Siyabangena! - Erfahrungsberichte aus Südafrikas Mutterstadt Johannesburg
There’s a fire in the bush!
In einer der zwei südafrikanischen Enklaven, in Swaziland, das sich wegen seiner faltigen Haut zuweilen selbst als afrikanisches Switzerland bezeichnet, gibt es an diesem Wochenende ein Ereignis der besonderen Art - zumindest für mich und nach swaziländischem Maßstab: das internationale "Bush Fire"-Festival mit Künstlern und Gästen aus dem südlichen Afrika und vielen anderen Ländern. Gertrud ist meine Gefährtin. Auf der sechsstündigen Hinfahrt ein erstes Staunen: Nachdem wir die Gegend Mpumalangas (die östliche Nachbarprovinz von Gauteng) hinter uns gelassen haben, in der zahlreiche Kohlekraftwerke mit meist 6 Kühltürmen den Horizont schmücken, ändert sich plötzlich das Landschaftsbild. Es wird bergiger, Wald bzw. akkurat nebeneinander gepflanzte Bäume bedecken den Boden. Hier werden hauptsächlich Nadelbäume genutzt, in rauhen Mengen sieht man auch Monokulturen der sogenannten Gymtrees, eine Eukalyptus-Art, die für ihr schnelles Wachstum bekannt sind. Eine Baumfamilie, die ja auch in anderen Regionen der Erde angebaut wird und dort oft verheerende ökologischen Auswirkungen hat. Dafür sorgt ihr extremer Wasserbedarf und ein Sekret in den Blättern, das wie ein Gift wirkt und gegenüber anderen Pflanzenarten sehr "intolerant" ist. Einerseits hat die Landschaft etwas Faszinierendes: am Horizont beeindrucken die Ausläufer der mächtigen und zu dieser Zeit kargen Drakensberg-Gebirgskette, die Kargheit hat etwas Wildes an sich, verleiht der Ebene den Glanz einer unberührte Steppe. Immer wieder klaffen in der bergigen Landschaft aber auch riesige Kahlflächen, auf denen verstümmelte Baumstümpfe ein trauriges Bild abgeben. Auf unserem Weg kommen wir mehr als einmal an großen Holzfabriken und Papiermühlen vorbei, um die herum Arbeitersiedlungen erbaut wurden.
Hinter der Grenze schlängelt sich die Autobahn, die eine von wenigen in Swaziland ist und einen Hauptverkehrsweg darstellt, vorbei an steilen Bergen, steigt mal hoch hinauf, dann wieder tief hinab, bevor sie langsam auf eine breite Tiefebene abfällt. Gertrud erzählt mir, da hinten irgendwo findet das Bush Fire statt.
Dass Swaziland ein anderes Pflaster ist als Südafrika, merkt man sofort. Das was ich sehe, wirkt wesentlich ländlicher, traditioneller. Um es mal so zu sagen: Swaziland entspricht eher als sein großer Nachbar dem klassischen Bild von Afrika, das man in Europa vermittelt bekommt. 75% der 1,2 Millionen Einwohner sind in der Landwirtschaft beschäftigt, 60% der Menschen leben von weniger als 1,25 Dollar am Tag. Das Land ist wesentlich weniger vom Westen beeinflusst. An seiner Spitze steht König Mswati III mit seinen vierzehn Ehefrauen und 23 Kindern. In der Swazikultur ist es üblich, dass der König von jedem Clan eine Frau heiratet, um die Beziehungen zu jeden Teil des Landes zu pflegen. Swaziland hat eine der höchsten Aids-Raten der Welt, ein Viertel der Erwachsenen und die Hälfte aller "Twenties" sind infiziert. Das UN-Entwicklungsprogramm schreibt, wenn sich dieser Trend so fortsetzt, sei die langfristige Existenz des Landes ernsthaft gefährdet. Mag sein, dass ich mit dieser verkürzten Auswahl an Wikipedia-Informationen selbst zu dem verzerrten Bild Afrikas als unterentwickelter Problemkontinent beitrage, aber die Zahlen beschäftigen mich trotzdem. Viel bekomme ich von Swaziland auch leider gar nicht mit.
Das Bushfire-Festival ist ein schönes, erfrischendes Erlebnis. Die Stimmung ist ausgelassen, das Publikum sehr international (überraschend viele Weiße haben sich hier angesammelt), alle verbindet die Passion für afrikanische Kultur. Traditionelle Swazi-Tänze, dazu vielfältige Musik von Künstlern aus dem südlichen Afrika, meist eine Mischung aus experimentell und altertümlich. Als ich mit Gertrud zu den wiegenden Klängen einer Raggae-Band tanze, steht plötzlich Peter neben mir - ein unerwartetes und umso herzliches Wiedersehen. Die Konzerte finden auf verschiedenen Bühnen statt, die über das Gelände verteilt sind, dazwischen werden die unterschiedlichsten Produkte angeboten, von handgearbeiteten Hanf-Decken über Naturkosmetika bis hin zu Büchern über Flora und Fauna Swazilands.
Wir sind auch mit einem Freund von Gertrud verabredet, Jeremy, der ursprünglich aus Zimbabwe stammt und seit einigen Jahren ein paar Orte weiter in einem informal settlement wohnt. Jeremy muss, zum Ärger Gertruds, an diesem Wochenende kurzfristig nach Johannesburg, um dort neue Materialien für sein Kunsthandwerk zu organisieren. So bleibt es leider nur bei einem oberflächlichen Kennen lernen mit einem interessanten Menschen.
Am Ende schlägt uns der Wettergott noch ein Schnippchen. Hatten wir während der zwei Tage trotz gegenteiliger Vorhersagen trockenes, sonniges Wetter, müssen wir unser Zelt unter Gieskannenregen abbauen. Als wäre das nicht schon genug, lerne ich auf der Rückfahrt in Mpumalanga auch noch die südafrikanische Polizei kennen. 500 Rand (ca. 50 Euro) für Nicht-Halten an einem Stopp-Schild. Der Polizist meint, er sei so freundlich und gebe mir damit schon einen Rabatt von 50%, während hinter mir andere Autos am laufenden Band denselben Fehler begehen und weiterfahren dürfen. Nosevile, eine Swazi und Kommilitonin von Gertrud, die wir mitgenommen haben, meint: "These guys are corrupt. Why should he give you a discount? You should have bribed him with 100 Rand."
Aufbruch: | 10.06.2009 |
Dauer: | 12 Wochen |
Heimkehr: | 29.08.2009 |