lohnende Ziele in den belgischen Ardennen
Namur
Die Frage, ob Namur eigentlich eine Maas- oder eine Sambrestadt ist, läßt sich nicht ohne Kenntnis seiner geschichtlichen Entwicklung beantworten. Die erste nachweisbare Siedlung - eine jungsteinzeitliche - lag am Rand jenes Höhenzugs, der ins Mündungsdreieck beider Flüsse hineinragt: auf dem Champeau. Denselben Platz nahm auch eine befestigte Niederlassung der Römerzeit ein; von ihr haben manche Forscher behauptet, sie sei das von Caesar 57 v. Chr. zerstörte >oppidum< der Aduatucer.
Im 12. Jh. gab es ein Nebeneinander zweier Gemeinwesen: der Lütticher Neuveville am Maasufer (entlang der Maas hatte der Fürstbischof von Lüttich das Sagen) und der von den Grafen des Lommegaus abhängigen Sambrestadt.
Im Laufe der folgenden zwei Jahrhunderte (13. und 14. jh.) gezogene Stadtumwehrung schloß etwa jenes Areal ein, das heute die Boulevards abgrenzen.
Diese wurde um 1850 niederglegt.
Von unserem mehrtägigen Domizil - der Villa Leanne - beginnen wir unsere Stadtbesichtigung mit einer vor Jahren bei Regen einmal abgelaufenen Route zu Jugenstilbauten. (siehe Exkurs)
Um den Bahnhof herum ist z.Zt. eine totale Baustelle - selbst für Fußgänger ist es schwierig sich den Weg durch die Barken zu bahnen.
Die Hauptader des modernen Namur ist der Straßenzug Rue de Fer/ Rue de l'Ange, er durchzieht die Stadt von Norden nach Süden.
An der Rue de Fer liegen sich die Kirche St Joseph und das ehemalige Hôtel de Gaffier d'Hestroy genau gegenüber. Der Profanbau des 18. Jh. beherbergt heute das Musée des Arts Anciens du Namurois
Zur Straße hin verwehrt die hohe Mauer den Blick auf das herrschaftliche Gebäude des Hôtel de Gaffier d'Hestroy, indessen versöhnt ihre Ästhetik mit ihrer Funktion. Oberhalb einer Sockelzone durch Wandpfeiler rhythmisch gegliedert, gehen an ihr links und rechts des Eingangs drei elegant gerahmte Stuckfelder auf, wobei zwei große Spiegelflächen jeweils eine schmalere Füllung mit Büste flankieren. Die Ornamentik im Régencestil spricht für den erlesenen Geschmack des Stukkateurs. Das zentrale Portal springt aus dieser Front schwach hervor, seinen flachen Dreiecksgiebel tragen zwei Doppelpilaster.
Während das Hôtel ein beredtes Zeugnis des Rokoko darstellt, spricht die Westfassade der Pfarrkirche St Joseph die Formensprache ihrer Epoche nur gebrochen. Um die Wirkung machtvoller Strenge zu erreichen, die der französische Hochbarock ausstrahlen will, hätte es schon anderer Maßverhältnisse bedurft. Außerdem läßt ihre schmale Stirnseite einen geschlossenen Aufbau vermissen, die Elemente barocker Architektur scheinen eher bloße Versatzstücke.
Versteht man die Rue de l'Ange als Achse des Stadtkerns, dann soll der folgende Streifzug durch seinen östlichen Teil führen. Die Rue de la Monnaie verbindet Geschäftszentrum und Börse am Place dArmes, hinter der sich der sogenannte Belfried (Beffroi) erhebt.
Der 1388 errichtete Rundturm war als Tour St Jacques einst Teil der Umwehrung, von dem herab später die Glocken das Öffnen und Schließen der Tore ankündigten, Stadtturm aber wurde er amtlich erst 1746, nach dem Brand der Stiftskirche St Pierre au Chateau; sein heutiges Aussehen erhielt er 1733
Marie Spilar Turm
Wie die Saint-Jacques und de la Monnaie Türme zeugt der Mari Spilar Turm von der dritten Stadtmauer von Namur, die im 13. Jahrhundert gebaut und ab 1390 schrittweise wiederaufgebaut wurde. Er wurde hinter dem Besitz von Marie Spilar, unter der Leitung des Maurermeisters Henri Merial errichtet. Während des Zweiten Weltkriegs wurde er beschädigt, und 1949 restauriert. Die Kommunalbehörden beschlossen seine Freilegung zusammen mit der Verwirklichung der rue de la Tour.
