein Foto (Gegenlicht)
Dom
Die ehmalige Stiftskirche St. Blasii ist heute der evanglisch-lutherische Dom. Er besteht in seiner Unversehrheit in den grundzügen noch aus der Zeit Heinrichs des Löwen. Im 14. und 15. Jh., wurde der ursprüngliche Bau um dreimgotsiche Seitenschiffe erweitert.
Heinrich der Löwe bestimmte die Kirche als seine Grabeskierche , wo er 1195 neben seiner Gemahlin Mathilde bestattet wurde.
Der Künstler thematisiert auf der 8,50 m hohen Bronzesäule in mehreren Szenen die Entwicklung des Christentums in den letzten 2000 Jahren.
Einige Szenen in chronologischer Reihenfolge sind:
Die Geburt und Kreuzigung Jesu
Die Christenverfolgung im alten Rom
Der Gang nach Canossa
Die Eroberung und Zerstörung Jerusalems während der Kreuzzüge
Die 95 Thesen Martin Luthers
Die Übersetzung des Neuen Testaments
Der Kirchenkampf aufgrund der Ariergesetze
Die Anschläge auf das World Trade Center am 11. September 2001
Im Stelenkopf befinden sich die Symbole der drei Weltreligionen Christentum, Islam und Judentum. Diese wurden in Ringe eingefasst, die allegorisch die Ringparabel aus Lessings Drama Nathan der Weise aufgreifen. In dem aufklärerischen Stück bildet die Ringparabel die Schlüsselszene bezüglich der Forderung nach religiöser Toleranz, in der die Frage, welche der drei Religionen denn die wahre sei, die vermittelnde Antwort „Wem es gelingt, die Liebe seiner Mitmenschen zu verdienen, ist der Träger des wahren Ringes“ findet.
Wir verlassen den Burgplatz durch die Kleine Burg (eine der wenigen erhaltenen alten Strraßenzüge) und laufen zum Altstadtmarkt.
Altstadtmarkt
Der bürgerliche Kern
Der Altstadtmarkt ist das Zentrum des Weichbildes Altstadt. Er wurde im 12. Jahrhundert mit der Erweiterung dieser Teilstadt nach Norden und der Vergabe des Stadtrechts als Hauptmarkt und später als Messeplatz plänmäßig angelegt. Mit den sorgfältig aufeinander bezogenen Bauten von St. Martini und Altstadtrathaus an der Westseite und dem Marktbrunnen erhielt der Altstadtmarkt in der Mitte des 15. Jahrhunderts sein spätmittelalterliches Gepräge.
Als Gegenstück zum herzoglichen Bereich an Burg und Dom fand hier der Bürgerstolz der damaligen Hansestadt seinen baulichen Ausdruck. Die dichten Bürgerhauszeilen der übrigen Platzseiten bildeten einen geschlossenen Stadtraum aus.
Im Zweiten Weltkrieg erlitt der Altstadtmarkt schwerste Beschädigungen. Der Wiederaufbau folgte dem Konzept der Traditionsinseln. Die wertvollen Großbauten und der Brunnen wurden repariert und auch umfassend rekonstruiert. Ihre Wirkung sollte durch eine nach First und Traufe angenäherte neue Bebauung mit farbigen Putzfassaden gesteigert werden.
Die Fachwerkhäuser an der Südseite des Platzes wurden nicht wieder aufgebaut, die Nordwand des Gewandhauses blieb frei.
An die zerstörte Bebauung erinnert das hier neu errichtete Fachwerkhaus . Es sichert die Geschlossenheit des Altstadtmarktes und die räumliche Verknüpfung zum Martinikirchplatz.
Gewandhaus
Das Gewandhaus, 1303 erstmals urkundlich erwähnt, war das Lager- und Kaufhaus der Gewandschneider (Tuchhändler), der vornehmsten Gilde der Altstadt im Mittelalter. Es wurde mehrmals nach Westen und Osten erweitert und erhielt 1588- 1592 mit der Neugestaltung der zwei Giebel unter der Leitung von Hans Lampe, Ratsherr der Altewiek, sein heutiges Gesicht im Stil der Renaissance.
