Chile und Argentinien 2014

Reisezeit: Januar / Februar 2014  |  von Markus Blackmar

Peninsula Valdés

Der Flughafen von Trelew ist deutlich kleiner als in El Calafate, als ich 10 Minuten vor dem Flughafen stehe wird mir schnell warm - ein T-shirt ist jetzt angemessen. Hier fährt ein Shuttle in die Nachbarstadt Puerto Madryn, dort habe ich wieder ein Doppelzimmer in einem Hostel gebucht. Das erste Mal erhalte ich hier gleich bei meiner Ankunft ausführliche Informationen darüber, welche Möglichkeiten es hier gibt: es gibt verschiedene Ausflüge auf die Halbinsel Valdes und an die Bucht südlich der Stadt - allerdings sind die Infos schon darauf getrimmt, die Gäste hier zu halten und an Provisionen zu verdienen, es stimmen nicht alle Auskünfte. Trotzdem kann ich nicht verstehen, warum am anderen Tag Gäste so über das Hostel herziehen, manche haben anscheinend überzogene Ansprüche.
In Puerto Madryn ist die einzige Aluminiumfabrik des Landes, der nächste bedeutende Faktor ist die Fischerei, aber die Stadt hat auch einen breiten und kilometerlangen Badestrand mit vielen Restaurantzelten, auf diesem gehe ich zum etwas außerhalb gelegenen Museum eco centro. Da verlässt mich das Wetterglück und es regnet über eine Stunde. Die Leute auf dem Strand wirken auch gänzlich unvorbereitet, obwohl vorher einige Minuten lang Wind aufzog. Was nicht so überraschend ist: anderntags erklärt ein Einheimischer, was für ein Glück wir Touristen hatten, das zu erleben, weil diese Stadt, besonders im Sommer, so trocken ist. Als es zu regnen aufhört gehe ich weiter und es ist sonnig bis windig. Vermutlich wird im Süden Abwasser ins Meer geleitet, hier sieht man mehrere Meter Algenteppich auf dem Strand und im Meer. An einer erhöhten Stelle stehen Häuser von den walisischen Gründungsvätern aus der 2. Hälfte des 19. Jh, nicht weit davon entfernt ein Denkmal für die Indianer, die damals hier gelebt haben.

Kurz danach kommt das moderne eco centro, das mit einem kleinen Leuchtturm von außen sehr ansprechend aussieht. Die Ausstellungsfläche entspricht dann jedoch nicht meinen Erwartungen, zumal nach vielen Empfehlungen im lonely planet. Die Ausstellung zur Tiefsee, v. a. zu Walen ist zwar multimedial und emotional eindrucksvoll, aber nicht interaktiv - da hat wohl jemand was verwechselt. Die Verschmutzung der Meere nimmt zwar größeren Raum ein - es gibt einen Müll - Wal - es geht jedoch fast nur um Haushaltsmüll, dank der Ölindustrie als Sponsor.
Im Hostel, das einen schönen Innenhof hat, bin ich in einem Häuschen mit extra Tor, über mir ist das zweite Doppelzimmer, in dem ein Holländer mit seiner Freundin ist. Mein Zimmer ist das erste Doppelzimmer mit Stockbett, daß ich sehe; seltsamerweise steht dabei das obere Bett quer zum unteren. Der Holländer macht jedes Jahr etwas sechs Wochen lange Reisen, indem er Urlaub mit Überstundenabbau verbindet. Auch eine Deutsche ist im Hostel, die für ihre Firma eine PR-Abteilung in Mexiko aufbaut; außerdem ein Schweizer Pärchen, daß in Buenos Aires ein Semester studiert.

Fr. 31.1.
Das Frühstück hier ist noch etwas zuckerlastiger/fetter als gewohnt, es gibt frischgebackenen Kuchen und Magdalenas mit Marmelade - der Kuchen ist aber gut.
Die Tour nach Valdes machen fast nur Gäste vom Hostel, von hier sind es 65 km bis zur Halbinsel, an der Einfahrt ist Eintritt zu bezahlen und es gibt ein Infozentrum, auf dem Weg sehe ich wieder Nandus, dazu Maras und Gürteltiere.

Der erste Ort ist Puerto Piramides: hier wohnen 40 Familien, in der Whalewatching - Saison schlafen hier deutlich über 1000 Touristen: der Ort hat eine schöne breite Bucht und es soll toll sein, nachts die Gesänge der Wale hier zu hören. Die Wale kommen aber leider erst im Spätsommer und so bleibt das jetzt doch eher dörfliche Bild mit dem Meer; heute weht heftiger Wind und es wäre auch keine Bootsfahrt möglich.
Wir fahren weiter (auf Valdes wieder v. a. Schotterpisten) nacht Punta norte, wo eine große Kolonie von Seelöwen und Seeelefanten zu sehen ist. Vor wenigen Wochen haben die Kühe der Seelöwen gekalbt und sich gleich wieder um Nachschub gekümmert. Die Orcas kommen erst Mitte Februar, dann geben sie ein außerordentliches Schauspiel, weil sie hier sich wie sonst nirgends bis an den Strand spülen lassen, um die Kleinen zu schnappen. Aber schon die Nähe zu den beiden Robbenarten, die hier gemischt am Strand leben, ist toll. Wir stehen auf den Klippen oberhalb des Strandes und sehen die kleinen Robben spielen, die Tiere schwimmen, an Land relaxen oder das Familienleben und auch Kämpfe zwischen Bullen.

