Chile und Argentinien 2014

Reisezeit: Januar / Februar 2014  |  von Markus Blackmar

El Calafaté

Schon beim Anflug über der sehr trockenen Ebene kann ich das türkisgrüne Wasser bewundern, das vom Lago Argentino abfliesst (dreimal so groß wie der Bodensee).
Wir fahren mit dem Shuttlebus eine dreiviertel Stunde überwiegend am See entlang, bis wir in El Calafate sind. Das Städtchen liegt überraschenderweise nicht direkt am See - hat wohl damit zu tun, daß die Verwaltung den Boom der letzten Jahre hier nicht wirklich lenken konnte oder wollte und nicht in Uferanlagen investiert hat. So sind auch die Straßen nur im Zentrum des Ortes asphaltiert, in den von der Hauptgeschäftsstraße abgehenden Fahrwegen sind noch bis zu 200 m lang Läden bzw. Restaurants usw. zu finden, nach nochmal 100 m endet dann der Asphalt und wird von einer Piste mit sehr weichem Sand abgelöst, an der Seite erscheinen wilde Wiesen und man kommt sich vor wie in einem verschlafenen Dorf.
Ich bekomme die mit Abstand größte Unterkunft meiner Reise, wenn auch nur für eine Nacht: die Hütte bzw. Bungalowhälfte hat zwei Schlafzimmer, eine Küche mit Tisch und eine kleine Badewanne im Bad.
Die Lage der Unterkunft jenseits des Flusses hat allerdings noch gewisse Folgen, als ich das erste Mal ins Zentrum gehe. Ich habe zwar die Kopie eines gezeichneten Stadtplanes, beachte aber die gezeichneten Brücken über eine kleinen Fluss nicht richtig. Ein kleiner Weg am Ende einer Sackgasse führt zum Fluss hinunter. Beschattet von Bäumen sehe ich auf beiden Seiten Kinder spielen und fischen. Ich überquere den Fluss auf einem niedrigen Brett, wobei ein Fuß etwas nass wird. Leider frage ich die Kinder nicht, wie ich laufen muss, sondern stapfe einfach duch das Gebüsch entlang los, zwischen Zäunen und Fluss. Dann versperrt ein höherer Maschendrahtzaun den Weg. Ich komme mit meinen ziemlich klobigen Schuhen zwar an einem Metallpfosten entlang hoch, sitze beim Überqueren des Zaunes aber fest, als sich die spitzen Enden des Zaunes in meine Hose bohren. Minutenlang versuche ich die Haken aus meiner Hose zu bekommen, ohne daß sich neue hineinbohren, reiße mir dabei auch die Haut am Handteller auf. Schließlich komme ich über den Hof eines mehrstöckigen Wohnhauses hinaus auf die Straße. Die Menge an Reiseveranstaltern und auch relativ teuren Läden in der Hauptgeschäftsstraße überrascht mich. Quasi alles, was sich mit Patagonien in Verbindung bringen lässt, wird hier als Souvenir verkauft, auch Süßigkeiten sind weit verbreitet, am Häufigsten die mit Caramel gefüllten Alfajores. Und so wollen die meisten größeren Läden auch an Allem verdienen, bieten zusammen Stofftiere, Bilder, Bücher, Schmuck, Outdoor - Artikel, Textilien, Süßigkeiten und Musik an.

Die Reisebüros vermitteln zu über 90 % die identischen Touren weniger Veranstalter, ich kaufe eine Kombination von zwei Tagestouren.
Abends erzähle ich der kroatischen Eigentümerin des Hotels, daß die meisten Unterkünfte in El Calafate (mit ebenfalls knappen Unterkünften) keine Reservierung ohne Anzahlung angenommen haben; auch sie schimpft über stornierte bzw. nicht wahrgenommene Reservierungen (deshalb auch die eine Nacht im Bungalow) und sagt, wie würde am Liebsten keine Reservierungen mehr annehmen - ich sehe hier deutliche Anzeichen von zuviel Temperament und zu wenig analytischem Denken - ohne Reservierungen haben sie ja kaum eine bessere Auslastung und nicht weniger Arbeit. Meine gerissene Hose bringt sie in die Näherei, da sie selbst nicht nähen kann.