Der Ostgiebel wurde 1590- 1591 von Balthasar Kircher und Jürgen Röttger ausgeführt. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Haus schwer beschäftigt. 1948-1950 wurde es, zum Teil rekons¬truierend, wieder aufgebaut. Die Nordwand blieb unbebaut. Hier wurde das Renaissance-Portal der im Krieg zerstörten Hagenmarkt-Apotheke als neuer Zugang eingebaut. Das Gebäude wird von der Industrie- und Handelskammer Braunschweig und einem Restaurant genutzt.
St. Martini
Haupt- und Marktkirche der Altstadt, gegen 1190/95 begonnen, in enger Anlehnung an den Dom als vollständig gewölbte dreischiffige Pfeilerbasilika bis etwa 1225-30 fertiggestellt. Von der romanischen Bauphase blieben u.a. der gesamte Westbau mit Teilen der spätromanischen Glockenstube sowie die beiden westlichen beim Umbau versetzten Seitenschiffportale im Äußeren erhalten. Um 1250 bis etwa 1400 Umbau zur gotischen Hallenkirche, Anbau eines 5/8 Chorabschluß und 1434 Anbau der spätgotischen Annenkapelle an der Südseite. 1944 wurde die Kirche stark beschädigt, 1947-56 wiederhergestellt, 1979-92 im Äußeren restauriert und im Inneren ausgemalt. Die spitzen Turmhelme wurden 1980 neu errichtet.
St. Martini ist seit 1528 evangelisch-lutherische Pfarrkirche
Altstadtrathaus
Das Altstadtrathaus entstand in mehreren Bauphasen, nach Lage und Gestalt In steter Korrespondenz zur benachbarten Martinikirche. Der Westflügel wurde um 1250 errichtet. Seine zweigeschossigen gotischen Lauben erhielt er 1393-1396, aus dieser Zeit stammt auch der Nordflügel, die zugehörigen Lauben sind aus der Mitte des 15. Jahrhunderts. Die Pfeiler wurden mit Standbildern von sächsischen und welfischen Herrschern und ihren Frauen geschmückt. In der großen Dornse (heizbarer Raum) im Obergeschoss tagte der Rat. Hier fanden Huldigungszeremonien für die Herzöge sowie Empfänge und Festgelage statt. Keller und Erdgeschoss dienten als Zeughaus, Gefängnis, Folterkammer, Verkaufsstände und Warenlager. Im Zweiten Weltkrieg erlitt das Altstadtrathaus schwere Schäden. Nach dem Wiederaufbau dient das Rathaus für repräsentative Zwecke. Das Städtische Museum zeigt hier eine Dauerausstellung „Geschichte der Stadt Braunschweig".
Wir genießen eine kostenlose Führung eines älteren Herrn, der sich in der Geschichte gut auskennt. Für uns ist nur eine Person bekannt:
Johann Carl Friedrich Gauß (latinisiert Carolus Fridericus Gauss; * 30. April 1777 in Braunschweig, Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel; † 23.
Renaissanceportal
Das Portal entstand um 1600. Es gehörte ursprünglich zum Haus An der Martinikirche 5, heute Sonnenstraße1, und wurde bei dessen Abriss 1888 hierher versetzt. Der Portalrahmen ist mit Hermenpfeilern und stehenden Löwen zweigeschossig aufgebaut.-Bekrönt wird das ganz aus Elmkalkstein gefertigte Portal von zwei Lanzenträgern; 1989 wurde das Portal nach einer Befunduntersuchung in seiner originalen Farbigkeit restauriert.
Unser nächstes Ziel ist das Magniviertel - eine gute Laufstrecke vorbei am alten Bahnhof - heute Landessparkasse - und am Haus der Hanse, einem tollen Fachwerkbau. .
Magniviertel als nächstes Stadtviertel
Das Herrendorf und die Altewiek
Hier lagen, wohl schon im 9. Jahrhundert, das zur Brunonenburg gehörende Herrendorf (Ackerhof, Herrendorftwete) und ein Handels- und Rastplatz für durchreisende Kaufleute (Wik).
