SIMSON "Große Glocken Tour 2017"
3.Tag "über die Dolomiten": Auf unbekannten Wegen unterwegs
Auf dem Bild oben sieht es heller aus als er war. (Digitalkamera)
Nachdem die Russen nun auch gegen 5:00 Uhr morgens am Gardasee einmarschiert waren wurde gelüftet und da es so angenehm warm war gleich in kurzen Hosen gefrühstückt.
Ruck zuck wurden die nun trockenen Zelte eingepackt.
Routine stellte sich dabei bereits ein.
Jahre zuvor musste mir Wene immer bein Einpacken des Wurfzeltes helfen.
Wer das son einmal gemacht hat wird es verstehen.
Es sieht so einfach aus, ist es im Grunde auch, aber man muß schon ohne darüber nach zu denken die Zeltstangen mit heftiger Gewalt in die Form zwingen.
Nun hatte ich es endlich verstanden und hatte es drauf
Wir verließen hinter Torbole den Gardasee in Richtung Osten.
Auf einer lang gezogenen, mäßig steilen Strecke ging es in Richtung Hochebene die zum Etschtal weiter führte.
Perfekte Steigung für den 3. Gang und zügige 50 Km/h
Das etwas langweilige aber schöne, noch ruhige Etschtal passierten wir in Richtung Norden und waren sehr zügig in Rovereto dem nächsten Zielpunkt.
Am Rathausplatz wurde die weitere Routenführung kurz beratschlagt.
Passubio und Passo Xomo (bei Posina) wäre eine geniale Tour. Aber leider etwas zu südlich.
Wir fuhren weiter in Richtung Terangolo immer am Hang entlang gemäßigt Berg auf.
Es lief wie geschmiert. Zum Teil mit 60 Km/h den Hang entlang.
Das Tal war je weiter wir in es hinauf fuhren immer tiefer eingeschnitten.
Der Talgrund konnten nach 15 Minuten bereits nicht mehr gesehen werden.
Wir gewannen ruck zuck an Höhe.
Es war ca. 8:00 Uhr als wir in Serrada an einer netten offenen Bar vorbei fuhren. Leute verließen die Bar mit Tüten, was darauf hindeutete, dass es hier etwas leckeres gab.
Weiter konnte man vor der Bar in der Sonne dicht an den braven Mopeds die nun kräftigere Morgensonne genießen.
Wir hielten sofort an und starteten das übliche 2. Frühstück mit Cappuccino und dem ortsüblichen Süßgebäck.
Total entschleunigt genossen wir die etwas andere Sitzposition in der Sonne.
Ich entdeckte eine regionale Karte. Oft entdeckt man hier die besten Strecken, da die üblichen 1:100.000 er Karten ja eher für das Ankommen und nicht für das schöne Reisen gemacht sind.
Auch hier klappte der Trick. Ich entdeckte eine verheißungsvolle Streckenführung. "Jungs das sieht genial aus und ist direkt auf dem Weg.
1000 Kurven bergab !"
"Er wieder!" ... kam ausgelassenes Gelächter und Gespött zurück.
"Kaum fertig mit dem Cappuccino schon wieder heiß auf das Fahren."
Also betrachtete wir die Karte gemeinsam und tatsächlich, es war die beste Option um nach Levico Terme zu gelangen.
Gerade die erste Pause am Morgen ist besonderst hart. Die nächtlich steifen Kochen hatten die erste Strecke in "Zwangs-Dauer-Ost-Ergonomie" gerade bei einer Tasse Cappuccino in der Sonne verdrängt und nun musste wieder aufgesessen werden.
Aber: "Nur wer eine Reise wagt, wird Neues entdecken"
Also auf und Los über die SS350 in Richtung Passo Sommo und Lavarone.