Di 28.1.
Ich werde wieder von einem Kleinbus abgeholt, zum ersten Mal wird das Buchungsticket verlangt und wir steigen dann auch in einen großen Bus um, der die 80 km von El Calafate zum Lago Argentino fährt. Dort wird der Eintritt zum Nationalpark gezahlt und aus vielen Bussen entsteigen die Touris und betreten viele Schiffe.
Auf dem Katamaran sitzt man ähnlich wie im Flugzeug, die Luxusklasse auf dem Oberdeck hat noch das Fährhaus mit dem Kapitän vor sich, die Route wird auf Monitoren angezeigt und die Durchsagen sind spanisch, englisch und französisch.

Nach 45 Minuten taucht der erste, noch vielbeachtete Eisbrocken auf; im Übrigen scheint die leicht unwirkliche Atmosphäre auch an Luft und Wetter(scheide) zu liegen: mal strahlen die Berge weiß im Sonnenschein, manchmal ist die Grenze zwischen Wolken und Bergen nicht auszumachen.
Das kompakte (gepresste) Eis leuchtet je nach Sonneneinfall in verschiedenen Blautönen.
Die Musik changiert zwischen Folklore, Abba- und Beatles - Instrumentals und klassischer Musik, als Höhepunkt die wohl unvermeidliche "Evita" von Julie Covington.

Es ist allzu verständlich, daß El Calafate so einen Boom erlebt: diese leicht zugänglichen Gletscher, noch dazu in Verbindung mit diesem See, sind ein Geschenk. Jch bin auch froh, daß ich die Bootstour mit allen drei Gletschern genommen habe: der eine entzückt vor allem durch die vielen Eisbergformationen, die vor ihm schwimmen, der zweite hat die größte Höhe und ragt 130 m übers Wasser, der Perito Moreno ist der bekannteste durch seine Fläche (250 km²), die breite Eiswand und die Tatsache, daß er als einer der wenigen weltweit relativ konstant bleibt. Allein schon die schnelle Fahrt mit dem Katamaran auf die Eiswand zu ist ein Erlebnis. Wie immer bei der Begegnung mit Gletschern wird Eis für den Whisky geholt. Beim Perito Moreno bin ich schließlich dekadent genug, mir auch ein Glas zu gönnen.

Zurück in El Calafate kaufe ich ein Flugticket für Donnerstag, damit werde ich mich von Patagonien verabschieden. Das neue Zimmer im Hotel ist immer noch relativ geräumig und günstig, v. a. verglichen mit Punta Arenas. Die Besitzerin ist zwar durchaus hilfsbereit, aber irgendwie stimmt die Chemie zwischen uns nicht. Wie angekündigt ist sie morgen ausgebucht, da trifft es sich gut, daß ich das Hostel Calafate kennengelernt habe, eine eigentümliche Mischung aus französischem Restaurant mit etwas blasiertem Chef, Hostel und Hotel. Es sind über 30 typische Hostelgäste, die sich in der Küche im 1. OG (mit kaum Geschirr) ihr essen kochen und nebenan essen oder lesen, dabei können sie in das offene Erdgeschoß hinuntersehen, wo es gehobene Speisen mit frischem Weißbrot und edlem Wein gibt, dazu spielt jeweils jemand live Musik. Dort mache ich eine Anzahlung, um eine Reservierung zu bekommen.
Außerdem mache ich noch einen Spaziergang durch die Felder zum See, nahe dem See stehen einige Holzhütten, die an amerikanische Wohnwagensiedlungen erinnern. Sie stehen aber nicht wegen dem See auf Stelzen, das soll eher eine Art architektonische Mode sein.

Zurück in El Calafate kaufe ich ein Flugticket für Donnerstag, damit werde ich mich von Patagonien verabschieden. Das neue Zimmer im Hotel ist immer noch relativ geräumig und günstig, v. a. verglichen mit Punta Arenas. Die Besitzerin ist zwar durchaus hilfsbereit, aber irgendwie stimmt die Chemie zwischen uns nicht. Wie angekündigt ist sie morgen ausgebucht, da trifft es sich gut, daß ich das Hostel Calafate kennengelernt habe, eine eigentümliche Mischung aus französischem Restaurant mit etwas blasiertem Chef, Hostel und Hotel. Es sind über 30 typische Hostelgäste, die sich in der Küche im 1. OG (mit kaum Geschirr) ihr essen kochen und nebenan essen oder lesen, dabei können sie in das offene Erdgeschoß hinuntersehen, wo es gehobene Speisen mit frischem Weißbrot und edlem Wein gibt, dazu spielt jeweils jemand live Musik. Dort mache ich eine Anzahlung, um eine Reservierung zu bekommen.
Außerdem mache ich noch einen Spaziergang durch die Felder zum See, nahe dem See stehen einige Holzhütten, die an amerikanische Wohnwagensiedlungen erinnern. Sie stehen aber nicht wegen dem See auf Stelzen, das soll eher eine Art architektonische Mode sein.

