Mit dem Boot durch Preußens Streusandbüchse
Die Peene
Amazonas des Nordens nennt man sie liebevoll.
Als sich das Eis unserer letzten Eiszeit zurückzog, entstanden einzigartige Naturlandschaften, die Mecklenburgische Seenplatte, die Müritz und hier in Vorpommern der Kummerower See mit den angrenzenden Niedermoorflächen. Beim Abfluss der zurückweichenden Gletscher entstand eine Rinne. Drei Quellflüsse, West-Ost- und Teterower Peene, speisen den Kummerower See, dessen Ablauf die Peene bildet.
In zwei Mündungsarmen fließt die Peene in den Peenestrom, einen der Mündungsarme des Oderhaffs in die Ostsee. Doch nur einer dieser Arme, der Richtgraben, ist schiffbar, der andre, die "Alte Peene" ist verkrautet und steht unter Naturschutz.
Die 10 Kilometer bis Anklam sind gut betonnt, es gibt sogar Ansteuerungszeichen für die Berufsschifffahrt.
Torfige, moorige, ja sumpfige Böden umgeben die Schilf bewachsene Peene in ihrem Unterlauf. Nach einer Stunde Fahrzeit stehen wir vor unserem ersten Hindernis: die Eisenbahnbrücke hat nur eine Höhe von 1,80 m. Ihre Öffnungszeiten sind abhängig vom Fahrplan der DB und an einer Tafel abzulesen. Für uns hebt die 100 Jahre alte Brücke sogar zwischendurch. Zwischen Fußgängerbrücke und Straßenbrücke ist ein Kai, hier nennt man ihn Bollwerk, an dem man ohne Versorgung liegen kann. Es ist ein guter Ausgangspunkt um die Stadt zu besichtigen. Trotz einiger schön restaurierter alter Bauten sind wir ein bisschen enttäuscht. Wohnblocks dominieren das Stadtbild der ehemaligen Hansestadt und die Kirchen sind geschlossen. Otto Lilienthal wurde in Anklam geboren und studierte hier den Flug der Störche, der ihn zu seinen Gleitfliegern inspirierte.
Wir sind nicht die Peene gefahren um Baukultur zu erleben, sondern eine Urstrom-Landschaft wie sie seinesgleichen in Deutschland nicht mehr zu finden ist. Die Peene durchläuft das größte zusammenhängende Niedermoorgebiet Mitteleuropas. Hinter Anklam wechselt das Bild der Landschaft. Wir fahren jetzt durch ein Waldgebiet, das sich mit undurchdringlichem Gestrüpp abwechselt. Schilf begrenzt das Ufer. See- und Teichrosen bedecken das Wasser der ehemaligen Torfstiche. Vergebens suchen wir in dem wuchernden Grün die Spuren von Bibern oder gar ihre Burgen zu entdecken.
Wir sind recht einsam unterwegs. Manchmal kommt uns ein Paddler entgegen, später auch einige Sportboote. Die in der Karte ausgewiesenen Wasserwanderrastplätze sind alle für unsere Schiffsgröße ungeeignet.
Ein Hubschrauber belästigt uns, weil er fast zum Greifen nahe zweimal im Tiefflug über Beluga hinwegbraust. Rossbremsen versuchen uns anzuzapfen.
Die Landschaft ändert sich nicht. Es bleibt grün. Bisweilen glänzt das ruhig Wasser eines kleinen Sees durch die Zweige der Bäume. Die Luft, sie ist anders hier, frischer, samtiger. Der steife Ostwind fegt ungebremst über das flache Land. Er bringt Seeluft, die sich mit würzigem Föhrenduft vermischt. Unbewusst zieht man den Atem tiefer in die Lunge.
Als wir auch in Jarmen keine Anlegemöglichkeit finden, entschließen wir uns die Peene nicht weiter bis zum See zu fahren.
Sie ist für Naturliebhaber einfach zauberhaft. Angler sind in ihrem Element. Wer hofft seltene Tier zu beobachten wird vielleicht enttäuscht sein. Mit Glück lässt sich am weiten Himmel ein Adler erspähen. Um Störche und Kraniche zu entdecken, ist der Sommer wohl nicht die richtige Zeit. Anlegen in der freien Natur am Ufer ist wegen der sumpfigen Umgebung so gut wie nicht möglich und wohl auch nicht erlaubt.
Kurz bevor wie die Peene verlassen, sehen wir ihn doch noch. Ein junger Adler sitzt ruhig auf einem Baum neben dem Fluss und lässt sich von uns nicht beirren.
Auch wenn wir auf halbem Wege aufgegeben haben, es hat uns gefreut den Amazonas des Nordens kennenzulernen.
Unser Weg führte zurück über das Haff, die Oder, in die Havel-Oder-Wasserstraße. Dort machten wir einen Abstecher in den Werbelin See
Aufbruch: | April 2008 |
Dauer: | 5 Monate |
Heimkehr: | September 2008 |
Polen