Osnabrücker Land
Mettingen - Tüöttenmuseum
Bei meinen Recherchen zu besuchenswerten Orten stoße ich in Mettingen auf den Begriff des Tüöttenmuseums - was bedeutet das?
Tödden, auch Tüötten oder Tiötten genannt, waren saisonal wandernde Kaufleute und Hausierer aus Westfalen und angrenzenden Regionen, die insbesondere das in ländlich-häuslichen Betrieben während des Winters hergestellte Leinen im folgenden Sommer über Land verkauften.
Wir fahren auf Verdcht in den Ort Mettingen, da wir nicht eruieren konnten, ob das Museum nun geöffnet ist oder nicht. Eine Dame der Touristeninfo ist bereit, uns in das Museum zu lassen und erzählt, dass u.a. der Gründer von C&A - Herr Brenninkmeyer ursprünglich Tüötte aus Mettingen war.
Im Innenhof des Hotel und Restaurants Haus Telsemeyer angliedernd an das heutige Rathaus ist seit 1962 das Tüöttenmuseum untergebracht, das vom Heimatverein betreut wird. Es besteht aus drei Fachwerkhäusern, in denen eine umfangreiche Sammlung von Möbeln, Gebrauchsgegenständen und Zeugnissen alten Brauchtums zu sehen ist. Das Museum will vor allem die Erinnerung an die Tüötten wachhalten.
Mettingen und die Tüötten
Nicht von ungefähr ist Mettingen als „Tüöttendorf bekannt. Die Mettinger Tüötten haben die Geschichte, die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse, sowie das äußere Gesicht dieser Gemeinde seit dem 16. Jahrhundert bis in die heutige Zeit geprägt.
Hierfür gibt es mehrere Grunde:
1. Die Landschaft .Mettingen im 16. und 17. Jahrhundert
Die Hanglage und Tiefebene mit Mooren, Heide und Überflutungsgebiet und die Brachlandwirtschaft begrenzen die beackerbaren Flächen und damit den Lebensraum der Einwohner erheblich. Auf den Böden gedeiht jedoch Flachs und Hanf -Rohstoffe zur Leinenherstellung. Die Leinenherstellung dient den Bauern, Köttern und Heuerleuten zum Eigenverbrauch und als Nebenerwerbszweig
2. Die politischen und sozialen Verhältnisse im 16. und 17. Jahrhundert
Die im Jahre 1578 beginnende holländtsch/oranische Herrschaft über Mettingen, der unselige Einfluß des holländischen Befreiungskampfes gegen die spanische Vorherrschaft mit wechselndem Kriegsglück, die Einführung des Höferechts des Jüngsten, die Unteilbarkeit der Höfe, die Bildung des Kötter-und Heuerwesens und die damit einhergehende Verarmung der Region zwingen die Einwohner zum Nebenerwerb in Holland/ Friesland, sei es als Torfstecher, Grasmäher oder Handwerker.
3. Die religiösen Verhältnisse Mettingens im 16. und 17. Jahrhundert
Durch die Einführung der Reformation und den ständig wechselnden Herrschaften setzt ein fast 200 Jahre dauernder Religionskrieg ein, der viele Mettinger Männer neben den wirtschaftlichen Gründen veranlaßt, in religiös toleranten Gebieten einen Nebenerwerb zu suchen. Hierzu zählt insbesondere das holländische Friesland, mit dem sich die Westfalen durch Geschichte, Sprache und Volksart seit Jahrhunderten verbunden fühlten. Später kommt aus gleichen Gründen Preußen hinzu.
4. Die wirtschaftlichen Verhältnisse Mettingens im 16. und 17. Jahrhundert
Die von den jeweiligen Landesherren geförderte, aber auch kontrollierte Leinenherstellung des Tecklenburger Landes und der Einfluß der Hanse veranlaßt die „Hollandgänger", sich nach und nach dem Hausierhandel mit Leinen und Kurzwaren zuzuwend.en. Daher erhalten sie bald die Bezeichnung „Kleine Hanseaten".
All diese Gründe führen bereits im 17. Jahrhundert dazu, dass sich viele Mettinger Familien veranlaßt sehen, ihren Lebensunterhalt nicht mehr mit der Handarbeit zu verdienen, sondern mit dem Handel von Textilien, Kurzwaren und Messenwaren. Zu Recht werden die „Hollandgänger" als erste Vermittler eines beginnenden Hausierhandels bezeichnet. Im Laufe der Jahre nimmt die Schar der wandernden Kaufleute immer mehr zu. In der Blütezeit des Hausierhandels, im 17. und 18. Jahrhundert, ist der größte Teil der männlichen Bevölkerung des Dorfes im Ausland als Leinen- und Kurzwarenhändler tätig und bringt dadurch Wohlstand in die Heimat.
Die Hausierhändler ziehen nach Holland, Friesland, Mecklenburg, Pommem, Brandenburg und bis in den hohen Norden. Nach dem Ziel ihrer Wanderungen bezeichnete man sie als „Hollandgänger" oder „Oberreicher". Die Holländer bezeichneten sie als „Marskramers" oder „Fijn-dockspoepen". In Preußen wurden sie allgemein „Oberlingische Packenträger" genannt. Auf „Tüötten wegen" durchzogen sie weite Gebiete. Bei jedem Wind und Wetter trugen sie ihren 30 bis 40 kg schweren Packen auf dem Rücken und wanderten von Hof zu Hof. Später wurden je nach geschäftlichem Erfolg Pferd und Wagen, aber auch das Fahrrad eingesetzt. Die Kunden wurden regelmäßig in einem Turnus von 6 bis 7 Monaten besucht und zwar von Generation zu Generation.
Aufbruch: | 21.08.2022 |
Dauer: | 8 Tage |
Heimkehr: | 28.08.2022 |