Vor dem halbrunden Turm aus Maaskalkstein befindet sich eine Balkenreihe. Das fast dunkle Erdgeschoss weist drei Schießschartei auf, wovon die beiden seitlichen dazu dienten die Stadtmauer zu verteidigen, zu der man durch eine Rundbogentür gelangte, die über dem eisten Teilstück sichtbar ist. Im zweiten Stock wurden die Klappläden zum Schutz der Verteidiger vor den Pfeilen der Bogen- oder Armbrustschützen, wiederhergestellt. Das Schieferdach wurde während der Restaurierung mit Dachluken versehen.
Auf Ersuchen der spanischen Regierung von Brüssel wurde die frühere Fleischhalle zwischen 1588 und 1590, unter der Leitung von Bastien Sion und Conrad de Nuremberg, Baumeister der Grafschaft Namur, erbaut.
Neben seiner Funktion als Fleischhalle hat das Gebäude mehrere Verwendungszwecke gekannt: Schule, Lager, Arsenal, Krankenhaus, protestantische Kirche für die holländischen Truppen, Theater für die französischen Truppen.
Von den Metzgern, die die Erlaubnis erhielten, das Fleisch zu Hause zu zerlegen, verlassen, geht die Halle 1806 in den Besitz der Stadt über. Sie hat dann die Musikschule und die Stadtbibliothek beherbergt. 1855 ist dann das archäologishce Museum eingezogen, das bis 2003 die bemerkenswerten Sammlungen prähistorischer, galloromanischer und merowingischer Antiquitäten der arhäologischen Gesellschaft aufgenommen hat.
Das Gebäude ist eines der seltenen Zeugnisse der regionalen Renaissancetradition in Namur, ein rechteckiges Bauwerk mit drei Stocjkwerken aus Ziegel- und Blaustein, bedeckt mit einem hohen, mit Dachliken versehenem Schieferdach.
Am Sambreufer angelangt, sieht man dein Portal östlich des Museums, das den Zusammenfluß von Maas und Sambre symbolisiert. Mit einem Blick läßt sich von hier gleichfalls die historische Situation der Stadt und auch die Zitadelle am jenseitigen Ufer erfassen.
Das zweigeschossige Gebäude ruht auf einem hohen Sockel aus behauenem Kalkstein, seine rundbogigen Tore gehören zu den unter der ~halle< durchgeführten Gängen. Zwei leicht vorspringende Doppelstreifen bläulichen Kalksteins markieren die Stockwerke oberhalb. Das bestimmende Moment der Fassadengliederung aber sind die vielen Fenster und ihre Einfassungen, die größeren (man hat sie zusätzlich mit steinernen Fensterkreuzen versehen) besitzt das abschließende Geschoß.
Wir laufen gen Westen an der Sambre entlang mit Blick auf die Interessante Uferbebauung.
Zum Zeitpunkt seines Verkaufs an die Baronin d'Harscamp im Jahre 1688 befand sich an der Stelle des Palais de Groesbeeck-de Croix seit dem 13. Jahrhundert ein Stadthaus der Abtei von Villers en Brabant. Zwei Jahre später gingen die Örtlichkeiten durch die Heirat der Erbin von d'Harscamp mit Jacques-Francois de Groesbeeck in den Besitz der Familie de Groesbeeck über.
Ihr Sohn, Alexandre-Francois, baute das Palais zwischen 1751 und 1753 um den Kern des alten Gebäudes wieder auf. Er betraute Jean-Baptiste Chermane, Architekt der Schlösser von Aublain, und Franc-Warêt mit der Aufgabe. Nachdem es an die Familien de Croix und d'Andigné übergegangen war, wurde das Palais 1935 durch die Stadt Namur erworben und jetzt beherbergt es ein Museum für dekorative Kunst aus dem 18. Jahrfündert.
Zum Hauptteil des alten Gebäudes aus dem Jahr 1605 .wurden vier Flügel hinzugefügt, die ein zur Strässe hin von einer Blindmauer abgeschlossenes 'H' mit vieleckigen lnnenhöfen bilden. Im Innern sieht man, wie wohlhabende Menschen damals wohnten.
