MOSKAU - PEKING 2009
Von Ulan Bator nach Peking (Beijing)
17. Tag/08.08.2009/Sa Ulaanbaatar - Peking
Um 6:30 Uhr kam die 12-jährige Tochter von Frau und bereitete mir das Frühstück vor. Das Mädchen ist echt tüchtig, sie übernimmt in den Ferien (die Sommerferien dauern 3 Monate!) die Betreuung der Gäste. Um 7:20 Uhr holte mich der Fahrer ab, ein netter Herr, der mich gestern von Ulan Bator in das Jurtencamp chauffierte. Es regnete leicht.
Der Zug Nr. 24 stand schon bereit, mit 11 Waggonen, vor jedem Waggpon zwei Schaffnerinnen. Mein Abteil war im ersten Waggon, gleich nach der Lok. Dieser Zug (Ulan Bator - Peking) verkehrt nur einmal in der Woche, im Sommer zweimal, dementsprechend ist auch Nachfrage groß. Eine Viertelstunde vor Der Abfahrt wurden zwei Dieselloks vorgespannt. Um 8:10 Uhr rollte der Zug aus Ulan Bator (403 km von der russischen Grenze) los.
Südlich der Hauptstadt geht die Reise in den ersten Stunden durch die typische mongolische Landschaft mit ihren kargen Grashügeln, durch abwechslungsreiche Bergsteppen, bei weidenden Vieherden und Nomadenzelten vorbei. Da die Landschaft leicht hügelig ist, schleppt sich der Zug nur langsam in Kurven dahin. Mehrere weitläufige Kurven bieten die Möglichkeiten, den Zug in seiner ganzen Länge zu fotografieren. Es regnet. Die Strecke ist einspurig und nicht elektrifiziert. Sie wurde erst 1955 zur Blütezeit der russisch-chinesischen Freundschaft gebaut.
Das Abteil teile ich mit einem Ehepaar aus Griechenland (45 und 44 Jahre alt, Zahnarzt und Grundschullehrerin, kinderlos und reisesüchtig, haben vier Tage im Dessert verbracht) und ein mongolischer Student (24 Jahre) reisen noch mit. Er holt seine Schwester aus Peking ab, die von Indien kommt und noch nie mit der Bahn gereist ist, Auch er reist das erste Mal mit dem Zug, da dieser sehr teuer ist. Die billigste Variante sei, mit dem Auto bis zum Grenzübergang zu fahren, dann den Grenzübertritt mit der Bahn und dann weiter bis Peking mit dem Bus. In der Mongolei dürfen Grenzübertritte nur mit dem Zug (der mit dem Flugzeug) erfolgen. Mein Platz ist in Fahrtrichtung auf einer untern Liege. Das Abteil ist geräumig, mit Teppich und Überwurfdecken ausgestattet. Ohne Aircondition, ein Ventilator könnte für Kühlung sorgen. Doch es ist bewölkt, zu regnen hat es aufgehört (11 Uhr).
Die Landschaft wird jetzt karger und flacher. der Zug fährt jetzt wieder auf gerader Streckenführung etwas schneller dahin.
Der erste Stopp - für etwa 15 Minuten - erfolgt um 12:20 Uhr in Coyr, 648 km von der russischen Grenze entfernt. Aussteigen und etwas herumgehen, das Lokomotivengespannt bestaunen. Erstmals stehen auch Kinder am Bahnhof und wollen etwas verkaufen, die meisten bieten Steine an. Im Reiseführer habe ich (leider erst) nach der Abfahrt gelesen, dass am Vorplatz des Bahnhofes ein Denkmal an den einzigen Weltraumflieger aus der Mongolei erinnert. Juderdemid Gurragchao, der heute das Amt de Verteidigungsministers innehat.
Nun haben die monotonen, aber eindrucksvollen Ausläufer der Wüste Gobi begonnen. Die Sonne drückt sich durch eine leichte Wolkendecke durch.
Mein Netbook-Akku ist jetzt voll geladen. Die Schaffnerin war so nett, und hat mir das Netbook an einem der wenigen funktionierenden Steckdosen im WC aufgeladen. Dazu versperrte sie für zwei Stunden eines der beiden WC`s. Ich habe mich mit einer Geldspende und einer Süßigkeit erkenntlich gezeigt. Die mongolische Schaffnerin sorgt sehr für Sauberkeit. Alle zwei Stunden wird das WC gereinigt, Griffe und Haltevorrichtungen am Gang und Fußboden gereinigt.
Wenn man jetzt (14:10 Uhr, nach 6 Stunden Fahrt) aus dem Fenster blickt sieht man nur mehr Sandwüste. Ab und zu huschen wie ein kleines Dorf Siedlungen mit etwa fünf Ziegelhäusern vorbei, einen sterilen Kinderspielplatz, einem Bahnhofhäuschen, aber keine Menschen sind zu sehen.