Noch viel näher sehen wir dann Magellanpinguine an der Küste, die ganz nah an das Absperrband herankommen. Wir fahren auch an großen Feuchtgebieten entlang: diese liegen unter dem Meeresniveau und nach der Flut treibt der Wind hier das Wasser hinein.

Wir machen dann nochmal länger Halt in Puerto Piramides: ich komme mit einem deutschen Paar ins Gespräch, dessen Heimflug ab Buenos Aires in fünf Tagen geht. Sie hatten von einem für Samstag geplanten landesweiten Transportstreik gehört und schon überlegt, deswegen die Fahrt nach B. A. vorzuziehen, sich aber wegen der Lage in B. A. (u. a. Stromausfälle, wie sie meinten - teilweise auch wegen Streiks) dagegen entschieden. Auch den Schweizern wurde vom Kauf eines Tickets abgeraten, da diese bei Streik verfallen würden. Die aktuelle argentinische Krise erreicht mich schließlich schneller und unmittelbarer als geahnt.
Ich versuche mich auf Webseiten zu informieren, finde aber keine konkreten Nachrichten. Am Busterminal schaue ich, wohin die Busse von hier aus wie lange unterwegs sind und entscheide mich schließlich für Cordoba. Für Samstag werden aber keine Tickets verkauft und auch, ob am Sonntag Überlandbusse fahren, ist noch sehr ungewiß. Ich freunde mich schon mal mit dem Gedanken an, mir noch die walisisch geprägten Ortschaften in der Nachbarschaft anzusehen.

Sa. 1.2.
Ich schlafe etwas länger als geplant und frage beim Frühstück den Chef des Hostels nach der Lage: der Streik findet nicht statt - warum, ist nicht wirklich klar. Nach dem Frühstück kaufe ich ein Ticket ab 18.40 Uhr und checke aus.
Ich will in das zweite Museum der Stadt, das aber Sa. vormittags geschlossen hat, also lege ich mich an den Strand (wobei ich mich trotz Karte komischerweise mal wieder verlaufe). Als ich ins Meer gehe wird mir bewusst, daß am ganzen Strand nur drei Kinder im Wasser zu sehen sind; dementsprechend ist es auch noch eiskalt, ich gehe erstmal was essen.

Meine Orientierungsprobleme hier hängen auch mit dem Erscheinungsbild des Stadtzentrums am Strand zusammen: es wirkt unauffällig und ruhiger als landeinwärts; die Schilder von Läden, Reiseagenturen und Restaurants stechen nicht hervor und diese sind entweder unten in Hochhäusern oder in vorgelagerten Bungalows. Womit diese Architektur eigentlich an Berlin erinnert, wenn ich darüber nachdenke. Ich lege mich nochmal an den Strand und gehe kurz schwimmen, dann gehe ich nochmal zum Museum.
Das alte Landhaus ist ganz schön und die Idee der Konzeption des Museums auch ganz gut; es gibt hier keine Umweltverschmutzer - Sponsoren, aber es fehlt eben dann auch an Mitteln für aufwändigere Exponate oder eine besseren visuellen Darstellung. Wenn mein Spanisch besser wäre, würde ich die Ausstellung vielleicht auch besser verstehen.
Danach dusche ich im Hostel (was der Chef ausdrücklich angeboten hatte) und gehe zum Busterminal. Obwohl die Sonne schon recht tief steht scheint sie noch kräftig und nach dem Sonnenbaden suche ich mir ein schattiges Plätzchen, damit ich mich nicht nochmal eincremen muß. Mit 10 Minuten Verspätung kommt der Bus, ich sitze oben ganz vorne, wie bei praktisch allen sind große Sprünge in der Frontscheibe; allmählich wird mir bei der Fahrweise bewusst, daß mein Platz ggf. sehr ungünstig ist, wenn die Scheibe reißen sollte: der Fahrer überholt zwar nicht recht riskant, fährt aber z. B. auf einen beladenen (rot beflaggten) Bhutanlaster so dicht auf, daß ich den unteren Teil des Tanks nicht mehr sehe. Mir fällt auf, daß mein Ticket und mein Ausweis im Bus nicht mehr kontrolliert und aufgeschrieben werden - ist meine erste Überlandfahrt mit einem argentinischen Bus. Es wird schon deutlich früher dunkel, um zehn endet das Videoprogramm und die Lichter gehen aus, um halb elf steigen nochmal viele zu und erst nach elf Uhr halten wir dann noch über 40 Minuten zum Abendessen. Da ein vorhin zugestiegenes Kind laut ist nehme ich einen Wein als Schlummertrunk. Der Balg ist für mich mal wieder ein Beleg, wie penetrant doof Kleinkinder sein können: mal wiederholt er innerhalb von fünf Minuten hunderte Male eine spanische Phrase, dann singt er minutenlang englische Wörter, die er (hoffentlich) nicht versteht: "I love money". Soweit ich es mitbekomme, sind sogar die Argentinier um ihn herum genervt und versuchen, auf ihn bzw. auf die Eltern einzuwirken. Da ist mir das kurz quengelige jüngere Mädchen in der ersten Reihe noch lieber. In der Pampa stehen weiterhin Guanakos.

© Markus Blackmar, 2014
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Von Santiago de Chile ganz in den Süden nach Ushuaia und dann in den Norden nach Buenos Aires.
Details:
Aufbruch: 08.01.2014
Dauer: 5 Wochen
Heimkehr: 12.02.2014
Reiseziele: Chile
Argentinien
Großbritannien
Der Autor
 
Markus Blackmar berichtet seit 10 Jahren auf umdiewelt.