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Iran, Tage 14 bis 24 von 210
Nach der einfachen Ausreise aus der Türkei stehen wir mittags vor einem großen Stahltor. Dahinter liegt der riesige Iran und von einem gewaltigen Banner schaut uns schon ein ernster Komeni vor einer aufgehenden Sonne entgegen. Von der wartenden Menschenmenge werden nur wir durch das kurz geöffnete Tor gelassen. Es begint eine komplizierte Einreise, die vor allem durch Papierkram des Zolls für den LKW in die Länge gezogen wird. Insbesondere gehen mir dabei aufdringliche Schlepper auf die Nerven während ich versuche darauf zu achten, dass mit dem Carnet kein Unsinn gemacht wird, das wäre fatal.
Nach etwa zwei Stunden sind wir fertig. Jetzt beginnt am letzten Schlagbaum noch ein ärgerliches Theater. Es laufen eine Menge merkwürdiger Gestalten herum, die angeblich Polizei und sonst was sind. In der Regel sind sie mit einem verstaubten Anzug und Badelatschen ausgerüstet. Wir brauchen noch irgend einen Stempel (und können leider nie lesen, was irgendwo geschrieben steht). Nik und ich versuchen am so genannten "Terminal" der Sache auf den Grund zu gehen. Wir sollen umgerechnet 1093 Euro bezahlen um am Ende den Stempel zu kriegen. Wir vermuten das Dieselkontingent dahinter, und versuchen vier Stunden lang die für uns nicht notwendige Karte zu umgehen. Letztendlich hilft ein deutsch sprechender türkischer Spediteur engagiert bis fast zur Schlägerei und wir erfahren, dass es nicht um die Dieselkarte geht, sondern eine neue Gebühr, die auf alle einreisenden LKW erhoben wird. Das können wir nicht umgehen, bitter. Zwei Dieselkarten mit zusammen 1000l Kontingent kriegen wir außerdem. Rührend aber die ganze Zeit vor allem die türkischen Trucker, die alles stehen und liegen und ihr Essen kalt werden lassen, wenn sie helfen wollen.
Nach letztem Gezeter am Schlagbaum sind wir dann gegen 17.00 Uhr endlich durch, unser netter Helfer Korey fährt bei uns mit und wir fahren seinem LKW hinterher Richtung Tebriz und Teheran. Seine Hilfe war Gold wert und wir hängen uns zunächst an ihn ran. Seine LKW fahren von Deutschland in Iran und Irak, daher kennt er sich aus und wir erfahren viele wichtige und lustige Dinge über den Iran. Er selbst war lange in Deutschland, leider können wir mit seinem spaßigen Fahrer kein Wort wechseln. Korey, der Fuchs, versorgt Nik un Martin auch mit Whiskey.
Im Iran gibt es keine Diesel-PKW, daher gibt es Diesel nur einigen wenigen großen Tankstellen für LKW und er ist bis Teheran so knapp rationiert, dass es nur jeweils 100l auf einemal gibt. Korey kann für seinen LKW und uns 200 und am nächsten Morgen nochmal 300l "klarmachen". Da wir mit den letzten 20 bis 30 Litern im Iran ankamen ist das ein sehr angenehmes Gefühl und wir bezahlen umgerechnet fünf Euro dafür; damit kann man leben. Alles wird von unseren Karten abgebucht. Der iranische Diesel stinkt übrigens höllisch, ebenso alles, was damit je in Berührung war.
In dem Chaos auf und neben den Straßen sehen wir nur noch wenige Frauen, alle schwarz verhüllt. Und hier ist jeder dritte LKW auch ein Mercedes Kurzhauber, teilweise fabrikneu, meist aber die Zwei- und Dreiachser der schweren Baureihe mit 12l Hubraum.
Vor Teheran am zweiten Tag trennen wir uns von Korey, wir wollen weiter nach Süden Richtung Esfahan. Die zweite Nacht stehen wir an einer schönen alten Kawaranserei, von der ich GPS-Koordinaten bekommen habe. Über Saveh geht es am nächsten und übernächsten Tag weiter nach Esfahan. Hier fährt Martin zum ersten Mal, im Iran interessiert sich kein Mensch für etwas wie Führerscheine. Wieder nach GPS-Koordinaten finden wir schnell einen empfohenen Hotelparkplatz und können hier Waschräume nutzen.
