Im Land der Regenbogen

Reisezeit: Juni 2016  |  von Herbert S.

Passau: Passau - Museum Obere Veste

Nun wollen wir noch das Museum der Veste Oberhaus besuchen. Eine ganze Reihe von Abteilungen interessieren uns
Der Reihe nach :

Museum Veste Oberhaus - Geschichte hautnah erleben in einer der größten Burganlagen der Welt - auf 300 qm Ausstellungsfläche in verschiedenen Gebäudeteilen

Museum Veste Oberhaus - Geschichte hautnah erleben in einer der größten Burganlagen der Welt - auf 300 qm Ausstellungsfläche in verschiedenen Gebäudeteilen

Veste Oberhaus und Oberhaus-Museum
Hoch über Passau auf dem Georgsberg liegt die Veste Oberhaus, eine der größten erhaltenen Burganlagen Europas. Von der „Batterie Linde" bietet sich einer der schönsten Ausblicke auf die DREI_FLÜSSE_STADT. In den Räumen der Veste ist das historische Museum der Stadt untergebracht.

Prähistorisch

Fragment einer Schale der Oberlauterbacher Gruppe - 5. Jahrtausendv. Chr. - Fundort Passau Römerplatz

Fragment einer Schale der Oberlauterbacher Gruppe - 5. Jahrtausendv. Chr. - Fundort Passau Römerplatz

Faszination Mittelalter

Erhebung zum Bischofssitz
Wie Salzburg, Regensburg und Freising wurde auch Passau im Jahr 739 durch den HL Bonifatius zum Bistum erhoben. Der erste Bischof Vivilo war hier sogar vorher schon einige Jahre ansässig gewesen.
Doch noch war er nicht der alleinige Herrscher über die Stadt. Sein Machtbereich erstreckte sich westlich der Domkirche bis in die Vorstadt mit dem späteren St. Nikola. Im Jahr 999 erteilte der Kaiser dem Bischof grundlegende Privilegien der Stadtherrschaft: Markt-, Münz- und Zollrechte sowie die hohe und niedere Gerichtsbarkeit.

Stadtkasse
Eisen, Öl- und Temperafarbe, um 1550 - 
Mit Bändern eingefasste Eisentruhe, aufwendiger Schließmechanismus mit 12 Verriegelungen am Deckel, zusätzlich Vorrichtung für zwei Vorhängeschlösser.

Stadtkasse
Eisen, Öl- und Temperafarbe, um 1550 -
Mit Bändern eingefasste Eisentruhe, aufwendiger Schließmechanismus mit 12 Verriegelungen am Deckel, zusätzlich Vorrichtung für zwei Vorhängeschlösser.

Siegelpreise - Holz, Stahl. Messing. 1703
Siegelpresse des Fürstbischofs Josef Franz Anton von Auersperg (1783-1795) mit Wappen und Jahreszahl .1793 sowie Monogramm JVCP

Siegelpreise - Holz, Stahl. Messing. 1703
Siegelpresse des Fürstbischofs Josef Franz Anton von Auersperg (1783-1795) mit Wappen und Jahreszahl .1793 sowie Monogramm JVCP

Figurine mit Schandgeige
Holz, 20. Jh.
Oberhausmuseum, Inv. Nr. 13757
Die schon seit 1905 im Oberhaus aufgestellte Figurine zeigt anschaulich die Durchführung der mittelalterlichen Prangerstrafe mit Schandgeige.

Figurine mit Schandgeige
Holz, 20. Jh.
Oberhausmuseum, Inv. Nr. 13757
Die schon seit 1905 im Oberhaus aufgestellte Figurine zeigt anschaulich die Durchführung der mittelalterlichen Prangerstrafe mit Schandgeige.

Schandmaske - Stahl, 17. Jh.
Ehrenstrafgerät für klatschsüchtige Frauen (spiegelnde Strafe): Große Ohren verweisen auf die alles hörende Neugier, das lange Mundrohr mit der Schlange auf die üble Nachrede.

Schandmaske - Stahl, 17. Jh.
Ehrenstrafgerät für klatschsüchtige Frauen (spiegelnde Strafe): Große Ohren verweisen auf die alles hörende Neugier, das lange Mundrohr mit der Schlange auf die üble Nachrede.

