Marokko - Erinnerungen nach dreißig Jahren
Fremde Schatten
In Gerona oder Tarragona bin ich drei Jungs begegnet. Wir verabredeten, uns in vier oder fünf Tagen in Algeciras wieder zu treffen. Lediglich einer von ihnen kam außer mir dort an. An seinen Namen kann ich mich ebenso wenig erinnern wie an den Namen eines zweiten Reisegefährten mit dem zusammen wir die Fähre nach Ceuta nahmen, der spanischen Exklave am nördlichen Zipfel Marokkos, von der aus wir dann ins Landesinnere gestartet sind.
Es begann bereits zu dämmern, als wir uns schließlich am Grenzübergang eingefunden hatten und versuchten drei Mann hoch einen Wagen anzuhalten. Lange dauerte es nicht, dann hielt ein Spanier an und nahm uns in seinem 2 CV mit. Er hatte die Rücksitze ausgebaut, d. h. nur sein Beifahrer konnte sich's bequem machen, die beiden anderen mussten zusehen, dass sie mit ihren Rucksäcken als Sitzunterlage zurecht kamen. Bei den ohnehin schlechten Straßen war diese Übung eine dauernde Tortur. Mit dem Spanier hatten wir dennoch Glück, denn er fuhr in einem Rutsch zunächst bis Marrakesch und dann, nachdem ein Los entschieden hatte, noch mit zweien von uns bis M'hamid, also quer durch Marokko.
Ich weiß nicht mehr, wie weit und wohin wir an diesem ersten Abend kamen. Nur, dass es bereits dunkel war, als wir in einer kleinen Kaschemme landeten, gebackenen Fisch aßen und ich naiverweise nach Besteck fragte, das es natürlich nicht gab. Den Wagen stellten wir an einem kleinen Hafenbecken ab. Weil in einiger Entfernung noch ein einzelnes Feuer brannte, um das zwei schattenhafte Gestalten huschten, hielten wir es für ratsam Nachtwachen aufzustellen. Es blieb beim guten Vorsatz, denn schon nach einer knappen Stunde schliefen wir alle fest und tief. Am nächsten Morgen luden uns die beiden Männer zum Pfefferminztee ein, Bauarbeiter, die hier campierten und die zu meiner großen Verwunderung glühende Holzkohlen in die Hand nehmen konnten - so schwielige Hände hatten sie.
Man musste, wenn man von Europa herüberkam, wirklich glauben, in eine ganz andere Welt verschlagen worden zu sein: Männer in hellen Kuttengewändern mit einer bestickten Kappe oder einem Tuch um den Kopf, Frauen in meistens beigen oder mausgrauen Kleidern mit bonbonfarbenen Schleiern vor Nase und Mund. Ich muss später selbst einigermaßen exotisch ausgesehen haben in einer himmelblauen Chalabia und meinen langen blonden Haaren. Einer aus unserer Dreiergruppe (er stammte, glaube ich, aus dem Ruhrgebiet) lief dagegen dauernd in seinen kurzen bajuwarischen Lederhosen herum - für die Marokkaner ein ungewohnter Blickfang.
Aufbruch: | Juli 1969 |
Dauer: | circa 5 Wochen |
Heimkehr: | August 1969 |
Spanien
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