Im Hotel, bei dem wir stehen, können wir WLAN empfangen und ich erfahre per E-Mail von weiteren Rationierungen, Subventionskürzungen (Treibstoffe und Lebensmittel sind hoch subventioniert und die Preise staatlich festgelegt) und sich daraus ergebenden Unruhen im Iran. Da aber viele Seiten gesperrt sind kriege ich darüer nichts weiter heraus. Es ist immer mühsamer englisch sprechende Leute zu finden und entsprechend langsam bekommen wir Informationen, die sich teilweise widersprechen. Insbesondere interessiert uns natürlich die Verteuerung für Diesel. Aber die einen haben keine Ahnung, und die Trucker und Tankwarte wollen einen natürlich übers Ohr hauen.
In der Innenstadt liegt der beeindruckenden Emam-Square mit dem Palast der alten persischen Herrscher und zwei Moscheen. Inzwischen ist hier ein großer Bazar. Nik ist begeistert, als er den Gewürzbazar entdeckt und ersteht einige Spezialitäten- ich bin gespannt! Viele Iraner sprechen gezielt Eurpäer an, um Englisch zu üben. Unter anderem zeigt uns Hamed, ein Medizinstudent, ein Restaurant. Wir hocken im Schneidersitz auf großen Plattformen und verspeisen was uns empfielt. Zu allem gibt es das hier übliche, dünne Fladenbrot. Das ebenfalls übliche Getränk stammt wohl von Milch ab und schmeckt gleichsam salzig, sauer und süß. Mir gefällt es, Martin und Nik überhaupt nicht. Sie haben auch seit dem ersten Tag im Iran Probleme mit dem Bauch, da ist wohl etwas verwandtes von saurer Milch nicht förderlich. Meinem von Nik so genannten "Kuhmagen" geht es aber prima- ich bin da ja auch recht schmerzfrei...
Hamed erzählt uns viel und ist auch sehr interessiert. Er will eine Zeit in Deutschand studieren und fragt uns Löcher in den Bauch.
Sehr lustig war die Rückfahrt im Taxi zum weit entfernten Hotel. Mit dem Fahrer wurde der eigendlich zu hohe Preis von 5000Tumen (=50000Rial =4Euro) abgemacht. Einen Kilometer vor dem Ziel, zu dem Nik ihn per GPS lotst, bleibt das Auto stehen; der Tank ist leer. Aus der 1,5l-Plastikflasche wird nachgefüllt und es geht weiter. Am Ende verlangt der Fahrer mehr Geld, weil er ja tanken musste, das wusste er ja vorher nicht. Wir haben lange nicht mehr so gelacht und sind mit guter Laune ins Bett gegangen.
Von Hamed werden wir zu einer englischsprachigen Diskussionsrunde eingeladen. Wir sind sehr zurückhaltend. Das Thema: "Relationships between boys and girls", genau darüber wollten wir schon immer im Iran lauthals und öffendlich Parolen rufen! Andererseits stelle ich mir sehr spannend vor einmal dabei zu sein, vor allem Nik ist aber überhaupt unbegeistert davon. Wir einigen uns darauf hinzugehen, wir MÜSSEN ja nichts sagen (dachten wir wenigstens). Am nächsten Tag fahren wir zur Uni und werden zuerst vom sehr netten so genannten "Master" in dessen Büro eingeladen. Er hat in Ungarn studiert und lehrt hier Englisch, in diesem Sinne führt und leitet er auch die Diskussionen und unterhält sich im Vorraus mit uns darüber. Jetzt sind wir etwas sensibilisiert, welche Punkte für Iraner wichtig sind. Im AudiMax wollen wir uns dann schlicht hinsetzten, aber so einfach geht das nicht. Wir kommen auf die Bühne als Programmmittelpunkt, mit Mikrophon und allem, was dazu gehört, direkt neben den moderierenden "Master". Zu Begin stellen wir uns kurz vor. Dann wird eingeleitet über die unterschiedliche Schwerpunktsetzung hierzulande und in Deutschland. Weiterhin spricht hauptsächlich der Moderator oder wir beantworten Fragen und ich habe nicht das Gefühl, dass die Masse der etwa achtzig Anwesenden sprachlich folgen kann. Des weiteren merken wir, dass die meisten Fragen (Männlein wie Weiblein) auf Dating-Tips hinauslaufen
Insgesammt aber spannend zu sehen, wie der Iran hier einen Umbruch durchläuft, in den Köpfen scheinen die Konventinen aufzuweichen.
