Allein auf Tour in den ukrainischen Karpaten
sponane Autotour in die Karpaten
Auf der Europastraße düsen wir gen Süden.
Der Vekehr hält sich in Grenzen und so eine gute Straße habe ich bisher in der Ukraine auch noch nicht gesehen. Nach etwa 100 Kilometern hält der Professor an. Jetzt brauchte er eine Karte.
Mit meiner Fahrradkarte kann ich aushelfen, aber das Wort Huzne in kyrillisch suchen die beiden mehrere Minuten. Wegweiser auch hier unbekannt, das kenne ich schon, also fragt man die Leute an der Straße. Es sind nur noch 12 km, aber mit dem Auto noch schwerer zu fahren als mit dem Rad.
Weiche mal mit 4 Rädern gleichzeitig diesen vielen Schlaglöchern aus! Der Professor schafft es meistens mit Bravour, ein hochkonzentriertes Slalomfahren!
Unsere Unterkunft läßt keine Wünsche offen. Das Wasser für die Dusche kommt von einer Quelle hinterm Haus. Die Naßzelle ist auch als Dampfbad benutzbar.
Kaum ist das Auto eingeparkt, bereitet der Professor das Abendessen vor. Unmengen Zwiebeln, Gurken und Butter wandern in einen Topf, der für die Verpflegung einer ganzen Kompanie ausreichen würde. Sergej und ich dürfen nur Statisten spielen.
Der Tee, den wir dazu trinken, stammt aus diesem Garten. Ein Griff in die richtigen Kräuter, und schon hat man die passenden Teeblätter
Kaum zu glauben, dass vom Essen hinterher nichts übrig bleibt. Abwaschen ist Aufgabe von Sergej und mir, der Professor legt sich hin und schläft bis morgen früh. Da es schon früh dunkel wird, ziehe ich mir auch den Schlafsack über die Ohren und schlafe himmlisch.
Die Hauptstaße von Huzne. Wenn mal ein Fahrzeug hier langkommt, dann sieht man es an der Staubwolke dahinter
Auch die Brücke über den Bach zum Haus ist selbstgemacht - aus Leitplanken einer unbekannten Autostraße !
Der Bürgermeister hat ein Anliegen. Ein echter Professor in seinem Dorf muß entsprechend empfangen werden.
Wir werden in die Schule gebeten, wo wir im Direktorzimmer bei einem Tee Platz nehmen und man uns erzählt, was hier einmal war: Eine Schule mit Internat mit 400 Schülern, heute sind es noch 100, das Internat steht leer.
Man möchte es wiederbeleben, vielleicht als Jugendherberge oder Wandererhotel. Im Winter wäre hier ein ideales Skigebiet.
Wenn die Gemeinde hier etwas auf die Beine stellen würde, dann würde der Staat vielleicht auch die Straße hierher ausbauen.
Die Wände der Schule sind bestückt mit gestickten Bildern, die im Handarbeitsunterricht hergestellt wurden.
Vor den Schülern hält der Professor eine kleine Stegreifrede, die wohl gut ankommt, jedenfalls gibt es anschließend Applaus. Ich sage noch ein paar Begrüßungsworte auf deutsch und danke für die Gastfreundschaft, die ich auf meiner Radtour auf den Nachbardörfern überall erfahren habe.
Der Gemeinschaftsraum ist liebevoll dekoriert mit selbstgebastelten Matten, Wanddekor, Blumen und geschmiedeten Ornamenten. Die Schüler sind stolz auf "ihr" Zimmer. Sie halten es selbst in Ordnung, Vandalismus ist hier unbekannt, Spraydosen ebenso.
Beim Rundgang in den Klassenräumen sind wir erstaunt über die gute Ausstattung der Schule mit Lehrmaterial und über die hohen Anforderungen, die hier in Mathematik gestellt werden. Die Schule führt bis zur 11.Klasse, sagt man uns
...aber auch schon vom Zahn der Zeit gekennzeichnet. Entweder geschieht hier bald etwas, oder es ist zu spät, sagt der Bürgermeister und versucht alles, um Interessenten für das Haus zu finden
Im Gemeindebüro, einem einfachen Raum in einer Holzbaracke, erfahren wir mehr über das Schicksal dieser immerhin schon fast 450 Jahre bestehenden Siedlung. Man lebte von Landwirtschaft, Holzfällen und -bearbeitung. Bis heute hat sich daran nichts geändert. Vor dem Wappen von Huzne posiert der Bürgermeister. Der spitze grüne Hügel im Wappen symbolisiert den Berg Pikuj, den man von hier aus in 2 bis 3 Stunden besteigen kann.
