Cu Chi
Ein Leben im Untergrund – Saigon/Cu Chi
Saigon / Cu Chi, 08.11.2004
Das Tunnelsystem von Cu Chi liegt etwa eineinhalb Autostunden von Saigon entfernt Richtung Norden. Die Tunnel wurden bereits in den 40er Jahren angelegt und während des Vietnamkrieges stark erweitert, auf eine Länge von insgesamt ca. 250 km. Sie erlaubten den Vietcong, Überraschungsangriffe zu starten und eine große Fläche unmittelbar vor den Toren Saigons zu kontrollieren. Die Gegend um Cu Chi wurde zu einem der am heftigsten bombardierten Landstriche überhaupt.
Ein Halbtagesausflug (für 4 Dollar) zeigt eindrucksvoll, wie intelligent die Tunnel angelegt wurden, auf mehrere Stockwerke, mit allem, was die Bevölkerung benötigte, Aufenthaltsräume, Küchen mit heimlichem Rauchabzug, Schulen, Krankenhäuser, Fallen für Eindringlinge und versteckten Ein- und Ausgängen teilweise unter Wasser. Ein halbes Leben unter der Erde für Victor Charlie. Auch wir Touris dürfen uns mal in ein Versteck zwängen, einen kleinen Abschnitt der Tunnel durchkriechen, der allerdings für die fülligen Langnasen extra verbreitert wurde, damit auch ja niemand stecken bleibt. Und - "One Shot One Dollar", auch einiges vom Waffenarsenal kann man hier ausprobieren, unter anderem das AK 47, die berühmt-berüchtigte Kalaschnikoff.
Auch Amis sind in unserer bunt zusammengewürfelten Touri-Truppe, laut wie immer. Sie wundern sich, dass sie so freundlich in Vietnam aufgenommen werden, keinerlei Ressentiments sind zu spüren. Ich wundere mich auch.
Nachmittags lasse ich mich dann nach Cholon, dem Chinesenviertel, fahren, mit dem Cyclo, dem mittlerweile lieb gewonnenen Fortbewegungsmittel, um etwas von dem Gewühl und der Geschäftigkeit der Chinesen mitzubekommen. Hier treibt der Verkehr besondere Blüten, ich stehe bestimmt eine halbe Stunde an einem großen Platz, fotografiere und komme aus dem Staunen nicht mehr heraus.
Auch dieser Cyclofahrer versucht mir wie bisher jeder, eine Massage aufzuschwatzen. Saigon wie auch alle anderen Städte, in die ich später noch komme, sind voll von Massagesalons, die die unterschiedlichsten Massagearten anbieten. Was sich hinter den einzelnen Begriffen für besondere Techniken und Griffe verbergen, kann ich nicht erklären, ich hasse Massagen. Die meisten sind sicherlich seriös, besonders hier in Vietnam, die, die meine ehrbaren und auf saftige Provisionen hoffende Cyclofahrer anbieten, wohl eher nicht. "Oh, Mistel, you like massage ? 1 hour 10 Dollar, vely good massage". Dabei nicken sie jeweils eifrig mit dem Kopf und zeigen ihre verbliebenen Zähne. Ich habe gehört, dass Prostitution in Vietnam strengstens verboten ist, Mädchen, die erwischt werden, ins Umerziehungslager gesteckt werden. An einem solch traurigen Schicksal will ich nicht schuld sein und lehne dankend ab.
Wie die vietnamesische Schuljugend bei der PISA-Studie abgeschnitten hätte, weiß ich natürlich nicht. Auf jeden Fall kann man hier aber zum Fan von Schuluniformen werden. Wenn nach Schulschluss am späten Nachmittag insbesondere ganze Horden von Oberschülerinnen in der Landestracht Au Dai mit ihren blütenweißen, hochgeschlossenen Blusen mit langen Ärmeln, an die vorne und hinten eine Art Schürze fast bis zu den Knöcheln angenäht ist und den langen, weit geschnittenen, ebenso blütenweißen Hosen und manchmal dem traditionellen kegelförmigen Strohhut auf dem Kopf die Straßen bevölkern, bietet sich ein zauberhaftes Bild.
Oft binden sie sich, wie andere Frauen auch, ein Tuch vor Mund und Nase. Das dient zum einen zum Schutz vor dem Staub und Bazillen in der Luft, zum anderen aber auch der Schönheit. Sonne sollte möglichst wenig an die Haut der Vietnamesen kommen, braun werden ist unter allen Umständen zu vermeiden, weiß ist angesagt. Weiß ist ein Zeichen der Vornehmheit, braun sind diejenigen, die mit harter Arbeit im Freien ihr Brot verdienen müssen.
Aufbruch: | 06.11.2004 |
Dauer: | 3 Wochen |
Heimkehr: | 24.11.2004 |
Cu Chi
Kambodscha