Baltikum-Rundreise: Litauen – Lettland – Estland
Vilnius - Europapark (Litauen)
Sonntag, 22.05.2005 Danzig - Vilnius (570 km)
Ein weiterer Fahrtag steht uns bevor. Nach einem reichhaltigen Frühstück geht es bereits um 7:30 h los. Für eine Besichtigung des Schlosses Oliwski nebst Schlosspark, Kathedrale und Klosteranlage ist es leider noch zu früh. Der Blick, den wir auf das Schloss erhaschen können, ist aber viel versprechend.
Bei ähnlich schönem Wetter wie am Vortag fahren wir durch die Landschaft. Heute sehen wir noch viel mehr Störche, was die Erläuterungen aus unseren Reiseunterlagen stützt. Demnach nistet ein Drittel der weltweiten Population an Weißstörchen (ca. 50.000 jährlich) - aus wissenschaftlich bislang ungeklärten Gründen - auf polnischem Boden. Es wundert also nicht, dass jede Siedlung mindestens ein Storchennest aufweisen kann. Die Störche kehren im Frühjahr aus ihrem Winterquartier zurück und sind zunächst mit dem Nestbau beschäftigt. Die Horste haben einen Durchmesser von 90 - 200 cm und wiegen zwischen 500 und 1.250 kg. Ende Mai kann man die Weißstörche beim Nisten beobachten.
Auch heute fällt es uns nicht schwer, einen idyllisch gelegenen See für eine Picknickpause zu finden. Von dem -durch den nicht sehr ökologie-orientierten Kommunismus-geschädigtem Ökosystem und der damit verbundenen Umweltverschmutzung spüren wir erstaunlicherweise nicht viel. Entweder haben die durch EU-Gelder ermöglichten Kläranlagen und Aufforstungen schon spürbar gefruchtet oder das von uns durchfahrene Gebiet war weniger stark betroffen.
Nach ca. 370 km erreichen wir die polnisch-litauische Grenze bei Suwalki. Die Grenzpassierung ist völlig unproblematisch, seit dem EU-Eintritt am 1.5.2004 reicht der Personalausweis. Nun müssen wir noch die Uhr (eine Stunde Zeitverschiebung) vorstellen.
Dorf in Litauen
In Litauen fällt uns zunächst auf, wie flach die Landschaft ist. Nur wenige sanfte Hügel durchziehen die Landschaft. Die höchste Erhebung des Baltikums ist übrigens keine 350 m hoch. Auffällig ist auch, dass es verglichen mit Polen kaum eine landwirtschaftlich orientierte, dörfliche Struktur gibt. Das Leben spielt sich in ärmlich wirkenden Ortschaften ab. Auf Bundesstraßen kommen wir einigermaßen zügig voran, bis wir ca. 40 km vor Vilnius bedingt durch eine Baustelle unsere geplante Route nicht fortsetzen können. Nachdem wir uns zusammengereimt haben, das "Apylanka" Umleitung bedeuten muss, folgen wir dieser und haben unseren ersten Kontakt mit Schotterpisten.
Nach fast achtstündiger Fahrt erreichen wir endlich die Hauptstadt Litauens. Eine nur eingeschränkt vorhandene Ausschilderung des Zentrums macht uns das Leben schwer, so Im Vorfeld hatten wir zwei Übernachtungen im ****Hotel Mabre Residence gebucht. Dieses liegt direkt in der Altstadt in einer ehemaligen Klosteranlage. Bei einem ersten Altstadtrundgang überrascht uns, wie westeuropäisch Vilnius wirkt. Die Stadt ist im Vergleich zu den bisher gesehenen Ortschaften wesentlich reicher. Es gibt eine Vielzahl teurer Geschäfte und die Neuwagenquote ist erstaunlich hoch. Unser ungutes Gefühl, dass sich bei den Reisevorbereitungen eingeschlichen hatte, ist schnell verflogen. Ebenso die Sorge, ohne Auto die Rückreise organisieren zu müssen.
Auf der Flaniermeile Pilies gatve stärken wir uns in einem kleinen Straßenrestaurant und beobachten das bunte Treiben. Auffällig ist, dass die Frauen offensichtlich gerne zur Schau stellen, was sie zu bieten haben. Die Quote an kurzen Röcken und figurbetonter Kleidung ist hoch.
Blick auf Vilnius
Anschließend schlendern wir die Flaniermeile entlang in Richtung Stadthalle. Im dahinter liegenden Viertel haben sich die Designergeschäfte und Top-Hotels angesiedelt. Sehenswert ist hier noch das erhaltene Stadttor Ausros vartu, das von einem Madonnenbild geschmückt wird.
Montag, 23.05.2005 Vilnius - Europa Park
Am "Gotischen Winkel" beginnen wir die heutige Altstadtbesichtigung. Die barocke Kirche St. Bernardine (um 1580) verfiel unter der Sowjetherrschaft und wird noch derzeit restauriert. An den Wänden sind einige Überreste der Wandmalereien zu erkennen.