Streckleiter

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Handel

Um 1500 war Passau eine Handelsstadt von europäischer Bedeutung. Von hier wurde Wein nach Bayern, Salz nach Böhmen, Österreich und Ungarn, Getreide nach Salzburg und Tirol geliefert
Entscheidend für den Wirtschaftsstandort Passau waren nicht eigene Rohstoffe und Produkte, sondern entscheidend war die Lage an den wichtigen Verkehrsstrassen: Donau, Inn und Goldenen Steigen. Für die Stadt bedeutete dies wirtschaftliche Blute, aber auch eine weitgehende Abhängigkeit vom Wohlwollen ihrer Nachbarn.
Der Wittelsbacher Herzog Emst verwaltete zu Beginn der Neuzeit als Administrator das Bistum Passau. Als begabter Wirtschaftsstratege und kluger Politiker sicherte er hervorragende Grundbedingungen für Handel und Gewerbe. Er schuf aber auch mit grundlegend neuen Salzordnungen (1540) und dem Bau eines zentralen 5alz-und Getreidestadels die Basis für eine Entwicklung aus staatlichem und privatwirtschaftlichem Handel.
Der Höhepunkt von Passau als Handelsstadt war zu dieser Zeit jedoch schon überschritten. Neue Handelsstrassen gewannen an Bedeutung. Plötzlich sich ändernde politische Strukturen kündigten das Ende bereits an. Mit dem Niedergang des Handels ging auch die Bedeutung der zünftischen Organisationen des Salzgewerbes verloren.

Korn, Salz und Venediggut
Passau und die umliegenden Besitzungen des Hochstifts verfügten über keine eigenen Rohstoffquellen und waren somit vom Handel mit auswärtigen Gütern abhängig.
Man handelte beispielsweise „Korn um Salz": Säumer versorgten Böhmen über die Goldenen Steige mit Salz und brachten wertvolles Getreide zurück nach Passau. Mit Österreich entwickelte sich ein reger Weinhandel und in Italien kauften die Passauer Luxusgüter, die so genannte Venedigware (Perlen und Edelsteine, kostbare Stoffe, edle Gewürze, exotische Südfrüchte, Weihrauch, Baumwolle u.v.m.).
Wir schreiben das Jahr 1401.
Folgende Handelswaren kommen nach Passau:
Pro Tag
Wein über 40.000 Liter
Salz über 23.000 Kilo
Getreide über 23.000 Kilo
Tuch über 500 Meter
Gseum* über 900 Kilo
Metall ca. 40 Kilo
Das ganze Jahr
Wein über 15 Millionen Liter
Salz über 8,4 Millionen Kilo
Getreide über 8,4 Millionen Kilo
Tuch über 200.000 Meter
Gseum* über 330.000 Kilo
Metall ca. 14.000 Kilo
* Gseum = südländische Gewürze, öle, Süßweine

Säumer auf dem Handelsweg der Goldenen Steige

Säumer auf dem Handelsweg der Goldenen Steige

Die Goldenen Steigen
Für den Handel mit Böhmen waren keine schiffbaren Flüsse verfügbar. Allerdings bestand seit spätestens dem 11. Jahrhundert ein Saumweg durch den „Nordwald von Passau nach Böhmen.
Auf den Goldenen Steigen, wie sie ab dem 16. Jahrhundert bezeichnet wurden, transportierten Säumer mit ihren Pferden das Salz von der Passauer Ilzstadt nach Prachatitz, Winterberg und Bergreichenstein. Um 1500 kamen oftmals über 270 Saumpferde an einem Tag in Passau an.
Um Gewinn erzielen zu können, brachten die Säumer als Gegenfracht Getreide und Malz mit in die Stadt. So verkauften sie „Korn um Salz" an die Passauer Salzfertiger, die es weiter nach Salzburg und Tirol transportierten.

