Siyabangena! - Erfahrungsberichte aus Südafrikas Mutterstadt Johannesburg

Reisezeit: Juni - August 2009  |  von Timo Eckhardt

It’s time for engagement!

Nee, leider nicht für mich. Verloben wollen sich Cliff und Chichi, zwei Mitglieder aus Brians Kirchengemeinde, zu deren Verlobungsfeier wir eingeladen sind. Wie Brian nun mal ist, nimmt er mich mit. Er und Bev sind in einer internationalen Kirchengemeinde, in der momentan aber nur Zimbabwer sind (oder immer?, so richtig hab ich das nicht verstanden...). Ort der Feier ist mal wieder Sandton, nun schon zum dritten Mal, genauer ein schickes Lokal in einer der größten Sandtoner Shopping Malls. Offizieller Beginn eigentlich um 6, tatsächlicher Beginn um 8 - typisch (süd-)afrikanisch, wie mir immer wieder gesagt wird. Der Clou des Abends: Alle wissen Bescheid, doch Chichi heißt Hase, sie weißt von nichts. Sie denkt, der Anlass seien irgendwelche Feierlichkeiten der Gemeinde. Nach der Eröffnung und ein paar Einführungsreden, die sich auf kircheninterne Events beziehen, schreitet Cliff, der alte Schlingel zur Tat. Er stellt sich in die Mitte des Raums, druckst ein wenig rum, bevor er Sätze wie "Darlin, it's all about you this evening" und "you're the center of my life" raushaut. Dazu immer wieder Zwischenrufe der Anderen, "Wow!", "woooh", "yeah!", "Oh my god!", lautes (schwarzafrikanisches und deutsches) Lachen. Chichi kann es unterdessen kaum fassen, noch sitzt sie kopfschüttelnd auf ihrem Platz. Schließlich bittet Cliff sie zu sich, kniet sich mit einem Knie nieder, ihre Hand haltend. Er greift in seine Tasche, nimmt den Ring und steckt ihn auf Chichis Finger - "I wanna share my life with you". Die Menge tobt, Chichi ist noch immer gelähmt vor Glück.

Das Schöne dabei: all das wirkt überhaupt nicht kitschig. Normalerweise tritt bei mir in solchen Fällen meistens das Phänomen des Fremdschämens auf, aber nein, ich stimme ein in das südafrikanische Temperament, klatsche, lache und freue mich.

Als die Glücklichen sich wieder gesetzt haben, sagen ein paar Freundinnen noch etwas über Chichi, das ist anscheinend üblich so. Sie habe immer einen romantischen Mann gewollt - da hat sie ihn! Die Älteste im Raum, mit der typischen rauen Stimme à la Miriam Makeba, Tina Turner usw. macht's kurz, spricht ihre Glückwünsche aus, lacht aus voller Brust und sagt: "I'm hungry. Let's eat!"

In einer Essenspause nimmt mich Brian zur Seite und stellt mich einem älteren Herrn vor. "That's my father". Ich lächele brav, sage hallo und tue erfreut, Brians Vater kennenzulernen, bin aber eigentlich ziemlich verwirrt. Bev frage ich: "But I thought his whole familiy is still in Zimbabwe?" "No no, he's not his real father, he's his mentor". In der Zimbabwischen Kirche, ich vermute auch in der Südafrikanischen, ist es üblich, dass Verlobte von einem älteren Ehepaar durch die Ehe begleitet werden, vor allem am Anfang. Die heißen dann "father and mother" und beraten in Fragen der Liebe, Ehe, Partnerschaft etc. Eine Art Paartherapie.

Die Feier endet mit einer kurzen "Rede" eines Herrn, der noch ein Gebet spricht, für den wunderbaren Abend dankt und schließt: "We're all excited: Who will be next?"

© Timo Eckhardt, 2010
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Eindrücke, Erzählungen, Stimmungen und Begegnungen aus Johannesburg, die etwas vom Alltag in Südafrika und seiner Kultur, Geschichte und Politik erzählen. Der Reisebericht basiert auf einem 11-wöchigen Forschungsaufenthalt in Gauteng, Südafrika und dokumentiert, was mir außerhalb der Recherche begegnet ist.
Details:
Aufbruch: 10.06.2009
Dauer: 12 Wochen
Heimkehr: 29.08.2009
Reiseziele: Südafrika
Der Autor
 
Timo Eckhardt berichtet seit 14 Jahren auf umdiewelt.