Kenia - Tansania: Notizen aus dem Jahr 1990
Mambazamba - von Kondoa nach Karatu
Kondoa ist eine kleine, angenehme Stadt und verfügt über ein nagelneues Postamt und ein Krankenhaus. Der Markt liegt am oberen Ende und dort befindet sich auch die Herberge, in der wir uns einquartiert haben. Hätten wir nicht zufällig von jemandem einen Tipp bekommen, hätten wir von außen gar nicht erkannt, dass es eine ist. Es gibt immerhin eine Aufschrift in Swahili.
Die Zimmer gruppieren sich um einen Innenhof. Im vorderen Teil des Hauses ist ein Laden untergebracht, die Besitzer wohnen im hinteren Teil. Fließendes Wasser ist nicht vorhanden, auch kein Strom. Das Wasser wird aus einem Brunnen geschöpft und ist ein bisschen trübe. In unserem Zimmer steht nichts außer einem Bett mit einem Moskitonetz und einem Schemel. Spinnen tummeln sich an der Decke und halten uns das Ungeziefer vom Leib. Katzen, eine weiße und eine schwarze, laufen herum oder dösen auf einer Tonne. Vor dem Haus dreht eine Ziegenherde ihre Runden, sucht dort nach Blättern, Gras oder Abfällen. Nachts tummelt sie sich im Hof. Es ist eine seltsam romantische Bleibe.
Hier in Kondoa sitzen wir gerne im "Sweet Corner Restaurant" gleich neben einem riesigen, knorrigen Baum. Der Wirt begrüßt uns jedes Mal überschwänglich und wirft seine paar Brocken Englisch publikumswirksam vor den einheimischen Gästen in die Runde. Seine Suppe ist nicht übel.
Einmal wollen wir der vom anderen Ende des Marktplatzes herüberdröhnenden Bar einen Besuch abstatten. Aber ein Blick von draußen genügt Karin, um gleich wieder darauf zu verzichten. Die herumtanzenden Männer, der höllische Lärm - hier ist ihr Afrika einen Tick zu wild.
Straßenapotheke in Dodoma.
Bei Kolo, einem Dorf in der Nähe von Kondoa, kann man vorgeschichtliche Felszeichnungen finden. Wir suchen uns dort einen Führer, der uns erzählt, dass die Abbildungen drei- bis viertausend Jahre alt seien. Es handelt sich um die Darstellung von Tieren, von der Sonne und von jenen Buschmännern, die sie dereinst angefertigt haben. Mit einer roten Pflanzenfarbe, über die sehr viel später mit einer anderen, einer weißen Farbe, die aus dem Saft des Feigenbaums gewonnen wird, weitere Motive hinzugefügt worden sind.
Der Weg zu den Felsen führt querfeldein durch Felder, Buschgras und ein breites ausgetrocknetes Flussbett. Einmal huscht eine Schlange vorbei. Was es hier denn für Schlangenarten gäbe, frage ich. Ach, sagt unser Führer, lediglich Kobras und grüne Mambas. Ich schlucke das.
Lang ist der Weg, hin und zurück bestimmt 15 Kilometer. Ich fühle mich an diesem Tag nicht ganz wohl, bekomme unterwegs kleine Durchfallschübe. Anfänglich bin ich bestrebt das Ganze als Lappalie abzutun, am nächsten Tag aber muss ich Medikamente schlucken. Obendrein hole ich mir auf dem Kolo-Ausflug ein paar Schrammen. Einmal stoße ich mir heftig den Kopf und auf der Rückfahrt nach Kondoa brettert der Fahrer des Lkws, auf den wir gestiegen sind, dermaßen sinnlos über die löchrige Piste, dass die Mitfahrenden ständig durcheinandergewirbelt werden und ihn - obwohl raue Fahrsitten gewöhnt - beschimpfen und sogar mit "Polizei" drohen. Mich trifft es sehr hart, ich schlage mit Arm und Knie heftig auf dem Boden der Ladefläche auf, hole mir eine Schürfwunde und eine Prellung. Am Abend beiße ich mir außerdem heftiger, als zu ertragen ist, auf die Lippe.
Tags darauf hat es mit dem Durchfall auch Karin erwischt. Wir nehmen Tropfen, schlucken Kohletabletten, um uns für die Weiterfahrt nach Karatu zu wappnen. Das gelingt schließlich einigermaßen.
Die Fahrt führt erstmals über steile Serpentinen. Der Straßenbelag ist freilich der immergleiche, nichts als die Ansammlung von Schlaglöchern, und der Fahrstil verändert sich auch nicht. Dabei neigt sich der Bus, übervoll beladen wie üblich, oft verdächtig zur Seite.
Ein Schneider sitzt bei einem Halt in der Ortschaft Baratu vor einem Haus. Auf seiner Nähmaschine - uralt - steht "Pfaff Kaiserslautern". Heftiges Heimweh ergreift mich.
Urplötzlich, wenige Kilometer vor dem Abzweig nach Karatu verwandelt die Straße sich von "unsäglich" in "exzellent". Der klapprige Bus erscheint darauf wie ein Fremdkörper. Wenn ich seine Fahrradgeschwindigkeit im Gebirge schon wie Rallye-Tempo empfunden habe, weil er dabei in jedes Loch hineingekracht ist, wirken die 50 km/h, auf die er sich nun steigert, äußerst kläglich.
Von Makuyuni, dem bewussten Abzweig, bringt uns ein Matatu schließlich nach Mto wa Mbu. Der Ort liegt unweit des Manyara-Sees und ist von Touristen bevölkert. So etwas hat Konsequenzen für das Verhalten der Menschen. Dieses Kleinbusfahrers zum Beispiel. Gemessen an der kurzen Fahrleistung ist seine Preisvorstellung recht gewaltig. Wir werden uns bei einem Drittel schließlich einig.
Derselbe Mann ist es auch, dem wir gleich wieder in unserem Guest House begegnen. Das managt er ebenfalls und er ist erneut der Verhandlungspartner und wieder einigen wir bei einem schlappen Drittel. Das abendliche Essen in einem Restaurant ist dann die nächste kleine Falle. Merke: Wo nur ein bisschen Geld fließt wie in dieser Gegend, ändert sich manches sehr rasant.
Morgens mit dem Bus weiter nach Karatu, einer staubigen Durchfahrt zu unserem eigentlichen Ziel, dem großen Krater von Ngorongoro.
Aufbruch: | Juni 1990 |
Dauer: | circa 4 Wochen |
Heimkehr: | Juli 1990 |
Tansania