Toskana alpin: So kennt man sie weniger (Apuanische Alpen)

Reisezeit: Juni / Juli 2018  |  von Kathrin Hentzschel

Geheimtipps sind doch immer die besten, vor allem, wenn sie über ein paar Ecken kommen, die Quellen aber verlässlich sind. So hatten wir die Gelegenheit, zwei Wochen in einem Haus von Freunden von Freunden zu verbringen – in der Toskana. Wer nun an sanft geschwungene Hügel mit Zypressen und Olivenhainen denkt, irrt. Unser Ziel war die Alta Versilia, und das „Hoch“ ist wörtlich zu nehmen. Die Alta Versilia markiert den Übergang zu den Apuanischen Alpen.

Der Weg ist das Ziel? Quatsch!

Vor den Urlaub hatte der liebe Gott allerdings eine Menge Arbeit gesetzt: Bis alle Tiere in die passenden Unterkünfte vermittelt und dort untergebracht waren und der Futterautomat für die Fische endlich zufriedenstellend funktionierte, war ich doppelt urlaubsreif.

Dass bereits der Weg das Ziel ist, trifft ja oft zu. Wenn man aber ankommen will, kann sich durchaus Ungeduld breitmachen. Unser Reiseerlebnis kommt nämlich nur langsam in die Gänge, denn wir stehen: Auf der A 6, am Schweizer Grenzübergang und vor dem Gotthard, sodass das Navi die Ankunftszeit um manche Stunde nach hinten korrigiert.

Dafür entschädigt die Strecke durch die Schweiz, das Tessin und am Lago di Como vorbei allerdings für manche Unbill. Im Radio läuft der diesjährige Hit von Luca Carboni: „Una grande festa“, was ich spontan zum Reisehit erkläre. Das Video ist eine Mischung aus Modern Talking und Aqua mit einem Schuss Celentano und Major Tom – sehenswert.

Einfach mal die Füße hochnehmen ...

Einfach mal die Füße hochnehmen ...

... und eine aktive Pause bei Buochs am Vierwaldstätter See machen. In der Nähe gibt es einen Ort mit dem einprägsamen Namen Rotzloch.

... und eine aktive Pause bei Buochs am Vierwaldstätter See machen. In der Nähe gibt es einen Ort mit dem einprägsamen Namen Rotzloch.

Vorfreude auf das, was noch kommt. Zum Glück weiß man es vorher nie so genau.

Vorfreude auf das, was noch kommt. Zum Glück weiß man es vorher nie so genau.

Der Großraum Milano ist allerdings hässlich. Gefühlte Stunden und hunderte von Kilometern geht es auf der A1 durch eine 36 Grad heiße Landschaft, die noch weitaus eintöniger ist als unsere vorderpfälzische Agrarwüste: Verlassene, zerfallene Gehöfte und Großbetriebe mit Tierhaltung wechseln sich mit Industriegebieten ab, und das italienische Ästhetikempfinden hört hier beim Landschafts- und Brückenbau definitiv auf. Kaum drehen wir nach Südwesten, in Richtung Meer und einer alten Bekannten, La Spezia, ändert sich die Landschaft zu ihrem Vorteil: Eine gut ausgebaute, wenig befahrene Autobahn windet sich durch untertunnelte Berge.

Damit keiner auf die irrwitzige Idee kommt, aus Versehen über den Mittelstreifen zu springen und in die falsche Tunnelöffnung zu fahren, ist der richtige Eingang weiß umrandet.

Damit keiner auf die irrwitzige Idee kommt, aus Versehen über den Mittelstreifen zu springen und in die falsche Tunnelöffnung zu fahren, ist der richtige Eingang weiß umrandet.

Pünktlich zum Sonnenuntergang schaffen wir es, auf einer der Molen des Badeorts Forte dei Marmi zu stehen. Marmo, der Marmor, ist hier allgegenwärtig, denn Carrara ist nahe, und so stehen überall riesige Marmorblöcke und Platten herum.

Die Fahrt aus der Ebene in unser Bergdorf wurde uns als herausfordernd beschrieben, und sie ist es auch. Steigung mitunter bis gut über 10 %, 80 Kurven (inklusive Schlangenlinien und zahlreichen steilen Spitzkehren, gezählt ab der Scuola elementari in Serravezza). Oben toben eine Geburtstagsparty und Kinder auf der Straße. Italienisch eben.

Auf der Schwelle liegt Schwalbenkacke, und über der Türlampe klebt das Nest, aus dem ein verschlafenes Schwalbenküken über den Rand lugt. Da wir dessen Biorhythmus nicht stören wollen, lassen wir das Licht aus und konsumieren den mitgebrachten spanischen Rotwein und Parmesan vom Lidl eben drinnen. Das Häuschen ist charmant mit alten Möbeln ausgestattet, und die ausgetretene Marmortreppe schmiegt sich noch sonnenwarm den bloßen Füßen an.

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Die Reise
 
Details:
Aufbruch: 30.06.2018
Dauer: 15 Tage
Heimkehr: 14.07.2018
Reiseziele: Italien
Der Autor
 
Kathrin Hentzschel berichtet seit 14 Jahren auf umdiewelt.
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