Einmal noch nach Bombay

Reisezeit: November / Dezember 2014  |  von Walter Wolf

Ellora Hindufestival

Bei Besichtigung der Felsentempel hörte ich ein Mantra-ähnliches beten über Lautsprecher. In etwa 2 km Entfernung konnte ich eine Art Zelt sehen aus dem Rauch aufstieg. Scheinbar suchen diese Hindu-Festivals die Nähe historischer Stätten. Eine gute Gelegenheit mehr über das Land zu erfahren, nachmittags fuhr ich mit einer Rikscha hin.

Durch den Markt von Ellora geht es zum Tempelgelände

Durch den Markt von Ellora geht es zum Tempelgelände

Es gab gerade Essen in großen Zelten, umsonst und für Alle. Die Jugend hatte eine extra Halle. Obwohl ich ablehnte weil ich schon gegessen hatte, brachte man mir aus einem dieser Zelte eine Essensprobe, darunter eine Süßspeise, ähnlich wie Grießbrei nur konsistenter. Ein bärtiger Herr im orangenem Umhang begann mich auf dem Gelände herumzuführen.

alles Inder, da fällt man als Tourist auf

alles Inder, da fällt man als Tourist auf

Wenig später sprach mich noch eine junge Inderin an, die mir im guten englisch anbot, mich ebenfalls herumzuführen. Hatte ich also 2 Führer, wobei wie ich erst später bemerkte, wurde die junge Dame noch von Mutter und Geschwistern begleitet.

vorne mein Führer, rechts von mir meine Führerin - ganz toll!

vorne mein Führer, rechts von mir meine Führerin - ganz toll!

Dieser Trupp zog gelegentlich mit fröhlicher Musik quer durchs Gelände... um die Anwesenden etwas aufzumischen... energetisch aufzuladen?

Dieser Trupp zog gelegentlich mit fröhlicher Musik quer durchs Gelände... um die Anwesenden etwas aufzumischen... energetisch aufzuladen?

Es ging zu diversen kleineren Tempeln, die ich als solche nicht immer erkannt hätte. Manche waren wohl temporärer Natur. Die Inder machten einen sehr andächtigen Eindruck wenn sie dort Blumen oder ähnliches ablegten, Wasser darüber gossen, beteten, oder einfach den "Tempel" umkreisten. Vor Betreten dieser Bereiche immer Schuhe ausziehen, sofern man welche anhat. Eine echte Prüfung war es für mich den großen hölzernen Tempel barfuß über Streusplitt zu umrunden. In dessen großen Innenbereich durfte ich nicht. Man saß da in Kreisen, sah einmal wie alle dieselben Bewegungen mit einem großen Löffel machten, Wasser schöpften und wieder ausgossen oder so was...

Scheinbar der Haupttempel

Scheinbar der Haupttempel

Während der ganzen Zeit wurden ständig über Lautsprecher die Worte "Om Janardanaya Namaha" wiederholt. Eine langsam sprechende männliche Stimme und aus einer anderen Richtung eine Frauenstimme, die dieselben Worte etwas schneller wiederholte. Die wissen schon wie man eine gemeinsame Grundstimmung erzeugt. Ich war bereits über 2 Stunden da und richtig beeindruckt von meinen unermüdlichen Führern, versuchte nur allem zu folgen.

da durfte ich nicht rein, hätte auch wenig Sinn gemacht, da ich die Anweisungen nicht verstand

da durfte ich nicht rein, hätte auch wenig Sinn gemacht, da ich die Anweisungen nicht verstand

Als wir wieder vor so einer Art Tempel standen, sollte ich mich nun aber bei einem der religiösen Führer dieses Festivals vorstellen?! Bei uns würde man vielleicht sagen "Pfarrer". "Swami" oder so was klingt doch für uns gleich geheimnisvoller... ich schreibe dies hier mit einem oberflächlichen Wissen... Während in anderen Weltreligionen zur Motivation und geistiger Leitung im Zentrum ein Buch steht (Bibel, Koran, die Reden des Buddha) spielt im Hinduismus die Tradition religiöser Lehrer eine große Rolle. Das Wort Guru (Vertreiber der geistigen Dunkelheit) hat auch der Westen übernommen, benutzt es aber oft in einem unpassenden Zusammenhang.

Respekt und Verehrung solcher Personen sind in Indien enorm. Der im Westen bekannt gewordene Bhagwan ist ja diversen Verlockungen erlegen, würde mich interessieren was die Inder von ihm halten. Als ich ein paar Tage später Richtung Küste fuhr sind mir unterwegs 2 mal eine Gruppe junger Männer aufgefallen die einheitlich gekleidet die Straße entlang marschierten. Meine Fahrer sagte mir, dass sie zum Tempel des Saj Baba unterwegs sind, 250 km zu Fuß!

