Glück und Glas
Irkutsk und die Insel Olchon
Tag 90 bis 100: Das Paris des Ostens und die Perle Sibiriens
Die Gruppe der Backpacker lässt sich in zwei Kategorien untergliedern. Da wäre zum einen Teil der "Extrem-Individual-Backpacker", der auf seiner Reise am liebsten alleine um die Welt zieht und Orte fern ab jeglicher touristischer Highlights sucht. Dabei versucht er um jeden Preis nicht als Tourist, sondern möglichst "einheimisch" rüberzukommen und fühlt sich erst dann wohl, wenn es weder englische Speisekarten noch warme Duschen gibt. Der andere Teil zählt überhaupt nur zu der Gruppe der Backpacker, weil er mit einem Rucksack reist, denn das ist praktischer als mit einem Koffer - ich nenne diese Kategorie an dieser Stelle den "Durchschnitts-Backpacker". Er reist lieber in Gesellschaft, nimmt auf jeden Fall die Top 5 Highlights des Reiselandes mit und freut sich ab und zu auch mal neben der einheimischen Küche über einen Teller Spaghetti oder einen Burger.
Um es kurz zu machen: Der "Extrem-Individual-Backpacker" dürfte sich in Sibirien auf Anhieb sehr wohl fühlen, denn es gibt viel Land ohne Leute und wenig touristische Infrastruktur. Der "Durchschnitts-Backpacker" hingegen steht erst mal wie der Ochs vor dem Berg und fragt sich, wie er drei Wochen in dieser Region durchstehen soll. Und so erging es mir als "Durschnitts-Backpacker" bei meiner Ankunft in Irkutsk. Russland ist einfach russischer als erwartet.
Glücklicherweise treffe ich direkt am ersten Tag in meinem Hostel einige "Durchschnitts-Backpacker", denen es wie mir geht. Da Irkutsk in den Reiseführern als "Paris des Ostens" beschrieben wird, begeben wir uns auf einen Stadtbummel und stellen fest: Stimmt nicht ganz, aber es ist trotzdem schön. Irkutsk hat weder internationale Buchläden noch nette Kneipen aber dafür schöne Kirchen und ein Deutsches Wirtshaus mit Biergarten, in dem wir uns ein Hefeweizen gönnen.
Durchschnittsbackpacker im Biergarten in Irkutsk.
Irkutsk feiert dieses Jahr seinen 350sten Geburtstag. Das bedeutet wöchentliche Paraden und Feuerwerk.
Für den nächsten Tag steht die Weiterreise an den Baikalsee, der "blauen Perle Sibiriens", zur Insel Olchon an. Der Baikalsee ist ein See der Superlative. Mit einer Tiefe von 1637 m, und einer Fläche, die der Größe von Belgien entspricht enthält er mehr Wasser als alle fünf Großen Seen Nordamerikas zusammen. Auf Olchon habe ich ein Zimmer im Nikita's Homestead reserviert. Und "Bingo" - die Unterkunft ist ein Volltreffer, denn das Nikita's entpuppt sich als eine Art "Robinsonclub" Sibiriens. Es gibt ein großes Angebot an Ausflügen, Vollpension, Folkloreabende und jeden morgen Yoga. Das hört sich vielleicht etwas seltsam an, aber es war wirklich schön. Mit einer bunt gemischten Truppe bestehend aus vier Unternehmensberatern aus Frankfurt, einem walisischen Lebensretter-Trainer und einer Australierin, die wie ich auf Weltreise ist, verbringe ich eine entspannte Woche mit Ausflügen über die Insel, Wanderungen und Karten spielen.
Der erste Eindruck von Olchon war eher bescheiden. Habe ich das Ende der Welt etwas schon erreicht?
Im Nikitas sammeln sich die "Durchschnitts-Backpacker" für das Ausflugsprogramm. Die Extrem-Individualisten streifen hingegen einsam über die Insel und übernachten am Strand.
Darf ich vorstellen? Mein neuer Freund Sergej.
Der Folkloreabend im Nikitas.
Die Sonnenuntergänge auf Olchon sind spektakulär schön.
Zum Sonnen genau richtig - zum Baden zu kalt.
Die Steilküste auf Olchon ist wunderschön und optimal zum Wandern.
Den sibirischen Bären habe ich leider noch nicht gesehen, dafür aber das hier.
Fünf Freunde und das Abenteuer in Sibirien.
Das Highlight dieser Woche ist ein Ausflug zu einem Nomadenfest der Burjaten, bei dem Schamanen um Regen beten, Burjaten ihre Männlichkeit beim Steinweitwurf und Wrestling unter Beweis stellen und die schönsten Burjatinnen sich bei einer Misswahl zur Schau stellen. Nach neun Tagen bin ich voll akklimatisiert und weiß die Einzigartigkeit und Schönheit der Baikalregion zu schätzen. Auch wenn es "Liebe auf dem zweiten Blick" war, der "Durchschnitts-Backpacker" ist in Sibirien gut aufgehoben.
Die Schamanen rufen den Regen herbei. Hat an dem Tag sogar noch geklappt.
Aufbruch: | 07.03.2011 |
Dauer: | 7 Monate |
Heimkehr: | 15.10.2011 |
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