Oben kurz hinter dem Pass hatte man eine wunderbare Aussicht zum Städtchen Chisea und dem See Lago di Laverone
Wir zweitakteten unbewusst auf den Spuren von Sigmund Freud und verarbeiteten gemäß seiner frühen psychoanalytischen Studien (Wichtig vor 1897 ... bevor das Thema Gewalt und Sexualität in seinem Denkzentrum beherrschend wurde ) unseren Arbeitsalltag mit all seinen Auswüchsen während der meditations-ähnlichen Simme-Fahrerei.
Welch geschwollen geistig unterirdischer Bezug ... Grins
Nachdem wir Laverone hinter uns ließen, ging es in Richtung Còl dela Ròca.
Es zog sich ordentlich hin, viel Wald und ab und an Orientierungslosigkeit.
Wir mussten aber nur aufpassen, dass wir an der scharfen Rechtskurve gerade aus nach Levico Therme fuhren.
Levico Terme oder früher "Löweneck" fahren mussten.
Den Còl dela Ròca von Süden her zu fahren war ein weiteres high-light an diesem Tag.
Es fing zunächst ganz harmlos an.
Die Straße wurde schnell immer schmaler und schlängelte sich am Ende extrem ausgesetzt mit wunderbarer Aussicht auf die Seen von Levico Terme, den Steilabbruch vom Hochplateau hinunter.
Ein absoluter Tipp für 2 Rad Fahrer. Aber obacht langsam fahren! Hinter jedem Felsvorsprung können Überraschungen auftauchen.
Die Schlagloch übersäte Straße mit viel abgebrochenen Schotter und vereinzelten Felsresten auf der Fahrbahn, forderte die volle Aufmerksamkeit.
Bei der Aussicht war es eine Gradwanderung und ein Gewissenskonflikt.
Anhalten ging an fast keinen Ecken, da die Strecke im deutschen Straßennetz maximal als einspurig definiert gewesen wäre.
Die vielen Kehren waren recht eng und Stoney kämpfte mit der Schräglage und der viel zu vielen Last auf seinem Hobel.
Ab und an federte die Kiste in den Kurven durch und zwischen dem 2-takt Duft bitzelten nette Funken, begleitet von einem leisen >ratsch<
In einer wahrhaften Orgie von Kurven die nie endend erschienen ging es den Berg hinab. Weit beeindruckender wie wir es zuvor auf der Karte je erwartet hätten.
Immer Zwischengaß geben oder den Joke ziehen, damit der Motor bei den Drehzahlen nicht zu sehr abmagert und Schaden nimmt.
... war das Motto in der Situation.
Die Bremsen glühten und das Grinsen in meinem Gesicht wurde immer breiter.
Wo ist ne Tanke ?
Es war alles dabei.
Kehren, ausgesetzte Stellen, in den Fels gehauene Traversen (Quergänge) und zuletzt auch einspurige Fels-Tunnel mit innen liegenden Kurven ohne Licht.
Der Wahnsinn!
Langsam wurde es wieder Zeit zum Tanken. Wene war schon auf Reserve.
Wenn möglich keinen Pass mehr.
Nach einer kurzen Irrfahrt in Levico Terme (wir suchten eine Tanke) ging es im Tal entlang nach Castelnuovo.
Stoney, der bei Passabfahrten immer etwas leidet,
(Grund: Wene und ich heizen hier gerne und er fühlt sich unter Druck, obwohl wir kein Problem haben wenn er sein Komfort-Tempo fährt)
... äußerte den klaren Wunsch nun nur noch die notwendigen Pässe zu fahren.
In Castelnuovo war der Hintern wieder etwas breit gefahren.
Es war mittlerweile ca. 10:00 Uhr und es lag noch eine ordendliche Strecke vor uns. Ziel war, irgendwo hinter Cortina d' Ampezzo zu nächtigen.
Wir beratschlagten die weitere Strecke.
Als alter Passfahr-Liebhaber schlug ich den vielversprechenden Pass Roccolo vor. Stoney erinnerte mich an seinen Wunsch und wir steckten die Köpfe in die Karte.
Der südliche Weg (oben Grün) erschien uns zu lang, aber im Tal.