Für mich waren es nur 10 Meter, zuerst lehnte ich ab, weil ich nicht wusste was ich da sagen könnte. Aber als man mir an der Eingangstür auch zuwinkte hereinzukommen bin ich da halt mal rein. Im Vorzimmer waren noch andere Herren die auf eine "Audienz" warteten, die meisten gehörten aber zur Gefolgschaft des ... falls mir der Name gesagt wurde, so habe ich den nicht mitbekommen. Es war wohl der Herr rechts auf der Rückseite des Buches (s.u.), er hatte allerdings eine medizinische Halskrause an. Seine Devotees (Gefolgschaft) waren recht freundlich und zuvorkommend. Nach etwa 45 min wurde ich reingebeten. Ich saß auf dem Boden, der Meister etwas erhöht, "erstes mal in Indien... bin beeindruckt von dem Land und seinen Menschen..", so was in der Art. Worauf er meinte, "Indien ist der Name den die Engländer dem Land gegeben haben, unser Name für dieses Land ist Bharat". Alles per Dolmetscher. Dann sollte ich dieses "Om Janardanaya Namaha" ins deutsche übersetzt auf einen kleinen Block schreiben. Das habe ich nicht ganz gerafft und schrieb es so nieder wie es gesprochen wird. Der Meister verließ darauf plötzlich den Raum und mir wurde ein Blumenkranz umgehängt mit den Worten "der Gast ist unser Gott". Dazu gab es noch einen Stempel und etwas rote Farbe auf die Stirn. Die schießen Ihre Pfeile aber ins Schwarze. Nicht gerade eine tiefsinnige Unterhaltung, aber Worte sind ja nicht alles ... irgendwie war das schon was zum Nachdenken für mich.

Als ich wieder draußen war, war es nun an mir einen Pfeil zu verschießen, denn die Familie der sympathischen jungen Inderin begann sich zu verabschieden. Sie hatten draußen die ganze Zeit gewartet. Ich wollte der Familie zum Abschied etwas Geld geben, das Geben schien auch irgendwie Thema dieses Festivals zu sein. Dazu war die Familie arm. Meine Führerin war auch damit einverstanden, allerdings hantierte ich mit meinem Geldbeutel derart ungeschickt, dass sie es dann doch ablehnte etwas anzunehmen. Dass ich meinen Pfeil voll ins Nichts geschossen hatte tut mir jetzt noch leid wo ich dies niederschreibe. Der 2. Führer wich mir aber nicht von der Seite, nach einer kurzen Wegstrecke kam uns einer der Anhänger des Meisters nach, und gab mir eine Art Yoga-Buch! Als ich darin am Abend eine Leseprobe machte ging es gleich um "the last Labyrinth". Mein 2.Führer war einer von der ruhigen Art, ich lud ihn am Markt noch zum Essen ein. Am nächsten Tag ging ich nochmals hin, es war weniger los, kein Führer bot sich an, der Zauber war verflogen.

... keine Angst - die Dame am Boden macht scheinbar ein Nickerchen

... keine Angst - die Dame am Boden macht scheinbar ein Nickerchen

Die Rückseite des Buches. Das Gebet scheint mir für den Hinduismus nicht untypisch zu sein. Zu so einer Zielsetzung muß man wohl kommen, wenn man damit rechnet wiedergeboren zu werden.
..
Gebet für das Wohlergehen Aller
Mögen alle glücklich sein: Mögen alle frei von Krankheiten sein.
Mögen alle erkennen was gut ist.
Möge keiner dem Elend verfallen.
Mögen alle aus Gefahren befreit werden.
Mögen alle erkennen was gut ist.
Mögen alle edle Gedanken haben.
Mögen alle Freude überall haben.
Mögen die Bösen tugendhaft werden.
Mögen die Tugendhaften Ruhe erreichen.
Mögen die so Ruhenden frei von Fesseln sein.
Mögen die Befreiten andere frei machen. Om.
Möge Gott Brahma uns beide beschützen,
den Lehrer und den Schüler. Möge er uns beide nähren.
Mögen unsere Studien energisch und fruchtbar sein.
Mögen wir uns nicht gegenseitig hassen.
Om Friede, Friede, Friede

© Walter Wolf, 2015
Du bist hier : Startseite Asien Indien Ellora Hindufestival
Die Reise
 
Worum geht's?:
Im Vorruhestand erstmals nach Indien. Ich will in Delhi ein Schachturnier spielen und danach mir das Land etwas ansehen.
Details:
Aufbruch: 01.11.2014
Dauer: 7 Wochen
Heimkehr: 17.12.2014
Reiseziele: Indien
Der Autor
 
Walter Wolf berichtet seit 9 Jahren auf umdiewelt.
Bild des Autors