KAMBODSCHA SOLO

Reisezeit: November 2004  |  von Uwe Decker

Die Wildnis ruft - Provinz Rattanakiri

Banlung, 14.-17.11.2004

Klasse, dass es geklappt hat. Ich habe den letzten Platz auf dem Flieger nach Banlung bekommen, dazu in dem von einem Holländer geleiteten "Local Adventures" Reisebüro eine Pauschaltour nach Rattanakiri, der nordöstlichen Provinz Kambodschas gebucht, all inclusive, mit Übernachtung, Verpflegung, einheimischem Führer und Programm für drei Tage.

Die alte Antonov Propellermaschine der President Airlines, die auch schon bessere Tage gesehen haben dürfte, startet mit vier Stunden Verspätung und ist zu über der Hälfte mit Touris gefüllt, Reisegruppen und Allein- oder zu Zweit Reisende. Sinnigerweise haben sie jetzt, wo die Hochsaison beginnt, ihre wöchentlichen Flüge nach Rattanakiri reduziert. Logik made in Cambodia.

Flug nach Banlung

Flug nach Banlung

Am Flughafen erwartet mich schon Bona, mein 26-jähriger Guide. Mit ihm habe ich einen guten Fang gemacht. Er weiß über alles hier bestens Bescheid, ist sehr nett (wie ja jeder hier, aber das sagte ich bereits) und witzig. Und er spricht ein gutes und verständliches Englisch. Englischunterricht hatte er nur wenig in der Schule, fast alles hat er sich selbst durch Kontakte zu Touristen beigebracht. Er möchte auch viel wissen zu meiner Heimat. Obwohl er zweifellos eine Menge Umgang mit Touristen hat, merke ich durch seine Fragen, dass es ihm schwer fällt, sich vorzustellen, wie es dort aussieht, wo ich her komme und wie das Leben in diesem Teil der Welt abläuft. Immerhin hat er nicht die Vorstellung, die ich überall in Westafrika erlebt habe, dass ich direkt aus dem Schlaraffenland komme und vor lauter Geld in den Taschen kaum laufen kann.

Am ersten Tag bleibt wegen der Verspätung nur Zeit für eine Wanderung um den Yaklom Lake, einem wunderschön gelegenen Vulkansee, mit einem erfrischenden Bad sowie den Besuch eines kleinen Museums mit Stücken der hier lebenden Volksstämme. Was mir bei dem Rundgang um den See im Dickicht sofort auffällt: der Dschungel erinnert mich an zuhause und zwar genau samstags um 12, da gehen nämlich die Sirenen im Ort an. Zuhause ist dafür die Feuerwehr zuständig. Hier sind es die Zikaden, die ein derart hohes, schrilles und lautes Dauerpfeifen verursachen, dass fast die Ohren davon schmerzen.

Yaklom Lake

Yaklom Lake

Am nächsten Morgen wird meine dürftige Ausrüstung erst einmal um die Dinge ergänzt, die benötigt werden, wenn man mit dem Moto hier auf Tour geht, Gesichtsmaske, Brille und Hut. Die Straßen hier oben sind nicht asphaltiert, in der Regenzeit sind sie kaum passierbar, nun in der beginnenden Trockenperiode wird man von jedem entgegenkommenden Fahrzeug in eine riesige Staubwolke eingehüllt, die Überholung von Lastwagen gerät zum Blindflug. Auf dem Markt kaufen wir auch Geschenke ein, ca. 400 Zigaretten, Süßigkeiten, Kugelschreiber, Haargummis für die Frauen. Kosten: 2 Dollar.

Geschenkekauf auf dem Markt

Geschenkekauf auf dem Markt

Dann geht es los Richtung Voen Sai, 35 km entfernt, auf abenteuerlichen Staubpisten, vorbei an Ananas-, Cashew- und Bananenplantagen, durch uralte Lavafelder, ansonsten überall noch weitgehend unberührter Urwald, eine grandiose Natur.