Wasserversorgung

Alternativ zum Brunnen wurden Burgen durch Fernleitungen mit Wasser versorgt. Neben Tonrohren, die zerbrechlich und nur schwer abzudichten waren, und sehr teuren Bleirohren war die gebräuchlichste Wasserleitung die Holzdeichel. Mit langen Deichelbohrern höhlten die Leitungsbauer die Baumstämme aus, spitzten ein Ende der Deichelrohre zu und konnten so die einzelnen Rohre aneinanderstecken. Die Verbindungen wurden mit Eisenmanschetten und Hanf abgedichtet, zudem ließ das durchlaufende Wasser das Holz aufquellen und dichtete so die Leitung ab. Ein Nachteil war die begrenzte Haltbarkeit der Holzrohre, denn ca. alle 15 Jahre mussten diese erneuert werden.

Holzrohr - und Werkzeug zur Herstellung derselben

Holzrohr - und Werkzeug zur Herstellung derselben

Heizung

Eine bahnbrechende Neuerung für den Wohnkomfort war der Kachelofen, der im Gegensatz zum offenen Feuer Strahlungswärme abgab. Außerdem stoppte der Kachelofen, der als Hinterlader geheizt werden konnte, jegliche
Rauchentwicklung im Wohnraum.
Möglicherweise wurde der Kachelofen sogar für die Burgen erfunden. Die ältesten bekannten Kacheln (11712. Jahrhundert) stammen jedenfalls aus Burgen. Die keramischen Kacheln erwiesen sich als optimale Wärmeleiter und -Speicher. Während des Spätmittelalters wurde der Kachelofen außerdem zum Statussymbol. Ein prächtiger Ofen demonstrierte Macht und Reichtum des Besitzers. Das verstand auch der Passauer Bischof: Die im Oberhaus geborgenen Ofenkacheln des 15. Jahrhunderts zählen zu den qualitätvollsten Exemplaren Europas.
Obwohl die Kachelöfen in den Burgen eine besondere Rolle spielten, wurden sie nicht für den Adel kennzeichnend, sondern für die Städter. Der hinter seinem Ofen sitzende Bürger wurde sprichwörtlich. Zur Burg passte die Vorstellung der wohlig warmen Stube offenbar nicht.

Blick auf den Dreiflüsse-Zusammenfluß (Ilz -vorne, Donau- Mitte, Inn- hinten)

Blick auf den Dreiflüsse-Zusammenfluß (Ilz -vorne, Donau- Mitte, Inn- hinten)

die Ilz ist der kleinste der drei Flüsse

die Ilz ist der kleinste der drei Flüsse

historische Apotheke

In Passau gab es eine Apotheke für den Hofstaat. Der große Wandschrank und der Rezepturtisch aus dem 17. Jh. verwahrten die Ingredienzien, aus welchen im Laboratorium für Fürstbischof und hof Arzneinen hergestellt wurden.

mit LaborBruderscghaft

Zunft und Handwerk

In der blühenden Handelsstadt entwickelten sich zahlreiche Zünfte.

Bruderschaft der Salzhändler

Bruderschaft der Salzhändler

Schon bald wirkten diese Gemeinschaften auch politisch. Sie erreichten Privilegien der Stadtherren, die ihren Berufsstand gegen die auswärtige Konkurrenz schützten und die handwerkliche Produktion regelten. Solche Urkunden erteilten die Passauer Bischöfe 1258 den Lederern, 1259 den Bäckern, 1283 den Lodenmachern, 1299 den Messerern, 1313 den Leinwebern, 1331 den Brauern, usw.
Seit dem Spätmittelalter dominierte die Zunft dann das Handwerk. Nur ihre Mitglieder durften als Meister und Gesellen in der Stadt arbeiten. Nichtmitgliedern wurde das Handwerk gelegt. Die Zunftmeister kontrollierten die Qualität der Produkte und bestimmten, welche Waren zum Verkauf gelangten. Sie setzten die Löhne fest und regelten die Ausbildung.
Ziel der Zünfte war es, gleiche Bedingungen für alle Mitglieder zu schaffen. Alle Meister sollten unter gleichen Voraussetzungen identische Produkte herstellen. Dies führte dazu, daß die Handwerker mehr Arbeiter als Unternehmer waren. Zugleich hemmten die Zünfte technische Innovationen. Durch die Beschränkung der Meisterstellen verhinderten sie Wirtschaftswachstum.
Deshalb waren die Regierenden seit dem 18. Jahrhundert bemüht, die Macht der Zünfte zu begrenzen. In Bayern wurde sie endgültig durch die Erteilung der Gewerbefreiheit 1868 gebrochen.

