Mit dem Boot durch Preußens Streusandbüchse
Von der Müritz nach Berlin: Der Oder-Havel-Kanal
Die Havel-Oder-Wasserstraße ist die Hauptverbindung der Binnenschiffer zwischen Polen und Deutschland. Die Karten warnen vor übermäßigem Berufsschiffverkehr. Wir sind alleine unterwegs, bis wir einem Polizeiboot auflaufen, das gerade ein deutsches Frachtschiff kontrolliert. Der Kanal ist keineswegs unfreundlich. Laub- und Föhrenwälder begleiten ihn, seine Ufer sind grün, keine Spundwände. Mit den erlaubten 9 km/h zockeln wir gemütlich weiter.
Vor der Schleuse Lehnitz haben wir erst mal Sendepause. Unten fährt gerade ein Berufsschiff aus. Als sie uns in den Lehnitzsee entlässt, ist eine Stunde vergangen. Ein See so nahe an Berlin liegt natürlich voller Boote.
Wir tuckern weiter an Laubenkolonien vorbei und biegen ab in die Oranienburger Havel. Mitten in Oranienburg hat die Stadt einen großen, kostenlosen Sportbootanleger gebaut. Wir nehmen den sicheren Liegeplatz beim WSC Möwe auf der anderen Flussseite. Für hiesige Verhältnisse ist der Club richtig preiswert. 50 Cent pro Meter und 1 € pauschal für Strom. Ein wenig überaltert sind sie schon, wie alle Wassersportvereine. Aber sie betreiben intensiv Jugendarbeit, stellen die beste jugendliche Schlauchbootfahrerin des DMYV. Eine Nutria-Familie mit lebhafter Nachkommenschaft lebt hier in trauter Gemeinsamkeit mit Enten, Gänsen, Schwänen und Wassersportlern.
Ein Besuch von Schloss Oranienburg ist natürlich ein Muss. Es ist ein ewiges Gedenken an Luise-Henriette, die Frau des großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg und ihren Sohn den ersten König in Preußen, Friedrich I.
Auch auf unserem weiteren Weg sind wir recht einsam unterwegs. Ein Schubverband kommt uns entgegen, einige Sportboote. Es ist nicht fair den Kanal als langweilige Wasserautobahn zu bezeichnen. Das ist er nicht. Herrlicher alter Baumbestand säumt seine Ufer. Weiß blühender Holunder, silbrig schimmernde Weiden, rot glühende Kastanien, üppige Kaskaden an weißen Birkenstämmen. Fast schwarz schimmernde Fichten wechseln ab mit Feuchtwiesen und immer wieder Laubenpieper. Erst an der Verladestelle Hennigsdorf stehen mehr als ein dutzend Frachter und Leichter beladen mit Schrott und warten aufs Entladen. Wenn die alle unterwegs sind, wird schon mehr los sein.
Bei km 10 zweigt der Havelkanal ab, doch wir fahren in der Havel weiter, die sich hier zum Nieder-Neuendorfer See erweitert. Es scheint mir kein Fall von sozialer Härte hier ein Haus, eine Villa oder eine Datscha zu haben. Rund um den See gibt es jede Menge Sportbootanleger. Eine bevorzugte Wohngegend ist auch der Tegeler See mit seinen 7 Inseln.
Vom Tegeler See aus startet man seinen Törn mitten ins Herz der Bundeshauptstadt.
Willkommen in Berlin.
Aufbruch: | April 2008 |
Dauer: | 5 Monate |
Heimkehr: | September 2008 |
Polen