Brasilien - Von Sao Luis nach Sao Paulo
Vitoria-Belo Horizonte per Zug
Ich muss früh raus, denn heute steht eine Zugfahrt auf dem Programm. Um 7 Uhr fährt ein Personenzug nach Belo Horizonte. Die Hotelangestellte mahnt mich, um 5 Uhr aufzubrechen. Nachdem ich 15 Minuten vergebens auf einen Bus warte, entscheide ich mich zu laufen. Vitoria wäre in so ein traumhaften Lage. Überall so runde, hohe Hügel, die Stadtteile sind durch mehrere Flüsse getrennt. Doch die Behörden haben es tatsächlich geschafft, in das historische Zentrum Hochhäuser reinzuquetschen und die Stadt mit Strassen und Verkehr zu durchziehen. Alles hier scheint heruntergekommen, der Müll liegt überall rum, das Verkehrsaufkommen ist wie überall in Brasilien enorm. Es stinkt nach verbranntem Alkohol(wird hier als Treibstoff benutzt) und Benzin. Nach 30 Minuten erreiche ich den Bahnhof. Und gleich sticht mir etwas sonderbares ins Auge: Der Bahnmanager muss Deutschlandfan sein, den hier herrscht strikte Abfalltrennung! Vier verschiedenfarbige Abfalleimer stehen da! Für Papier, Plastik, etc.. Manchmal haben sie sogar diese modernen Kübel, wie sie an deutschen Bahnhöfen aufzufinden sind. Diese runden, die einfach in 4 Abschnitte unterteilt sind. Im Gegensatz zu Sao Luis funktioniert hier der Ticketverkauf schnell und gut, der Zug steht auch schon im Bahnhof. Seine braun-orangen Wagen sehen recht eigenartig aus. Ich notiere, dass es genügen würde, 10 Minuten vor Abfahrt am Bahnhof einzutreffen. Auch bekomme ich hier in der Economieklasse einen reservierten Sitzplatz. Doch zwei Parallelen fallen mir zu Sao Luis auf. Vor dem Eingang stehen nicht die Menschen schlange, sondern sie haben als Stellvertreter ihre Gepäckstücke deponiert. Ich begreife dieses Ritual nicht, denn jeder hat ja einen reservierten Sitzplatz! Die zweite Parallele fällt mir auf der Fahrt auf: Es gibt keine Signale!
Bereits eine halbe Stunde vor Abfahrt werden wir in den Zug gelassen, pünktlich fährt er los. Der Zug ist viel kürzer als derjenige in Sao Luis, gut gefüllt. Er verkehrt täglich und seine Bahnhöfe sind ausnahmsweise meist mitten in den Städten. Doch erst ab Hälfte der Fahrt wird die Landschaft interessant. Hier beginnen die Rohstoffabbaugebiete. Unzählige Güterzüge warten auf Fracht. Ich entdecke runde Hütten und Kohle, aus den Hütten qualmt Rauch. Ich glaube mich zu erinnern, dass so Holzkohle hergestellt wird. Hier, Im Bundesstaat Minas Gerais ist es sehr hügelig, es erinnert eher an eine Mitteleuropäische Voralpenlandschaft. Ausser die Städte: Meist mit gut ausgebauten Strassen versehen, wirken sie trostlos langweilig. In der Regel hat es ein modernes, grosses Shoppingzenter. Meine Nachbarin fragt mich irgendwann schüchtern, ob ich Argentinier sei (diese Frage wurde mir oft gestellt) und als ich antworte, Schweizer zu sein, bekomme ich einen Sonderstatus. Immer wenn sie sich mit anderen unterhält, verkündet sie voller stolz, ich sei Europäer! Es scheint mir, dass Europa hier einen guten Ruf geniesst, was mich persönlich natürlich sehr freut. Die Leute hier sehen eindeutig Europäischer aus als in den Region zuvor. Oft sind sie weiss, blass, auch wirken sie eher schüchtern. Und obwohl Minais Gerais den Ruf hat, dass es hier viel schwerer sei Leute kennenzulernen, kommt es mir hier ganz anders vor. Im Gegenteil! Die Leute schauen einen interessiert an, man kommt leicht ins Gespräch. Und hier kann man richtige Gespräche führen, wie ich feststelle. Celiny hat mir in Arraial gesagt, dass wenn ich mit einer brasilianischen Frau zusammensein sollte, die Brasilianer oft die Frau anquatschen um mich kennenzulernen. Luciano sagte mir, dass er zu Beginn einfach nicht gewusst habe, wie mit mir eine Unterhaltung zu beginnen.
Als die Dämmerung beginnt, wird die Zugfahrt langweilig. Man sieht nichts, alles schläft. In Belo Horizonte beziehe ich ein Zimmer im Hotel Majestic BC Central. 25 Real bezahle ich für ein Zimmer ohne Bad. Doch auch hier stelle ich fest, dass die Menschen von Minas Gerais ein überaus freundliches Gemüt besitzen. Der Hotelportier witzelt schon mal und im Restaurant ist die Bedienung herzlich. Beim Abendspaziergang empfinde ich Belo Horizonte als moderne Metropole, wie alle grossen Städte mit breiten Strassen und Plätzen. Für meinen Geschmack etwas zuvielm Beton. Aber auch hier liegt der Müll rum. Die Brasilianer scheint es nicht zu stören.
Aufbruch: | August 2005 |
Dauer: | circa 9 Wochen |
Heimkehr: | Oktober 2005 |