Potsdam und Umgebung
Potsdam (Brandenburg): Holländsiches Viertel
Nach Beendigung unser Erkundungsschifffahrt starten wir in die Stadt Potsdam.
Nach Überqueren der breiten Straße am Hafen stehen wir vor einem langgestreckten Bau, in dem heute das Filmmuseum untergebracht ist. Er hat seinen Ursprung im Jahre 1685. Der Baumeister Johann Arnold Nering erhielt vom brandenburgischen Kurfürsten Friedrich Wilhelm den Auftrag, neben dem Potsdamer Stadtschloss eine Orangerie (Pomeranzenhaus) zu bauen - als Winterquartier für mediterrane Pflanzen aus dem Lustgarten. 30 Jahre später lässt
König Friedrich Wilhelm I. einen Teil des Lustgartens zum Exerzierplatz planieren, aus der Orangerie wird ein Pferdestall.
Im ehemaligen Kutschpferdestall von 1787 ist heute das Haus der brandenburgisch-preußischen Geschichte untergebracht.
Unser Ziel ist das holländische Viertel. An der Brandenburger Straße biegen wir nach rechts ab und erreichen den Bassinplatz. Dort steht die katholische Kirche St. Peter und Paul und schließt die Brandenburger Straße nach Osten hin ab.
„Das Bassin“ ist mit der Zweiten Barocken Stadterweiterung entstanden. Wie das Holländische Viertel gehörte das Gebiet des heutigen Bassinplatzes einst zum Witam, einem großen Sumpfgebiet, das bis zum Heiligen See reichte. Mit der Errichtung des Holländischen Viertels (unten im Foto) wurde der davon südlich liegende Teil des Gebietes in den Jahren 1737-1739 zum „Holländischen Bassin“ gestaltet. Es sollte das Wasser des umliegenden Sumpfgebietes sammeln. Das Becken wurde mit einer Mauer eingefasst und war durch offene Gräben mit dem Heiligen See und unterirdisch mit dem Stadtkanal verbunden. In der Platzmitte wurde auf einer kleinen Insel ein kleiner Pavillon (Gloriette) nach holländischer Art angelegt (roter Backstein mit geschweifter Kuppel). Im Winter wurde das Bassin zum Schlitten- und Schlittschuhfahren benutzt.
Der Name 'Bassinplatz' bezieht sich auf ein ehemaliges Wasserbassin, welches auf Anweisung des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I. ab 1737 zur Trockenlegung des Gebietes genutzt wurde. Der Bassinplatz wurde im Laufe der Jahrhunderte mehrfach umgestaltet. Näheres dazu erfahren wir in einer Aussteluung im benachbarten Holländischen Viertel.
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Das Bassin war das Sorgenkind der königlichen Bauverwaltung, der Stadt und der Anwohner. Für ein fließendes Gewässer war das Gefälle des Terrains zu gering. Schlamm setzte sich ab. Die Abflüsse der umliegenden Straßen spülten Unrat in das Wasser. Beständig senkte sich die umliegende Plantage. Die Anwohner des Holländischen Viertels beschwerten sich über matschige Straßen und Gestank. Friedrich IL finanzierte neben den fast jährlichen Reinigungen drei große Baumaßnahmen zur Verbesserung des Bassins. Die erste Sanierung von 1752/53 kommentierte der Baudirektor Manger. »Es hat aber alles dieses nicht viel geholfen.« Kurze Zeit später ist das Bassin eine mit Schilf und Gras bewachsene Pfütze.
Die umfangreichsten Bauarbeiten fanden 1771/72 statt. Zwei Schaufelwerke mit Pferden an der Ostseite und ein handgetriebenes an der Westseite leerten das Bassin. In vier Tagen schöpften sie 1.893.000 Kubikfuß Wasser [1 Kubikfuß = 28,32 Liter] und stachen den Schlamm heraus. Das gesamte Zimmerer- und Maurergewerk Potsdams war in diesem Sommer verpflichtet worden. Sie erneuerten von Grund auf die Umfassungsmauer. Senkgruben sollten den Unrat der Straßen herausfiltern, um eine glatte Wasserfläche dauerhaft zu
Ischaffen. Durch die abgesenkte Plantage rings herum mussten die Linden auch erneuert werden. Idyllisch beschrieb der Rektor der Großen Stadtschule Samuel Gerlach die Nutzung der Plantage um das Bassin: Spaziergänger flanierten zwischen den Lindenreihen, Grenadiere schlugen auf der Straße Ball, spielten Theater und tanzten. Ihnen war es im Winter gestattet, Schlittschuh zu laufen. Der Erfolg der Sanierung schien nicht lange gehalten zu haben. 1779 schrieb jemand dagegen, »dass kein Fisch darin lebendig bleiben konnte.« An eine Promenade sei nicht zu denken.[/k]
(Ausstellung im Jan Bourman Haus )
Das Holländische Viertel ist ein auf vier Karrees begrenztes Stadtviertel nahezu einheitlicher Bebauung. Die vier Karrees mit insgesamt 134 Häusern wurden bis 1742 für holländische Siedler gebaut. Es wartet mit viel Charme auf. Heute gibt es kleine Läden und gemütliche Lokale. Leider ist es noch nicht zu einer Fußgängerzone umgestaltet worden.
In der Mittelstr. 8 finden wir ein Haus, das inzwischen als Museum umgestaltet einen Einblick in Bauweisen und viele Details gibt: das Jan Biumans Haus.
Das Grundstück liegt auf der Nordseite des ersten der vier Karrees des Holländischen Viertels, das fertiggestellt wurde. Zum zweigeschossigen Vorderhaus für zwei Familien gehörte stets ein Hofnebengebäude. Es war 1996 nur noch als Ruine erhalten.