Ein spätes Mittagessen habe ich im mongolischen Speisewagen eingenommen, auch um meine noch eingewechselten Mongolischen Tugrik auszugeben (10.000 MNT sind etwa 5 Euro). Eine Hauptspeise kostete 6.800 MNT, ein Salat 1.500 MNT und ein Bier 3.000 MNT. Zusammen 11.300 MNT, das sind etwa 6 Euro.
Der zweite Stopp findet um etwa 16:30 Uhr bei km 876 in Sajnsand.
Auf der Strecke sieht man immer wieder Kamele. Leider blieb es den ganzen Tag bedeckt, gerne hätte ich die Wüste auch bei Sonnenschein erlebt, oder bei untergehender Sonne, um das Farbenspiel des Sandes bei tiefer gehender Sonne mit zu verfolgen. Meine Mitreisenden waren froh darüber, denn sonst wäre es im Abteil sehr heiß gewesen .
"Eindrucksvoll ist der Sonnenuntergang über den Bergsteppen der Mongolei.", so ist es im Reisebuch beschrieben. Kurz vor Sonnenuntergang kam die Sonne hervor, ein schöner Sonnenuntergang erfreute die Gemüter der Reisenden.
> Zamyn-Üüd (1111 km, Mongolischer Grenzort)
Der dritte Stopp erfolgt in der Grenzstadt Zamen Ude (km 1.111), hier finden die Pass- und Zollprozeduren statt. Wir erreichen abends um 20:15 Uhr die Grenzstadt. Hier findet die mongolische Grenzkontrolle statt. Die Pässe werden eingesammelt, ebenso die die gelbe Ausreisekarte und die Zollerklärung.
Auf meinem Handy merkte ich, dass sich bereits ein chinesischer Mobilefunk angemeldet hat, es war nun möglich wieder mit "zu Hause" zu kommunizieren. In der Mongole gab es für mich kein Mobilefunknetz (T-Mobile).
Nach einer Stunde bekamen wir die Pässe wieder zurück und es ging um 21:25 Uhr weiter. Die Grenzsoldaten haben den Zug (uns) salutiert. Langsam rollt der Zug und überfährt bei km 1.113 die Grenze nach China.
Man sah bald die Lichter von Erlian, dem chinesischen Grenzort, und die langen hell erleuchteten Umspurhallen, zu welchen wir später wieder zurück geschoben wurden.
Mit Pompöse (laute Musik schallte aus den Lautsprechern, die Bahnhofsbezeichnung waren rot erleuchtet) fuhr der Zug um 21:45 Uhr in den Bahnhof des chinesischen Grenzortes Erlian ein.
> Erlian (842 km bis Peking, ab jetzt werden die Bahnkilometer "nach Peking zurückgezählt") Chinesischer Grenzort
Am Bahnhof war ein sehr großes Aufgebot an Sicherheitskräften zu sehen. Sie rannte zu den Waggonen und stürmten diesen mit lautem Geschrei. Die mongolische Schaffnerin wurde forsch angefahren, weil sie nicht gleich im Waggon alle Lichter hell anmachte. Wir mussten alle in die Abteile zurück. Ich wurde gleich als erster kontrolliert. Der Grenzbeamte nahm den Pass entgegen und sagte forsch "What is your name?" Zum antworten stand ich auf und gleich hat er mich wieder zum Sitzen gebracht. Mir schien, dass mit Gebrülle und von oben herabschauen noch viel kommunistisches (autoritäres) Potenzial in den Beamten steckt.
Die Ablagefächer und Lucken wurden kontrolliert und die Pässe eingesammelt.
Dann kam der "Herr Doktor" zur Temperaturmessung. Mit einem Stift wurde eine Temperaturmessung an der Stirne vorgenommen. Wir fragten uns, was passiert, wenn jemand erhöhte Temperatur hat. Das ganze Prozedere der Kontrollen wiederholte sich hier.
Nach einer Weile wurden die Waggone in die schon erwähnten langen und großen Umspurhallen zurück geschoben. Es erfolgte eine Umspurung von der breiteren russischen und mongolischen Spur auf die engere chinesische Spurweite. Dazu wurden die Fahrgestelle der Waggone entriegelt, die Waggone gehoben und auf die neu eingeschoben chinesischen Fahrgestelle wieder aufgesetzt. Wir haben uns dabei im Waggon aufgehalten, und interessant war es, das Vorgehen bei einem Zug, der in der Gegenrichtung fuhr auf dem Nebengleis beobachten zu können. So konnte man das technische Handling aus dem eigenen Waggon von oben und beim anderen Zug von unten her gesehen, beobachten.
Um 23:15 Uhr fuhren wir aus den Hallen hinaus, wurden hin und her geschoben, eine neue Zugsgarnitur mit chinesischer Lok, zwei zusätzliche Waggone und chinesischem Speisewagen wurde zusammen gestellt. Um 24 Uhr war auch dieses Prozedere zu Ende, der Zug fuhr wieder im Bahnhof Erlian ein. Die Pässe wurden ausgeteilt und man durfte Aussteigen. Für viele war es schon sehr dringend, die Toilette aufzusuchen, waren doch während der ganzen Grenzabfertigung die Toiletten verschlossen geblieben. Bis 1 Uhr konnte man sich am Bahnhofsgelände aufhalten, beschalt mit symphonischen Klängen (war sehr angenehm zu hören!). Um 1 Uhr morgens rollte der Zug los.