Gotischer Winkel: Kirche St. Bernardine - St. Anna
Ungewöhnlich finden wir die Bestuhlung, die aus einfachen Holzbänken ohne Rückenlehne besteht. Die dazugehörige Klosteranlage wird heute als Kunstakademie genutzt. Gleich daneben steht die wunderschöne gotische Backsteinkirche St. Anne aus (leider geschlossen). Die 1582 fertig gestellte Kirche beeindruckte angeblich schon Napoleon so sehr, dass er sie gerne nach Paris geschafft hätte.
Als nächstes erreichen wir den Burgberg und folgen dem Weg zum Oberen Schloss, von dem lediglich ein Turm sowie ein Nebengebäude erhalten ist. Im Turm ist ein Modell der ehemaligen Anlage zu besichtigen und man hat von selbigem einen schönen Ausblick auf die Altstadt und den Fluss Neris.
Auch das Untere Schloss (oder auch Großfürstenpalast) wurde fast komplett zerstört. Inzwischen hat man mit dem Wiederaufbau begonnen. Die hier ausgegrabenen Mauern gelten als die ältesten in Litauen und reichen bis zum Staatsbeginn im 13. Jh. zurück. Zum tausendjährigen Stadtjubiläum (2009) sollen die Aufbauarbeiten abgeschlossen sein.
Auf dem Vorplatz steht eine Statue des Fürsten Gediminas, dem legendären Gründer der Stadt. Dieser hatte sich nach der Jagd hier ausgeruht und dabei von einem Wolf geträumt. Eine anschließende Traumdeutung veranlasste ihn, hier eine neue Hauptstadt zu errichten.
Daneben steht die Kathedrale, beschrieben als architektonische Mischung aus griechischem Tempel und polnischem Theater.
Kathedrale
Nachdem die Sowjets sie als Museum nutzten, wurde sie 1988 wieder in eine kath. Kirche umgewandelt. Im Inneren fällt das hohe Deckengewölbe auf. Sehenswert ist die barocke St. Casimir-Kapelle, die aufwändig mit Marmor, Stuck und Silber dekoriert ist. In einem Schrein befinden sich die Gebeine des hl. Casimir - bis heute ist ungeklärt, warum dieser mit drei Händen dargestellt wurde.
Wir folgen der Gedimino prospektas. An dieser Einkaufsstraße haben sich eine Menge namhafter Geschäfte angesiedelt. Linker Hand liegt das jüdische Viertel. Hier wurde im Rahmen eines 1995 ausgerichteten Jazz-Festivals eine Frank Zappa Statue aufgestellt, die seltsam deplatziert wirkt.
Unser nächstes Ziel ist die russisch-orthodoxe St. Nicholas-Kirche, die schon von Außen durch ihre dekorative Fassade und die vergoldeten Türmen auffällt. Das Innere besteht aus einem quadratischen Gebetsraum, der mit bunt verzierten Holzvertäfelungen und Kacheln geschmückt ist.
russisch-orthodoxe St. Nicholas-Kirche
Den größten Teil der Altstadt haben wir inzwischen gesehen. Nun ist erst einmal eine Siesta am Platz vor der Stadthalle angesagt. Bei regionalen Gerichten und einem Bier betrachten wir das Treiben.
Die Lust auf etwas Abwechslung bringt uns darauf, einen Ausflug zum Europapark zu unternehmen. In diesem Zusammenhang erfahren wir, dass das geographische Zentrum Europas etwa 25km nördlich von Vilnius liegt. Nur wenige Kilometer von diesem Punkt entfernt wurde 1991 der Europapark (www.europosparkas.lt) mit dem Ziel errichtet, dem Zentrum Europas durch Kunstwerke an Bedeutung zu verleihen.
Kunstwerke im Europapark
Nach 20minütiger Fahrt erreichen wir den (leeren) Parkplatz. Die Eintrittspreise (24 Ltas/Person + 4 Ltas Parkgebühr) erscheinen uns für hiesige Verhältnisse sehr hoch. Die ebenfalls erforderliche Fotolizenz sparen wir uns. Bei blauem Himmel und ganz für uns allein erkunden wir den Park und müssen feststellen, dass die Schönheit der Parklandschaft das Geld wert ist. An die 100 Kunstwerke sind auf einer 55 ha großen Fläche zu entdecken, darunter auch einige sehr außergewöhnliche Exponate, wenn sie auch nicht alle unseren Geschmack treffen.
Kunstwerke im Europapark
Zudem wird uns an einem kleinen Tümpel ein Froschkonzert geboten und wir können den Fröschen dabei zusehen, wie sie ihre Backen aufblasen. Der Gesamteindruck des Parks ist, gerade um diese Jahreszeit, wo hier noch alles grünt und blüht, absolut sehenswert.
Zurück in Vilnius spazieren wir auf der Suche nach einem geeigneten Sonnenplatz durch die Altstadt. Hinter der St. Michael-Kirche entdecken wir das kleine Bistro St. Germain. Bei einem Käseteller und Weißwein genießen wir die letzten Sonnenstrahlen.
Aufbruch: | 21.05.2005 |
Dauer: | 15 Tage |
Heimkehr: | 04.06.2005 |
Polen
Litauen
Lettland