Togo und Benin
03.01.16-Wanderung Atakora Berge und Tänze
Guten Morgen
Heute musste mich niemand zusätzlich zu meinen Weckern wachklopfen. Gerda staunte nicht schlecht, als sie mich schon an der Wassertonne traf, wo ich Wasser zum Waschen schöpfte, und das zu einer Zeit, wo ich sonst noch schlafe. In der Nacht habe ich ziemlich gefroren. Trotz geschlossener Fensterläden (Scheiben gibt es nicht) zog und rauschte der Wind des Harmattan quer durch die Häuser. Da war es unter dem dünnen Laken etwas frisch. So kam es, dass wir alle leicht fröstelnd und in langärmeliger Oberbekleidung zum Frühstück erschienen. Hier gab es zwar keine Butter, dafür leckeren Honig.
Nach dem Frühstück ging es auf Wanderschaft durch die Atakora-Berge, heute mit Matthias als lokalem Guide. Kurz nach 08:00 Uhr starteten wir. Allerdings nicht ohne uns zuvor bei unserem Guide und François zu erkundigen, ob es auch keine Schlangen und Skorpione unterwegs gäbe. Nein-das gibt es hier nicht. Was soll ein Reiseleiter und Guide auch darauf antworten?!
Die Somba und ihre Häuser
Matthias ist ein Somba. Sein Urgroßvater war einst aus Burkina Faso vor Sklavenhändlern nach Benin geflüchtet, wie viele andere auch. Diese Menschen werden in Benin Somba und in Togo Tamberma genannt. Dabei handelt es sich bei dem Wort Somba dem Grunde nach um ein Schimpfwort. Die Einwohner Benins nannten die Flüchtlinge "nackte Menschen". Sie hatten nichts, als sie kamen, auch kaum Kleidung. Doch der Begriff hat sich über die lange Zeit nun eingebürgert und auch die Somba selbst nennen sich Somba. Zum Schutz vor den Sklavenhändlern bauten sie sich an dem neuen Ort burgenähnliche Häuser, die Tata Somba (in Togo Tata Tamberma). Sie dienten dem Schutz vor Eindringlingen, denn die Schlafräume der Bewohner waren und sind nur über eine Treppe zu erreichen und liegen demzufolge im Obergeschoss der kleinen Burg. Die ganze Kultur des Volkes kann in ihren tata gelesen werden. Der Eingang ist immer nach Westen gerichtet. Denn die bösen Geister, die kalten Winde und der Regen kommen von Osten. Auch der Glaube spiegelt sich in der Bauweise wider. Das dunkle Erdgeschoss symbolisiert den Tod und ist den Ahnen gewidmet, dient aber auch den Tieren als Unterstand. Höhere, lichtdurchflutetere Ebenen symbolisieren das Leben. Hier befinden sich Speicher und die Schlafräume der Bewohner.
Der Clan oder Stamm, zu dem Matthias gehört, hat ein ganz spezielles Narbenmuster im Gesicht. Daran sind die Clanmitglieder zu erkennen. Ab dem Alter von drei Jahren werden den Kindern diese Muster geritzt. Das machen speziell ausgebildete Menschen im Clan. Zum Verheilen der Wunden wird u.a. Seabutter aufgetragen.
Von Dorf zu Dorf und in den Bergen
Das Motto unserer heutigen Wanderung war "von Dorf zu Dorf". Wie immer kamen wir mit vielen Menschen zusammen und plauderten ein wenig mit ihnen. In einer Ansiedlung kam gerade eine junge Frau hinter einem Haus hervor, stockte, machte große Augen und lief in einem weiten Bogen um die ursprünglich geplante Strecke weiter. Ich fragte sie, was sie gesehen habe. Eine Schlange!!! Soviel dazu, dass es die hier nicht gibt. Doch es gab auch richtige Wanderelemente, durch dichten Wald, steil bergauf und wieder bergab, bis zu einer Grotte hin, in der sich vor Urzeiten Menschen verschanzt hatten, um nicht zu Sklaven zu werden. Matthias ist mal in einen der Gänge der Grotte eingestiegen. 12 m hat er geschafft, aber es ist davon auszugehen, dass es noch viel weiter geht. Diese Grotte befindet sich an einem kleinen Wasserfall, also konnte man sich waschen und hatte auch zu trinken. In riesigen Tongefäßen hatte man Lebensmittel gespeichert. Auch hier trafen wir auf immer wieder auf kleine Buschfeuer. Das Gras unter den Bäumen war überall verkohlt. Warum macht man das? Damit sollen u.a. Tiere besser gejagt werden können, die sich aus dem Feuer flüchten. Wer kontrolliert diese Feuer? Niemand. Sie brennen einfach vor sich hin. Kaum diese Antwort erfahren, fiel unmittelbar neben mir ein Baum diesem Buschfeuer derart zum Opfer, das er leise krachend umfiel. Später sahen wir auch noch ein großes Buschfeuer. Das heißt, wir sahen schwarzen Rauch und hörten es prasseln. Wer kontrolliert dieses große Feuer? Auch niemand. Durch den Wind breitet es sich schnell aus, irgendwann geht es aus - hoffentlich
Tata Somba
Zu guter letzt zeigte uns Matthias sein Haus, das wir ausführlich erklärt bekamen und besichtigen konnten. Da viele Holzstützen der Stabilität der Dächer aus Stroh dienen und gern von Termiten heimgesucht werden, brennt in einem der Räume den ganzen Tag ein Feuer. Die Äste sind davon ganz schwarz. Geschlafen wird auch hier auf dem Boden, auf einem Teppich. Die Speicher sind mit einer Leiter ausgestattet, damit man an den Inhalt kommt. Diese Leiter ist ein Baumstamm, in den Stufen geschlagen oder gesägt wurden. Außerdem haben die Speicher noch einen offenen Strohkegel außen dran, in dem sich eine kleine Glocke befindet. Sobald jemand dagegen stößt, klingelt die Glocke. Somit sollte kein Dieb eine Chance haben. Im Sommer wird auf der Terrasse gekocht, im Winter drinnen. Im Sommer schlafen sie zumeist auch auf der Terrasse. In keiner afrikanischen Wohnung habe ich bislang eine Zudecke entdeckt.