Der Eindruck des Großartigen, den St Aubain erweckt, rührt vor allem von der Vierungskuppel und der Westfassade her, zu der eine fünfstufige Treppe führt. Hoch ragt diese Stirnseite in den Platz hinein, und damit nicht genug bedrängt sie den freien Raum zusätzlich durch ihre gewölbte Mitte.
Die beeindruckende Kathedrale St. Aubain ersetzte die alte Stiftskirche aus dem Jahr 1047, die 1740 durch extremes Hochwasser der Sambre zerstört wurde.
Zwischen 1751 und 1767 nach den Plänen des gebürtigen Asconesen Gaetano Matteo Pisoni wurde sie über einem Grundriß von der Form eines lateinischen Kreuzes errichtet.
Kathedrale St Aubain - den Titel Kathedrale führt sie übrigens erst seit 1559, also seit der relativ späten Einrichtung eines Bistums Namur
Saint-Loup Kirche
Die frühere Kapelle der benachbarten Jesuitenschule, die dem heilige Ignatius gewidmet war, wurde zwischen 1621 und 1645 nach den Plänen von Bruder Pierre Huyssens, einem flämischen Architekten der Gesellschaft Jesu erbaut. Nach dem provisorischen Verbot der Gesellschaft ersetzte sie 1777 die Pfarrkirche Saint-Loup, die sich dort befindet, wo später der Gemüsemarkt entstehen soll.
Der Dichter Charles Baudelaire, ein Freund des aus Namur stammenden Graveurs Felicien Rops, der zu Besuch in NIamur weilte, beschrieb sie als ein "finsteres Wunderwerk... das Innere eines mit schwarzen, rosaroten und silbernen Stickereien geschmückten Katafalks".
Die von der Kirche von Gesú in Rom inspirierte Architektur der Saint-Loup Kirche ist eines der schönsten, in Belgien noch vorhandenen Werke des Barocks. Sie entspricht dem Programm der Gegenreform: der Verherrlichung der Eucharistie, der Vergebung der Sünden und des Gottesworts, die jeweils durch die wunderbare Kommunionbank, die Beichtstühle, und die Kanzel symbolisiert
werde.
Die Fassade mit drei Stockwerken mischt Maaskalksteine und weiße Steine. Der quadratische Turm, der sich an der Apsis des Gebäudes befindet, wurde nie vollendet. Die Qualität der Innendekoration ist bemerkenswert, wie das Gewölbe der behauenen Decken aus Maastrichter Tuffstein oder die Säulen aus schwarzem und rotem Marmor
Im Südosten begrenzt die Kirche "St. Jean-Baptiste" den "Marché aux Légumes".
Die erstmals 1270 genannte Kirche war ursprünglich ein Bau der frühen Gotik, wurde aber besonders im Innern dem Stildiktat anderer Epochen unterworfen. Über einem verwirrend unregelmäßigen Grundriß erhebt sich heute ein Bau, der weitgehend dem 16. Jh. entstammt. Sein barocker Turm trägt eine Zwiebelhaube.
Ältester Teil von St. Jean-Baptiste ist der Chor aus dem 14. Jahrhundert, das Hauptschiff wurde etwa 200 Jahre später errichtet.
Der Gemüsemarkt, der Treffpunkt der Einwohner von Namur, entstand auf den Ruinen der früheren Saint-Loup Kirche und ihres Friedhofs.
Der Markt, der 1781 angelegt wurde, bildet ein kleines Viereck, zu dem das Gewirr der engen Straßen führt, deren Verlauf sich seit dem Mittelalter kaum verändert hat. Hier auf dem Gemüsemarkt, der mit Baumen bepflanzt ist, finden wir Häuser aus dem XV111. und XIX. Jahrhundert. Der Gemüsemarkt beherbergt unter anderem das berühmte Cafe "Le Ratin-Tot", das als ältestes der Stadt gilt" (1616).
Zu einer Zeit, wo die Häuser noch nicht über fliessendes Wasser verfügten, liess die Stadt vom Architekten Francois-Joseph Beaulieu eine monumentale Wasserpumpe im Stil Louis XVI. in der Mitte des Platzes errichten. Auf einem fein geformten Sockel steht ein schlanker Pfeiler mit toskanischem Kapitell, mit Palmetten verziert und mit einem Obst und Gemüsekorb darüber. An der Basis wird sie von imposanten Spiralen verstärkt.
Aufbruch: | Oktober 2019 |
Dauer: | unbekannt |
Heimkehr: | Oktober 2019 |