Wachszieher

Die Wachsstöcke waren die Kerzen des kleinen Mannes. Sie waren billiger und brannten länger als normale Kerzen. Man schätzte sie als Bestandteil der Mitgift, Geschenk und Votivgabe.
Der Herstellungsprozeß gab dem Berufsstand den Namen: das Wachsziehen. Hierzu benötigte der Wachszieher den Werktisch, in den eine Blechwanne eingelassen war. Das darin befindliche Wachs wurde durch einen Ofen oder eine Pfanne mit glühenden Kohlen erhitzt.
Am Becken war das Zieheisen befestigt ein Metallteil mit verschieden großen Öffnungen, die die Dicke des Wachsstranges bestimmten. Der Docht war auf einem Holzrad, das seitlich neben dem Werktisch drehbar befestigt wurde, aufgewickelt. Sein Ende führte der Wachszieher durch das flüssige Wachs und gleichzeitig durch das Zieheisen und befestigte es an einem zweiten Rad. Letzteres drehte er, bis er den Docht aufgewickelt hatte. Er wiederholte den Prozeß solange, bis der Wachsstrang die gewünschte Dicke erreichte und zum Stock gelegt werden konnte.

Faßbinder

Im Gegensatz zu den Wachsziehern produzierten die Faßbinder keine Luxuswaren und gehörten meist nicht der obersten Bürgerschicht an. Trotzdem waren ihre Produkte bis in das 20. Jh. hinein unentbehrlich.
Denn bevor das Holzfaß durch Metall und Plastik ersetzt wurde, war es die wichtigste zum Warentransport geeignete Verpackung, Es gab nichts, was nicht in Holzfässem verfrachtet wurde: von Wein und Bier über Sicheln und Fische bis zu wertvollen Büchern.
Besonders gefragt waren die Faßbinder in Handelsstädten. Deshalb arbeiteten 1595 in Passau 11 Bindermeister; 1762, als die Blützeit des Passauer Handels lange vorbei war, nur mehr 5 Meister und 7 Gesellen. Nach dem zweiten Weltkrieg gaben die verbliebenen vier privaten Binder auf.
1960 stellte schließlich die Innstadtbrauerei die finneneigene Faßbinderei ein, nachdem der Betrieb auf industriell gefertigte Metaitfässer umgestiegen war. Die verbliebenen Werkzeuge kamen 1971 in das Oberhausmuseum.

Passauer Porzellan

Bis 1952 bestand in Passau eine Porzellanmanufaktur. Hunderte von kunstvollen Figuren wurden hier hergestellt.

Es gibt noch
das Feuerwehrmuseum,
das Böhmerwaldmuseum und
die Hans-Wimmer-Sammlung.
Aber unsere Köpfe rauchen und nehmen nichts mehr auf.
So blicken wir noch einemal auf Passau und verlassen über den hübschen Innenhof die Veste Oberhaus.

im Innenhof der Veste Oberhaus

im Innenhof der Veste Oberhaus

Wir sind noch einmal geschafft – man kann einfach nicht alles anschauen!

Die Rückfahrt gestaltet sich einfach, ohne großen Verkehr – man scheint schon das Viertelfinalspiel Deutschland – Kroatien anzusehen. Das Lokal, was wir ansteuern wollen, hat aber leider sonntags abends geschlossen, daher bleiben wir zu Hause und ich kann die 2. Halbzeit mit einem halben Auge anschauen.

© Herbert S., 2016
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Alljährlich suchen wir uns eine kleine Region in Deutschland aus, wo wir wandern, besichtigen und golfen können. Diesmal ist es der bayrische Wald - der Landkreis um Cham nennt sich selbst das Land der Regenbogen, da mehrere Flüsse mit diesem Namen z.T. stark mäandrierend durch die schöne Landschaft fließen.
Details:
Aufbruch: 20.06.2016
Dauer: 11 Tage
Heimkehr: 30.06.2016
Reiseziele: Deutschland
Der Autor
 
Herbert S. berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.
Reiseberichte von Herbert sind von der umdiewelt-Redaktion als besonders lesenswert ausgezeichnet worden!
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