Baobab
Kurz vor dem Ende unserer Wanderung führte uns Matthias zu einem Baobab, in den 10 Menschen reinpassen. Als ich drin stand in dem hohlen Baum, hatte ich den Eindruck, der würde auch 15 Leute fassen.
Eine Geschichte zwischendurch
Gegen 13:45 Uhr waren wir wieder in unserer Lodge. Bis 17:00 Uhr hatten wir nun Zeit, uns ein wenig auszuruhen. In dieser Zeit erstanden Gerda und Ulrich Honig von hier und es trug sich folgende Geschichte zu:
Als wir gestern ankamen, waren wir, bis auf zwei Franzosen die einzigen Gäste. So hatte auch François eine der netten Schlafgemächer. Nun war während unsrer Abwesenheit eine Gruppe Italiener und ein weiteres Paar neben einer Einzelperson angereist. Das bedeutete, François musste sein Quartier räumen, damit die neuen Gäste Platz hatten. Wir glaubten unseren Ohren nicht zu trauen. Wo sollte er denn nun hin? Doch er erklärte uns, dass für solche Fälle jeder sein Zelt mitführte. Wann immer ein Zimmer im Hotel frei ist, kann auch der Reiseleiter dort übernachten. Kommt aber eine weitere Gruppe, muss er sich in der Stadt ein Zimmer nehmen oder eben aber anderswo schlafen, wenn, wie hier, keine Stadt in der Nähe ist. Nun baute er also sein Zelt auf der Terrasse auf und hat dort genächtigt.
Traditionelle Tänze
Für den heutigen Abend standen traditionelle Tänze der Frauen der umliegenden Dörfer auf dem Programm. Eigentlich wollten die Frauen zur Lodge kommen. Da dort nun inzwischen aber so viele Menschen waren und dies eine gerbuchte Veranstaltung für uns war, änderten wir den Ort kurzerhand ab und gingen zu einem Haus des Dorfes. Dort angekommen, zogen sich die Frauen gerade noch um. Auf großen Kalebassen klopften sie rhythmische Töne und sangen dazu. Es waren keine festen Lieder. In einem Lied besangen sie das neue Jahr, in einem anderen dankten sie François dafür, dass er uns zu ihnen geführt hat. Dazu tanzten fünf Frauen. Meine Augen schauten ihnen von Anbeginn genau auf die Füße. Kurze Zeit später luden uns die Frauen ein, zu ihnen zu kommen und mit ihnen zu tanzen. Emma und ich waren sofort bei der Stelle. Erst tanzten wir in der Gruppe mit ihnen. Später tanzten immer zwei Frauen vor den Augen der anderen. Auch wir wurden dazu aufgefordert. Kann ich dazu nein sagen? Nein, und Emma auch nicht. So gaben wir unser Bestes, die Bewegungen der Füße, Arme und des Körpers nachzuahmen. Ich hörte von zwei meiner Tänzerinnen, ich mache das sehr gut. Sollte ich das glauben können? Doch auch Gerda, die uns zuschaute, meinte, ich hätte sehr professionell ausgesehen. Tja, vielleicht war ich in einem früheren Leben, wenn es so etwas gibt, doch in Afrika zu Hause?
Irritation und weiter geht's
Die Frauen wollten plötzlich etwas aus dem Takt geraten und ihre Gesänge veränderten sich. Woran das lag? Das heute ebenfalls in der Lodge angereiste Paar kam mit seinem Guide an der Aufführung vorbei und blieb stehen, schaute zu und machte viele Fotos. Das fanden die Frauen gar nicht gut. Eben um derartige "Zaungäste" zu vermeiden, waren wir zu ihnen gegangen und sind nicht in der Lodge geblieben. François klärte es mit dem Guide und sie zogen von dannen. Die Frauen fanden ihren Rhythmus und ihre Stimme wieder. Wir konnten uns weder satt hören noch sehen. Doch nach einer Dreiviertelstunde mussten wir voneinander Abschied nehmen. Auch hier hatte François wieder einen Umschlag parat. Diesen Frauen wollten auch wir gern eine Kleinigkeit zukommen lassen. Doch es waren 20 Mitwirkende. Nach unseren Erfahrungen bezüglich des Teilens untereinander wussten wir nicht, wie nun am besten unsere 5.000 CFA an die Frau zu bringen seien. Matthias erklärte uns daraufhin, dass es eine verantwortliche Frau gäbe. Sie nähme das Geld, dass dann in eine gemeinsame Kasse getan werde und dann bei Bedarf verteilt wird. Das fanden wir gut und suchten nun die Verantwortliche. Sie freute sich sehr, als sie das Geld annahm.
Zur guten Nacht
Als wir wieder in der Lodge waren, bekamen wir unser Abendessen. Dieses Mal hatten wir uns für Foufou, Fisch und Erdnusssoße entschieden. Sehr schmackhaft.
Der Harmattan wehte heute Abend nicht ganz so stark wie am Abend zuvor. Dennoch habe ich mir einen der dünnen langärmeligen Pullover zur Nacht angezogen. Das war sehr angenehm.
Aufbruch: | 28.12.2015 |
Dauer: | 3 Wochen |
Heimkehr: | 16.01.2016 |
Benin