Kenia - Tansania: Notizen aus dem Jahr 1990
Affentheater - die Fahrt nach Tanga
Die Likoni-Fähre verbindet Mombasa mit dem Festland. Als wir sie bei strömendem Regen besteigen, hat ein Militärfahrzeug gerade Schwierigkeiten die steile Auffahrt zu meistern. Das geht ungefähr eine halbe Stunde so, die Fahrzeit selbst nimmt nicht mehr als fünf Minuten oder so in Anspruch. Auf der Festlandseite manövrieren Busse und Matatus durch den Schlamm. Möglichkeiten nach Lunga Lunga zu gelangen, dem Grenzort zu Tansania, sind zahlreich. Der Bus, den wir besteigen, hat sich erst zur Hälfte gefüllt, trotzdem fährt er schon bald los und holt sich dann weitere Passagiere im Vorbeifahren von der Straße. Es dauert nicht lange, bis er völlig überladen ist. Jedes Ausweichen an den abschüssigen Straßenrändern kann ihn deshalb zum Kippen bringen. Laufend Straßenposten der Polizei. Beim ersten wird ein Bakschisch ausgehandelt und mir scheint es wie so eine Streckenpauschale zu sein, denn alle weiteren Kontrollen verlaufen zügiger.
Die Dörfer auf der 80 km langen Strecke sehen eher wie Vorstädte aus. Vermutlich liegt es daran, dass die großen Strände mit ihren Hotelburgen nicht weit dahinter liegen. Die Straße bis zur Grenze ist gut ausgebaut, der vielen kleinen Aufenthalte wegen dauert die Fahrt aber zuletzt drei Stunden. Bei der Zollkontrolle will man uns verbieten die überschüssigen kenianischen Schillinge auszuführen. Ich kriege den betreffenden Grenzer immerhin dazu mir den Betrag in den Reisepass einzutragen; auf diese Weise können (müssen?) wir sie beim nächsten Mal auch wieder einführen.
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Zwischen Kenia und Tansania liegt ein sechs Kilometer breites Niemandsland. Auf die Versicherung, dass in Kürze ein Bus zum tansanischen Grenzposten fahren würde, verlassen wir uns lieber nicht, wir gehen den Weg zu Fuß. Gleich nach der ersten Straßenbiegung begegnen wir einer Pavianherde, nicht viel weiter steht ein Affenbrotbaum, in dessen Geäst eine Vielzahl von Meerkatzen hockt. Zwei junge Männer auf einem vorbeikommenden Motorrad warnen uns theatralisch vor Löwen, die in der Nähe sein sollen. Sie wollen uns nur Angst machen.
Nach der Hälfte der Strecke bemerken wir, dass uns zwei Gestalten folgen, sie wahren einen immer gleich bleibenden Abstand. Es ist ein wenig gespenstisch, dass jedes Mal, wenn wir uns umdrehen, ihre Silhouetten sichtbar sind. Erst der tansanische Grenzbeamte wird uns erzählen, dass es Affen gewesen sind; sie ahmen den menschlichen Gang nach, Clowns, die sich allenfalls bei Frauen, die hier alleine unterwegs sind, etwas näher herantrauen.
Der Zoll ist uns wohl gesonnen, man tauscht zum Beispiel die kenianischen in tansanische Schillinge um. Man trägt auch den Namen eines Hotels in den Pass ein, obwohl wir noch keine Ahnung haben, wo genau wir in Tanga, dem ersten Ziel in diesem Land, unterkommen werden. Aber den Formalitäten ist damit Rechnung getragen. Ob es ein Matatu, einen Kleinbus, gäbe, frage ich den Zöllner. Er lacht, sagt, man müsse eine Mitfahrgelegenheit finden. Und dann dauert's auch nicht lange, bis wir uns auf der Ladefläche eines Lastwagens einrichten.
Die Straße ist, anders als die nach Lunga Lunga, eine holprige Piste, und wir werden die 70 km entfernte Stadt nicht vor Einbruch der Dunkelheit erreicht haben. Es ist übrigens eine faszinierende kleine Tour durch die ersten tansanischen Dörfer. Zwar können die Eindrücke nur flüchtig sein, aber sie vermitteln selbst aus der Entfernung noch alte Genrebilder vom ländlichen Leben, das sich um die Hütten herum abspielt oder in den kleinen Plantagen seitlich unserer lehmigen Piste. Die Frauen tragen riesige Kopftücher, die Männer Kutten und Scharen von Kindern winken uns von überall her zu. Buschidylle, Bilderbuchafrika und ich bilde mir ein, dass ich erst jetzt "da" bin, das heißt im schwarzen Afrika. Ich stehe die ganze Fahrt über aufrecht hinter dem Fahrerhaus.
Irgendwo in Tanga - gerade ist es dunkel geworden - werden wir abgeladen und wir machen uns auf den Weg ins Zentrum der Stadt. Ein Rotkreuz-Wagen hält an, jemand steigt aus und bietet uns seine Hilfe an. Wenig später klappt der Mann das Treppchen an der Hecktür auf und bittet uns Platz zu nehmen. Ich brauche jetzt nur noch den Namen eines Hotels zu nennen und wir werden genau bis vor dessen Eingangstür kutschiert. Einem Arzt des am Hafen gelegenen Krankenhauses und seinem Fahrer haben wir diesen unverhofften Service zu verdanken.
Aufbruch: | Juni 1990 |
Dauer: | circa 4 Wochen |
Heimkehr: | Juli 1990 |
Tansania