Das Passieren der Grenze hat somit insgesamt knapp 5 Stunden gedauert.
Ich habe mich nun zur Nachtruhe begeben.
18. Tag/09.08.2009/So Peking
In der Nacht hielt der Zug erstmals nach dem Grenzübergang in Jining an.
> Jining (498 km bis Peking, ist ein wichtiger Eisenbahnknotenpunkt)
Später in Datong.
> Datong (371 km bis Peking)
Ich habe gut geschlafen, es war in der Zwischenzeit meine sechste Nacht im Zug. Kurz vor 8 Uhr bin ich aufgestanden und habe gleich die Situation genutzt, den Waschraum und die Toilette aufzusuchen, da noch die meisten geschlafen haben. Später kommt man kaum mehr dran.
Die Landschaft ist wieder (satt) grün, Mais-, Sonnenblumen-, Kraut- und Kartoffelfelder ziehen vorbei. Eine intensive landwirtschaftliche Nutzung ist zu sehen.
In der Zwischenzeit ist es neun Uhr morgens. Die Uhr wird nicht umgestellt, die chinesische und mongolische Zeitzone sind gleich, es sind sechs Stunden Zeitunterschied zur MEZ.
Stopp in Zhanjiakou.
Ich bin mit meinem mongolischen Freund Bayasgalan in den chinesischen Restaurantewagen gegangen um Mittag zu essen. Er erzählte mir, dass sein Urgroßvater Nomade war, seine elterliche Generation schon sesshaft in Ulan Bator , er war Lehrer. Er hat noch zwei Geschwister, seine Schwester studiert in Indien, er in der Türkei (Izmir), sein jüngerer Bruder ist 11 Jahre alt. Bayasgalan wird im Spätherbst sein IT-Studium beenden. Auch seine Freundin studiert in Ankara und wird ebenfalls im Herbst zur Dr.med. graduieren. Und für November hat sich Nachwuchs angekündigt, es wird ein Mädchen. Er wird mir ein Foto senden.
Der Speisewagen ist einfach eingerichtet. Gekocht wird am Holzofen.
Der Zug rollt durch ein sehr intensiv genutztes und fruchtbares Landwirschaftsgebiet, dann wieder an Iindustriezonen und Atommeilern vorbei..
Ich bin einmal den ganzen Zug nach hinten gegangen und traf zwei Münchner, die bereits eineinhalb Monate unterwegs sind, aber ganz anders wie man es gewohnt ist. Sie fuhren mit einem älteren noch fahrtüchtigen Auto von Bayern, über Litauen und Russland bis in die Mongolei, nach Ulan Bator, wo sie das Auto verkauft haben. Leider ohne Gewinn, denn auf der Strecke durch Russland wurden sie sehr oft von der Polizei aufgehalten und "beanstandet", um einer Festnahme zu entkommen, mussten sie immer "Bestechungsgeld" zahlen. Das ging auf deren Nerven, aber diese Herausforderung war ihnen bewusst. Sie sagten, sie seien gut davon gekommen, zwei Holländer hätten dasselbe gemacht. Sie mussten noch mehr "Maut" bezahlen, wurden auch einmal arretiert und verprügelt. Mein mongolischer Freund erzählte mir auch, dass ihm die Polizei bei einer Taschenkontrolle etwas "Verbotenes" hineinsteckte, und er nur durch Bestechungsgeld unbeschadet weiterziehen konnte. Zum Glück habe ich nur beste Erfahrungen gemacht, mit Ausnahme des Vorgehens (der Traktur) bei der Ausreise aus Russland.
Etwa eineinhalb Stunden vor Peking wird die Landschaft sehr hügelig, bis später sich der Zug durch Täler und Schluchten (bergab) schlängelt, vorbei an Badaling. Hier durchquert der Zug die Große Chinesische Mauer. Davon habe ich aber leider nichts gesehen, starker Regen und Nebel haben die Sicht nach außen vermiest. Zwischen Badaling und Juyongguan erfolgt eine kurvenreiche Talfahrt durch mehrere Tunnels und Galerien. Schade wegen der schlechten Sicht.
Der Zug rollt langsam durch die Vororte von Peking und trifft um 14:14 Uhr im Hauptbahnhof von Peking (Beijing) ein.
> Peking (0 km, Moskauer Zeit plus 5 Stunden) Hauptstadt von China
Damit bin ich am Ziel meiner Reise mit der Transsibirischen Eisenbahn (und Transmongolischen) Eisenbahn angelangt. Von Moskau bis hierher (Peking) waren es 7.865 km, mit sechs Nächtigungen im Zug.
Aufbruch: | Juli 2009 |
Dauer: | circa 5 Wochen |
Heimkehr: | August 2009 |
Mongolei
China