Marokko - Erinnerungen nach dreißig Jahren
Ein Camembert
Am nächsten Morgen wechselte ich die letzten zwei Scheine, die ich übrig behalten hatte, 20 Mark, glaube ich. Der Franc war gerade abgewertet worden und mein Geld vermehrte sich dadurch. Ein Baguettebrot, eine Flasche Milch und ein Stück Käse reichten zu meinem Glück. Ich ging wieder zu jener Bank zurück, auf der ich den Rest der Nacht verbracht hatte, aß mit viel Genuss und könnte heute schwören, dass jeder, der vorbei ging, mir guten Appetit wünschte. Danach fuhr ich noch einen Tag nach Paris, wo ich unterm Eiffelturm schlief und die ganze Stadt ausschließlich zu Fuß durchquerte, und brauchte einen weiteren Tag, um zur Grenze zu gelangen.
Mir fallen noch ein paar weitere Episoden ein, wenn ich zurückdenke, die aber letztlich zu belanglos sind, um sie alle zu erwähnen. Ich war neunzehn und es war meine erste größere Reise, die erste jedenfalls, die ich alleine gemacht habe, und das ist ein bisschen so wie die erste Liebe. Man ist unfertig, verträumt, kühn und ängstlich zugleich und hungrig auf eine Welt voller Turbulenzen und Abenteuer.
Und dabei doch auch entsetzlich bieder. An der deutschen Grenze hatte ich noch zwei oder drei Franc. Was sollte ich dafür kaufen? Ich fand es à la française das Geld für einen Camembert auszugeben. Das war mein Reisemitbringsel.
Die Route:
Neustadt/Weinstraße - Paris - Vichy - Clermont Ferrand - Perpignan - Gerona - Barcelona - Tarragona - Castellon de la Plana - Valencia - Alicante - Murcia - Granada - Malaga - Algeciras - Ceuta - Tétouan - Kenitra - Rabat - Casablanca - Marrakesch - Quarzazate - Zagora - M'hamid - Marrakesch - Tanger - Ceuta - Sevilla - Madrid - Bayonne - Bordeaux - Angoulême - Poitiers - Tours - Orléans - Paris - Meaux - Neustadt/Weinstraße.
Gefahren anno '69, zum größten Teil per Autostopp. Wiedererinnert 1999.
Aufbruch: | Juli 1969 |
Dauer: | circa 5 Wochen |
Heimkehr: | August 1969 |
Spanien
Frankreich