Mi 29.1.
Die Nacht über hat es kräftig gewittert und auch morgens regnet es noch stark. Ich habe wieder Glück und es wird praktisch mit Ankunft des Minibusses schön.
Wir steigen diesmal zweimal in größere Busse um und kommen heute über die Straße in den Nationalpark. Wir fahren zu einem Hügel gegenüber dem Perito Moreno, auf dem Holzwege bzw. Metallgitter zu vielen Aussichtspunkten führen (in der Beschreibung im Reisebüro klang das naturnäher) - immerhin gibt es einige schöne Vögel, und das Krachen, wenn irgendwo am oder im Gletscher Eis abbricht nimmt man hier viel deutlicher wahr als auf dem Katamaran. Wenn am Ende des Gletschers etwas abbricht muß man erstmal die Stelle suchen, öfter ist der größte Brocken dann schon im Wasser. Ich habe dann aber auch Glück: als sich viele Dutzend Kubikmeter Eis ablösen kracht es schon zu Beginn, dann fallen die Riesenteile nach und nach hinab und das Wasser schäumt gewaltig.

Nach zwei Stunden fahren wir schließlich mit einem kleinem Boot direkt zum Gletscher, um ihn zu besteigen. Die Guides erzählen vom Gletscher: eigentlich ist hier ja nicht die Höhe für Gletscher, aber der Wind bringt eine Menge Wasser vom Pazifik hierher und beim Perito Moreno werden auf 70 % der Fläche Eis gebildet, ein sehr hoher Anteil. Wir bekommen Steigeisen an und die Guides erklären, wie man damit läuft; es werden kleine Gruppen mit jeweils zwei Führern gebildet.

Nach wenigen Metern sehen wir Wasser in kleineren und größeren Rinnsalen fließen; an manchen Stellen 10 - 15 cm unter dem Eis, auf dem wir mit dem Steigeisen gehen - es ist verblüffend, daß das Eis nicht einbricht. Wir laufen an Spalten und Wasserfällen im Eis vorbei, die wunderbar blau leuchten - je kompakter das Eis, desto blauer, natürlich spielt auch die Sonne eine große Rolle. Die Fotos sind eine tolle Erinnerung, allerdings hält es auch auf, daß jeder einzeln vorm Wasserfall fotografiert wird - das Gehen auf dem Eis erfordert aber auch Pausen, und wir kommen auch so ein gutes Stück hoch.

Auf der letzten "Plattform" vorm Verlassen des Gletschers gibt es den obligatorischen Whisky, Marke "Blenders Pride" und der Guide scherzt angesichts eines älteren schottischen Paares, daß man beim argentinischen Whisky zumindest am anderen Tag auch merkt, wenn man was getrunken hat. Auch der Weg zur Anlegestelle mit den Bäumen und rötlichen Felsen ist schön.
Im Hostel/Hotel habe ich ein Zimmer mit drei Betten und Bad zu einem günstigen Preis, im Flur befinden sich seltsame Gasheizkörper (keine im Zimmer)

Do. 30.1.
Ich hatte im Hotel am Vortag den Shuttlebus bestellt, der zwischen 8.00 und 8.30 Uhr angekündigt wurde (obwohl der Flug erst um 11.40 h geht - tatsächlich kommt der Bus erst um 8.50 Uhr, die Firma ist schlecht organisiert.

© Markus Blackmar, 2014
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Von Santiago de Chile ganz in den Süden nach Ushuaia und dann in den Norden nach Buenos Aires.
Details:
Aufbruch: 08.01.2014
Dauer: 5 Wochen
Heimkehr: 12.02.2014
Reiseziele: Chile
Argentinien
Großbritannien
Der Autor
 
Markus Blackmar berichtet seit 10 Jahren auf umdiewelt.