Erstaunlich, was man hier auf den Lehmpisten so alles antrifft. Das gesetzliche Mindestalter fürs Mopedfahren interpretiert man eher als Addition aller auf dem Moped Sitzenden, 9 + 9 ist ja schließlich auch 18, 9+7+5+4 sogar noch mehr. Da Tiere auf dem Markt einen höheren Preis erzielen, wenn man die Frische des Fleisches dadurch belegen kann, dass sie noch leben, kann man häufig die sog. "pigmen" antreffen, die ihr Schwein mit dem Moped und zusammengebundenen Beinen in einem Bastkorb auf dem Gepäckträger transportieren, manchmal aber auch quer über die Sitzbank legen. Hühner werden einfach an den Füssen aufgehängt im großen Bündel am Lenker oder am Gepäckträger befestigt. Die Zahl der Personen, die mit einem schlichten Moped transportiert werden können, scheint nach oben offen. Hier wie überall im Lande sieht man ganze Familien auf einem Moped dichtgedrängt herumfahren.

Mit dem Boot geht es dann weiter eine Stunde flussaufwärts, wieder vorbei an traumhaften Landschaften, bis wir zu Fuß weiter zu unserem Tagesziel marschieren, kleinen Dörfern mit hier im Hochland lebenden ethnischen Minderheiten, den Hochland- Khmer oder Khmer Leu, wie sie genannt werden.

Mittlerweile hat sich eine junge Japanerin zu uns gesellt. Sie hatte mit ihrem Führer weniger Glück, er fand bisher nur mit Mühe den richtigen Weg und hat von den Stammesgewohnheiten keine Ahnung. Wir besuchen Dörfer des Kreung- und Toumpoun-Stammes, die weitgehend abgeschottet von der Außenwelt leben, allerdings ihre Stammestrachten weitgehend abgelegt haben und nun meist westliche Kleidung tragen. Unsere Geschenke kommen gut an, mein Guide ist bekannt, und wir werden sehr freundlich aufgenommen. Ich kann mir die Wohnhütten, das Versammlungshaus und die heiligen Opferplätze sowie den Dorfteich mit den sich darin suhlenden Schweinen in aller Ruhe anschauen. Die meisten Dorfbewohner sind zu dieser Tageszeit allerdings gerade bei der Feldarbeit.

Hochhaus der Männer - momentan kaputt

Hochhaus der Männer - momentan kaputt

Der Dorf-Chief

Der Dorf-Chief

Touristin - Chief - Tourist

Touristin - Chief - Tourist

Ein nahe gelegener Friedhof mutet etwas bizarr an. Zwar werden die Menschen hier ähnlich wie bei uns bestattet, sie glauben aber an die Wiedergeburt und stellen auf ihren Gräbern die Personen dar, als die sie ihr nächstes Leben bestreiten wollen. Personen der öffentlichen Ordnung stehen offensichtlich hoch im Kurs, Polizisten, Soldaten, alle mit Gewehr und Handy. Auf dem Grab einer kürzlich Verstorbenen findet sich eine Holzstatue mit einer nur mit Bikini und Schmuck bekleideten Frau. Ihr offensichtlicher Wunschberuf erzeugt bei mir leichte Irritationen. Weiter geht es dann zu Fuß zu Dörfern mit einer chinesischen und einer laotischen Minderheit.

Zurück in der Lodge schaut mich am Ende des Tages dann im Spiegel eine völlig verdreckte Langnase an. Auch das ausgiebige Duschen kann das Staubrot aus meinen Haaren nicht beseitigen, meine Klamotten werde ich am nächsten Tag noch einmal anziehen, dann sind sie reif zur Entsorgung.

© Uwe Decker, 2005
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Allein von Saigon nach Bangkok
Details:
Aufbruch: 06.11.2004
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 24.11.2004
Reiseziele: Vietnam
Cu Chi
Kambodscha
Der Autor
 
Uwe Decker berichtet seit 19 Jahren auf umdiewelt.
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