Baujahr: 1735, wie die beiden Nachbarhäuser Nr. 7 und Nr. 9.
Baumeister:
Jan Boumann, 1706 Amsterdam -1776 Berlin; von1732 bis 1755 in Potsdam, Preußischer Oberbaudirektor
Grundriß des Vorderhauses: Entsprechend den damals zeitgemäßen Grundrissen liegt ein großer Raum zur Straße, während die kleineren für untergeordnete Funktionen, wie die Küche und das kleine Zimmer, zum Hof orientiert sind. Der Treppenhausflur erschließt gleichzeitig den Hof und das deckungsgleiche Obergeschoß. Von der Erdgeschoßküche aus ist der im späteren 18. Jahrhundert eingefügte Keller erreichbar. Eine Klapptreppe ermöglicht, wie im Schiffsbau, den Zugang zur sogenannten "Obkammer". Das Dachgeschoß ist, wie überall im Holländischen Viertel, noch nicht ausgebaut.
Fassaden des Vorderhauses: Die Straßenfassade mit ihrem "Glockengiebel" ist bis auf die Kriegs- und Witterungsschäden im Original erhalten. Alle Rahmenhölzer der Fensterblockzargen und die Eingangsstürzarge sind noch aus der Erbauungszeit. Das Rohziegelmauerwerk aus roten Rathenower Ziegeln in reinem Kalkmörtel mit Stegverfugung ist weitestgehend noch vorhanden. Die drei kleinen Fensteröffnungen im Dachgeschoß aus dem vorigen Jahrhundert sind wieder verbandsgerecht gemauert.
Die Fenster und Haustürflügel sind in der nachweisbaren Aufteilung, den Profilierungen, Beschlägen und Verglasung wiederhergestellt. Für die Hoffassade gilt sinngemäß dasselbe. Auch sie zeigt noch die originalen Öffnungen mit den Zargenkonstruktionen der Erbauungszeit. Als einzige sind sogar zwei mit den Fensterkreuzen erhalten geblieben. Auch Reste der ersten Hoftür ermöglichten die detailgetreue Wiederherstellung.
Hofgebäude: Aufgrund des ruinösen Bauzustands wurde das Hofgebäude in der nachweisbaren Fachwerkstruktur der Längswände und der zwei Flurwände wiederaufgebaut. Der originale Kaminrest wurde in die massive Giebelwand integriert. Die Fenster- und Türöffnungen erhielten ihre alten Größen und Lage. Die Fenster und Außentüren wurden in der Entstehungszeit entsprechenden Formen und Profilen wiederhergestellt. Zwei barocke Türblätter wurden für die Flurtüröffnungen wiederverwendet. Die innere Raumausstattung trägt den Notwendigkeiten der Nutzung des Vorderhauses Rechnung.
Die Pflasterung erfolgte in den ursprünglichen Materialien der Entstehungszeit. Als Besonderheit wird neben den ehemals üblichen, rekonstruierten Bohlenzaun ein Regenwasserbottich aufgestellt, wie es an Fallrohren üblich war, um Regenwasser zum Waschen zu gewinnen. Dafür wurde das Fallrohr in Verbindung mit dem ebenfalls wiederhergestellten Rinnenbalken in entsprechend historischer Form.
Ausstellungstext
Hochinteresant ist die Tatsache, dass man mittels der verschiedenen Giebelformen die Entstehungszeit zuordnen kann.
Auch die architektonische Schnecke wird im Konstruktionsdetail beschrieben
Quasi in einem Nachbarhaus finden wir ein nettes Restaurant mit französischer Küche. Für einen Mittagstisch währlen wir Flammkuchen mit Flusskrebsen und eine bretonische Fischsuppe.
Exkurs
Als Ergänzung zum holländischen Viertel sei das Jagdschloss Stern in Babelsberg genannt und vorgestellt. (an einem anderen Tag besucht), da es im gleichen Stil erbaut wurde.
Es wurde als einziger Schlossbau des „Soldatenkönigs" Friedrich Wilhelm 1.1732 im Stil eines holländischen Bürgerhauses errichtet. Eine Besonderheit ist der holzgetäfelte Saal.
Vor dem Gebäude befindet sich ein großer runder Platz - der Stern in der Parforceheide
In der waldreichen Umgebung Potsdams existierten seit der Frühen Neuzeit zahlreiche herrschaftliche Jagdgebiete. König Friedrich Wilhelm I. (1688-1740), bekannt als Soldatenkönig, fügte ab 1726 eine weitere Jagdanlage hinzu, den Großen Stern in der Parforceheide.
Das radiale Schneisensystem diente bei der Parforcejagd der Orientierung, sowie der Erschließung unwegsamen Geländes. Das Zentrum des Sterns besaß den Charakter eines schlichten Waldplatzes, an dessen Rand das Jagdschloss, das Kastellanshaus und das Stallgebäude angeordnet wurden. Um 1900 begann in der unmittelbaren Umgebung der Siedlungsbau. Ein Teil der sechzehn Jagdschneisen wurde in Alleenstraßen umgewandelt, wobei die Ausrichtung der Achsen jedoch erhalten blieb. Bei einer Umgestaltung des Platzes 1931-33 entstand die bis heute erhaltene kreisrunde Einfassung durch Heckenpflanzungen. Die denkmalpflegerische Gestaltung von 2007 nimmt die Gestaltung der 1930er Jahre auf und wertet den Platz wieder als Zentrum der noch erhaltenen radialen Achsenstruktur aus dem achtzehnten Jahrhundert.
Text: Tafel vor Ort
Aufbruch: | September 2021 |
Dauer: | unbekannt |
Heimkehr: | September 2021 |