Im Tanta Emma Laden wird das Bier vom Faß gezapft. Der halbe Liter frisch für umgerechnet 38 Euro-Cents.
Die Kneipe des Dorfes vor dem Tante-Emma Laden.
Es hat sich sofort herumgesprochen, dass der Professor hier zu Besuch ist. Sofort findet er Kontakt.
Wir machen noch einen Spaziergang oberhalb des Dorfes, den uns der Bürgermeister nahegelegt hat. Das ist nur zu Fuß zu machen, denn es gibt nur schmale Pfade, die von den Bauern benutzt werden, um zu ihren Feldern zu kommen.
Brombeeren sollten wir dort oben finden, aber sie sind restlos abgeerntet.
In sanfte Hügel eingebettet liegt das Karpatendorf Huzne. Vom Wald ist in 450 Jahren nicht viel übrig geblieben. Die Landwirtschaft, wie sie hier betrieben wird, würde die Herzen Bio-Begeisterter höher schlagen lassen.
Aber wir waten durch dichtes Gras, das von allen nur erdenklichen Pflanzen durchsetzt ist und kommen mit den Frauen beim Kartoffelenten ins Gespräch.
Die Artenvielfalt ist kaum zu überbieten: Ein Stück Karpatenwiese, gelegentlich von Rindern beweidet.
Normale Erträge dieses Jahr sagen sie. Wir blicken in die Eimer: da liegen sie, nach Größe sortiert, angefangen bei Bohnengröße, aber viel größer werden sie auch nicht. Einige liegen daneben- matschig, nicht genießbar. Hier möchte ich nicht Bauer sein......
Mühsame Kartoffelente von Hand. Die Knollen hängen an verfilztem Unkraut fest und müssen freigeschaufelt werden. Die Ausbeute ist mehr als bescheiden: Handelsklasse A ist unbekannt.
Für morgen ist ergiebiger Regen angesagt. Sergej rät mir dringend davon ab, morgen mit dem Rad weiterzufahren. Aber ich muß doch zurück, und bis zum Bahnhof Syanki sind es doch nur 42 km von hier, das ist doch zu schaffen.
Jetzt weiß ich, weshalb die Dächer der Häuser so weit über die Wände hinausragen: Dachrinnen gibt es nicht, das runterlaufende Wasser soll aber nicht die Wand befeuchten
Am nächsten Morgen regnet, nein gießt es in Strömen.
Der Bach vor dem Haus ist schon braun und angeschwollen. Der Professor schlägt vor, mich mit dem Auto bis zum nächsten Grenzübergang zu fahren.
Ich lasse mich gern überreden und lerne nun die 42 km bis Syanki vom Auto aus kennen: Eine Straße, die den Namen nicht verdient, mit Schlaglöchern übersät und sie überquert mehrere Pässe.
Das wäre mit dem Rad ein mühsames Tagesprogramm geworden. Für die 42 km brauchen wir 1 1/2 Stunden.
Dann sind wir noch weitere 60 km auf der "Hauptstraße" von Lemberg nach Uzgorod, die ich zum Teil schon von meiner Radfahrt vorher kenne.
Aber nun stehen die Schlaglöcher alle voll Wasser und mit 4 Rädern bleibt dem Professor oft keine andere Wahl als mindestens durch ein Loch durchzufahren.
Gut, dass auf den Gefällestrecken das Wasser abläuft, später im Tal des Uz wirds etwas besser.
50 Meter vor dem Grenzübergang holen wir mein Rad und das Gepäck aus dem Anhänger.
Ich schnalle alles auf, dann kommt ein herzzerreißender Abschied. Allen hat es gefallen und ich verspreche, bald mal wiederzukommen.
Aufbruch: | 27.08.2011 |
Dauer: | 16 Tage |
Heimkehr: | 11.09.2011 |
Rumänien
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