Die nordliche Variante (oben blau) zeigte eine Fahrstraße die offenbar durch ein Hochtal ging. Das erschien uns eine perfekte Kompromisslösung zu sein.
Über Strigno an der rechten Hangseite hinauf
Nach etwas Sucherrei hielten wir in einem Kreisverkehr an um uns zu orientieren. Wene´s SR50 muckte etwas rum. "Das liegt bestimmt an der Zündkerze"
Bei Stoney und bei mir fehlte etwas Luft in den Reifen.
Die Kisten waren heiß gefahren und so suchten wir bei einer benachbarten KFZ Werkstatt im Schatten etwas Platz, um die kleinen Servicedienste an unseren treuen Kisten zu leisten.
Wene programmierte sein Navi, das uns nun den Weg aus der zersiedelten Region hinaus zur richtigen Straße zeigen sollte.
Zunächst klappte das hervorragend.
Zügig kamen wir aus dem Ort auf ein kleines Sträßchen. (Die Straßenbereite wie bei uns ein betonierter Feldweg).
Erst über Wiesen dann am Waldrand entlang den Berg hoch. Es zog sich hin und die Strecke wurde immer steiler und steiler. Jeder führ nun sein eigenes für die Kiste optimale Tempo.
Wir kämpften uns hoffnungsvoll den Hang hinauf mit der Erwartung "Wird schon bald besser!"
Weit gefehlt!
Es wurde noch steiler und es kamen noch Kurven hinzu. An Anhalten war gar nicht mehr zu denken. Wir wären niemals mehr am Berg weg gekommen! Also durchhalten bis zu nächsten halbwegs ebene Stelle.
Die Kisten kochten, es stank nach Sprit und verbranntem Öl. Dann ging die Strecke in den Wald. Jetzt hatten wir zumindest Schatten. Die kleine 2-Takt-Truppe war weit über die Strecke verteilt.
Dann sahen wir auf einer Weggabelung eine kleine Hütte und ....
.... endlich eine ebene Fläche an der wir anhalten konnten und unsere völlig heiß gefahrenen Kisten abkühlen lassen konnten.
Es war ungefähr 11:00 Uhr und wir waren uns nicht mehr sicher ob wir auf dem richtigen geplanten Weg waren.
Stoney war recht angefressen, den wir wollten ja keinen Pass mehr fahren.
Anderer seits war er glücklich das er heil angekommen war.
"Man ... was für eine Strapaze, so ein Scheiß!"
"Komm wir gehen in die Hütte und fragen ob der Weg passt und ob das so weiter geht."
Mautstraße kein Durchkommen.
Die Hütte erwies sich als eine Gaststätte. Die "Mama" stand am Herd rührte in übergroßen Töpfen. Im Grillkamin brannte ein Feuer und ich war über die große Küche in dem kleinen Haus etwas überrascht.
Mein Kommentar: Daumen hoch, das sieht ja genial "Trentino-italienisch" aus. "Und es riecht jetzt schon gut."
Der junge Typ hinter der Bar verstand kein Englisch oder Deutsch und holte ein flottes Mädel. Die wiederum eine etwas ältere Dame. Offenbar eine endemische Natur, die uns recht freundlich Auskunft erteilte.
Wir verstanden recht schnell, dass es zwar der richtige Weg war, sie sagte aber auch das es eine Mautstrecke sei und die Maut müsse unten im Ort in einer Poststation bezahlt werden. (NEIN ... den ganzen Berg um sonnst)
Dann verstanden wir noch etwas wage, dass die Strecke eigentlich ja eh gesperrt sei. Also etwas verwirrend.
Uns war recht schnell klar, dass wir auf das falsche Pferd gesetzt hatten
und die schlechteste von allen möglichen Routen gewählt hatten.
Wene und ich verließen die Gaststätte und schauten nach den Mokicks.
Ich dacht nur ... den Weg wieder runter, dann sind die Bremsen am Arsch.
Aufbruch: | 03.07.2017 |
Dauer: | 5 Tage |
Heimkehr: | 07.07.2017 |