Auf der Rückfahrt (die beiden großen Drucklufthupen sind ihren Aufwand wert) mit Hamed und noch zwei Freunden von ihm im LKW fahre ich gerade über eine Kreuzung. Dahinter wird die Straße durch die üblichen Betonschikanen schmaler. Plötzlich ruckt das Lenkrad zweimal und es gibt einen reißenden Knall von rechts. Das Taxi rechts neben uns ist gegen unser rechtes Vorderrad gerummst. NEIN! Nicht das! Auch wenn der Trottel Schuld ist, wenn uns irgendwas angehängt wird können wir nichts dagegen machen. Der Taxifahrer setzt seine Insassen auf die Straße und schickt sie mit dicken Stapeln Rialscheinen weg- Zeugenbeseitigung. Da der LKW die Straße zumacht und sich hupende Busse und Autos stauen fahre ich ein Stück weiter. Nik und ich überlegen einfach weiterzufahren, lassen es natürlich bleiben (Wäre auch gemein den ausgestiegenen Hamed dazulassen). Beim Taxi ist die hintere linke Tür vernichtet und das Heck hinten links zerknautscht (so fahren die doch sonst auch immer?!). Am LKW sieht man etwas abgewischten Staub am Reifen... Da hat einer gegen eine Grundregel verstoßen und versucht im PKW einen LKW abzudrängen, und als das natürlich nicht klappte ist er trotzdem rüber gefahren.
Nach viel Palaver, bei dem Hamed Gold wert ist und Bauarbeiter und Unbeteiligte den Taxifahrer kleinreden, können wir weiterfahren, der Taxifahrer hat die Alleinschuld bekommen. Das war also der erste Unfall. Nette Polizei übrigens!
Am nächsten Morgen fahren wir weiter nach Osten Richtung Pakistan. Auf dem Weg kriegen wir noch von drei LKW Fahrern aus ihrem Tank Diesel geschenkt, warum ist mir nicht klar. Aber wir kriegen keine belastbare Auskunft über den Dieselpreis. Bis Kerman fahren wir und bleiben den nächsten Tag dort für Organisations- und Bastelarbeiten. Außerdem ist der erste Weihnachtsfeiertag, was aber im Grunde genommen an uns vorbei geht. Danach geht es weiter mit Kurs auf Zahedan vor der Grenze, wenn möglich wollen wir auch noch über die Grenze. Kurz vor Zahedan kriegen wir aber die befürchtete Eskorte auf den Hals, angeblich zu unserer Sicherheit in Beluchistan. Das sieht so aus, dass ein Pickup vor oder hinter uns her fährt mit einer bis drei Gestalten in wilden Tüchern und Gewehr auf dem Schoß auf der Ladefläche. Doof ist, dass die Übergabe an die nächste Eskorte immer ewig dauert, noch ärgerlicher ist, dass sie unsere Pässe an sich genommen und uns damit in der Hand haben.
In Zahedan müssen wir dann vor der Polizeistation stehen, die unsere Pässe verwahrt. Nett werden wir darauf hingewiesen, dass wir den LKW diesen Abend nicht mehr verlassen dürfen.
Doch unsere Neugierde ist damit natürlich nicht zufrieden zu stellen und wir machen uns auf eigene Faust auf den Weg in die Stadtmitte. Dort angekommen kümmern wir uns um das leibliche Wohl und tätigen noch ein paar Einkäufe. Als es dann um dem Rückweg zu Berta geht, ergeben sich die ersten Schwierigkeiten, da der Taxifahrer unter keinen Umständen verstehen will, wo wir hin wollen. Es mag auch daran liegen, dass wir keine genaue Adresse unseres Stellplatzes haben, jedenfalls hält er an der nächsten Polizeistation und übergibt uns der dortigen Zuständigkeit. Der Polizist ist jedoch sehr engagiert und macht ein paar Anrufe, bis er die Polizeistation mit dem großen roten Truck davor herausgefunden hat. Als nächstes stellt er sich breitbeinig auf die Straße und hält irgendein x-beliebiges Auto an, das uns zur gesuchten Polizeistaion bringen soll. Als wir dort ankommen zeigt sich leider, dass es doch nicht die richtige Adresse war. Also verbringen wir die nächste Stunde damit den Polzisten erneut zu erklären, wo wir hin müssen. Selbst wildes Zeigen auf dem GPS-Display hilft nicht mehr weiter. Einfach gehen ist leider auch nicht mehr drin, da die Polizisten uns ohne Eskorte nicht mehr weg lassen. Nach viel Diskutieren haben wir sie soweit, dass sie uns vorfahren lassen und nach insgesamt zwei Stunden geht unsere Odysee zu Ende.
Am nächsten Tag ging es in der Frühe in Richtung Grenze, die wir gegen Mittag erreichten.
Damit endete unsere Zeit im Iran.
Liebe Grüße,
Nils
Aufbruch: | 24.11.2010 |
Dauer: | 7 Monate |
Heimkehr: | 30.06.2011 |
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