Sein Name »Brunesguik« ist 1031 in der Gründungsurkunde von St. Magni (1) erstmals schriftlich belegt. Als dieser Name auf die bedeutungsvollere Kaufmannssiedlung auf dem linken Okerufer und später auf die Gesamt-. Stadt überging, wurde diese dörfliche Siedlung die Altewiek.
Das unregelmäßige Netz der Straßen verweist auf ein allmähliches Wachstum, im Laufe der Zeit wandelten sich, Nutzung und'Straßenbilder: die eher lockere Bebauung mit Höfen verdichtete sich zu Zeilen überwiegend kleinbürgerlicher Wohnhäuser. Kriegsschäden und neue Straßen beschnitten die Altewiek, es blieb das Magniviertel mit dem recht gut erhaltenen Gebäudebestand um die wiederaufgebaute Magnikirche als Traditionsinsel. Sie bietet reizvolle Straßen- und Platzbilder mit anschaulichen Beispielen bürgerlichen Wohnbaus vom 15. bis zum ausgehenden 19. Jahrhundert. Die bauliche und künstlerische Entwicklung des Fachwerkbaus in Braunschweig kann an den unterschiedlichen Konstruktionen und Zierformen noch sehr gut nachvollzogen werden.
Zwischen Magnivietel und Residenzschloss befindet sich auch das Rizzi-Haus, das man natürlich gesehen haben muß.
Auf Initiative des Braunschweiger Galeristen Olaf Jaeschke wurde es von dem US-amerikanischen Künstler James Rizzi (1950–2011) entworfen und vom Braunschweiger Architekten Konrad Kloster 1998 umgesetzt.
Das Gebäude ist mit Pop-Art-Malereien gestaltet. Häufigstes Motiv an der Fassade sind die fröhlichen Gesichter. Darüber hinaus findet man weitere wiederkehrende Motive wie u. a. Herzen, Augen, Sterne und Vögel.
Von den zahlreichen Vorgängerbauten wurde der letzte durch schwere Luftangriffe während des Zweiten Weltkrieges stark beschädigt und 1960 endgültig abgerissen.
- für Westdeutschland ein einmaliger Vorgang.
Von 2005 bis 2007 entstand an dieser Stelle ein Neubau, die Kombination des Einkaufszentrums „Schloss-Arkaden“ mit der optischen Rekonstruktion der Außenfassade des Braunschweiger Residenzschlosses, dessen dreiflügelige Form mit fünf Hauptfassaden weitgehend dem Ottmer-Schloss entspricht. Nur im überdachten Innenhof und halben Erdgeschoss ragt das Einkaufszentrum in den Schlosskörper.
Zwei architektonisch interessante Gebäude haben wir bei der Anfahrt nach Brauchschweig vorher schon besucht.
Schloss Richmond liegt in einem hübschen kleineren Park und wurde von 1768 bis 1769 für die Prinzessin und spätere Herzogin Augusta, die Ehefrau Karl Wilhelm Ferdinands, im Süden der Stadt Braunschweig errichtet. Baumeister war Carl Christoph Fleischer.
Beim Besuch des Schlosses ist uns ein monumentaler Bau aus der NS-Zeit aufgefallen:
Die Akademie für Jugendführung in Braunschweig, auch als Akademie für Deutsche Jugendführung oder (Reichs-)Akademie für Jugendführung der Hitlerjugend bezeichnet, war die höchste nationalsozialistische Schulungseinrichtung zur Ausbildung hauptamtlichen Führungsnachwuchses für die Hitlerjugend (HJ) während der Zeit des Nationalsozialismus und sollte nach dem Willen des NS-Regimes auch ihre wichtigste werden. Der nur knapp vier Wochen nach Fertigstellung des Gebäudekomplexes beginnende Zweite Weltkrieg durchkreuzte jedoch diese Pläne. Die NS-Lehranstalt wurde zwischen 1937 und 1939 errichtet. Heute sind in ihrem Gebäude das Braunschweig-Kolleg für Erwachsenenbildung sowie das Abendgymnasium Braunschweig untergebracht.
(alle nicht selbst verfassten Texte stammen aus den vor Ort befindlichen Tafeln)
Aufbruch: | September 2021 |
Dauer: | unbekannt |
Heimkehr: | September 2021 |