Guatemala - Land des ewigen Frühlings
Kratersee
Jeden Tag was neues, könnte das Motto unserer Reise sein. Nach dem letzten Blick auf den Pazifik werden wir nicht vom Bus abgeholt, der uns hergebracht hatte, sondern von zwei Pickups.
René ist mit dem Gepäck bereits voraus gefahren und erwartet uns im Hafen in einem der langen Motorboote: Wir nehmen die Fähre.
Noch einmal schippern wir durch den Kanal, entlang den Mangroven. Noch einmal suchen wir das Ufer nach Vögeln ab, Am Ufer stakst ein stolzer Silberreiher im niedrigen Wasser, in den Bäumen über uns sind die Rabengeier auf der Lauer und auf der Stromleitung lauert ein Eisvogel.
Der kleine Junge vom Kiosk an der Endstation der Fähre.
Bald sind wir wieder mit dem Bus unterwegs. Wir fahren Richtung Osten, durch eine reich bewaldete Gegend.
Irgendwo an einer Tankstelle machen wir einen Kaffeehalt und entdecken hinter der Tankstelle Cashewnüsse. Cashewnüsse wachsen als Anhang an birnenförmigen Früchten, aus denen Saft gewonnen wird. Eine sehr exotische Frucht und hier gibt es sogar zwei verschiedene Bäume, mit roten und gelben Früchten. Und ausserdem drei verschiedene Mangoarten. Der Mann von der Tankstelle beantwortet uns stolz alle Fragen und scheint sich gewohnt zu sein, über die Bäume hinter seinem Arbeitsplatz Auskunft zu geben.
René erklärt derweil, dass er erkannt hat, dass wir mit unserem grossen Bus nicht zum Parkplatz des Kratersees fahren können, der auf unserem Plan als nächstes steht. Der Bus ist zwar mit seinen 30 Plätzen sehr bequem und angenehm, aber er ist für gewisse Strassen einfach zu gross. Bei einer Strassensenke in einem Dorf ist er bereits einmal aufgestanden und hat mit dem Chassis an der Strasse gekratzt.
Jetzt ist guter Rat teuer, René versucht, seine Kontakte zu mobilisieren.
Beim nächsten Halt, einem Früchtestand, schon ganz in der Nähe des Sees, gibt es noch keine Lösung. Während wir uns mit Früchten eindecken und Exoten wie Grenadillen entdecken, erkundigt sich René nach einem Transportmittel für den Vulkan. Langsam wird er nervös, auch wenn er sich natürlich nichts anmerken lässt.
Bei der Weiterfahrt kann er dann stolz verkünden, dass er eine Möglichkeit gefunden hat, der Minivan würde uns folgen. Rasch checken wir aus dem Rückfenster und tatsächlich, hinter uns fährt ein HiAce. Aber nur einer. Wird wohl zweimal fahren müssen.
Bald darauf hält unser Bus am Strassenrand, wir steigen aus, und steigen ein in den HiAce. Abgezählt, es reicht für alle, meint René mit einem Zwinkern - und tatsächlich, wir passen alle hinein. Wenn man aus den Zweierbänken Dreiersitze macht, und noch einen Schemel hinzustellt, auf der Vorderbank zu dritt sitzt, dann haben wir alle 16 mitsamt dem Fahrer und seinem Helfer Platz.
Die Strasse geht steil hinauf und wir sehen es ein, diese steilen Kurven hätte unser Bus auf gar keinen Fall geschafft. Wir gelangen zu einem Parkplatz und von hier geht es zu Fuss weiter. Es ist ein Weg, der eher einem Bachbett gleicht. Grobe Steine liegen da, unregelmässige Stufen, ein unwegsamer Aufstieg. Wöhrend die anderen den Weg unter die Füsse nehmen, sehe ich schnell ein, dass diese Herausforderung für mich zu gross ist. Da steht ein Bauer mit seinem Pferd am Wegrand und bietet mir an, mich hinaufzuführen.
Soll ich, soll ich nicht? Mag das Pferd mich tragen, ist das nicht eine Zumutung?
Nein, meint der Bauer, steig ruhig auf, Alexa ist das gewohnt.
So kommt es, dass ich den Aufstieg hoch zu Ross schaffe. Javier heisst mein Begleiter und Alexa die Stute. So ein Aufstieg ist allerdings auch nicht ohne. Ich klammere mich am Sattelknauf fest, um nicht rückwärts vom Pferd zu fallen und die Balance zu verlieren, wenn Alexa die hohen Stufen nimmt. Aber das ist trotzdem viel weniger anstrengend, als selber aufzusteigen.
Ausserdem kann ich mich mit Javier unterhalten. Er wohnt hier mit seiner Familie. Seine fünf Kinder sind zwischen 3 und 11 Jahre alt und die grösseren gehen zur Schule. Er hat eine kleine Landwirtschaft mit 2 Kühen und ein wenig Ackerland. Mais und Bohnen. Und ausserdem hat er Alexa. Heute bin ich der einzige Tourist, den er hinauf zum Kratersee bringen kann. Der einzige Verdienst des Tages.
Hans ist der erste, der oben angekommen ist und er ist bereits in ein intensives Gespräch mit den beiden Wachposten vertieft, als wir anderen ankommen.
Hinter dem Kraterrand, den wir auf der trockenen Seite erklommen haben, liegt dunkelblau glänzend inmitten von Wäldern das Wasser vor uns. Der Kratersee. Auch wenn wir wussten, dass wir einen See finden würden, so übersteigt die Wirklichkeit die Vorstellungen um Weiten.
Ob er kalt ist? Er ist herrlich, bald tummeln wir uns im klaren Wasser, vergessen ist die ganze Mühe des Aufstiegs.
Doch lange dauert der Aufenthalt nicht, vor uns liegen noch zwei Stunden Fahrt. Darum steigen wir bald wieder ab, hinunter zum Parkplatz, wo wir noch einmal im HiAce Platz nehmen. Hautnah und trotz vorheriger Abkühlung ziemlich verschwitzt. Doch wen stören solche Äusserlichkeiten, nachdem man von einem so fantastischen Erlebnis zurückkommt.
Zurück im Bus kommen wir zügig voran, kurz bevor wir die Grenze zu Honduras erreichen, versinkt am Horizont die Sonne. In der Dämmerung sind wir an der Grenze und zu unserer Überraschung ist der Grenzübertritt völlig problemlos. René gibt die Liste mit allen Namen und Passnummern ab, der Zöllner will zwei Pässe sehen, der Rest kann wieder einsteigen und wir fahren weiter. Zehn Kilometer hinter der Grenze liegt Copan, unser Ziel.
Nach dem Zimmerbezug im Hotel Marina gehen wir ins Nia Lola. Zwar hat es seit unserem letzten Besuch ein paar neue sehr nette Lokale gegeben, aber wir bleiben bei unserem bewährten Restaurant. Nicht zuletzt wegen der eigenwilligen Art, wie die Mädchen die Getränke und Speisen servieren.
Fladi und Listo
Es war kein einfacher Start in den Morgen, als Listo entdecken musste, dass er im falschen Bett aufgewacht war. Er kroch wieder in den fremden Rucksack und blieb erst einmal eine ganze Weile versteckt.
Auch Fladi wurde nicht gesehen. Auch er schien noch unter den Nachwirkungen des gestrigen Tages an der Bar zu leiden.
Doch als am Nachmittag René wegen dem fehlenden Transport zum Kratersee immer nervöser wurde, übernahm er kurz das Mikrofon und erklärte uns die Lage.
Mit seiner zugegeben etwas piepsigen Stimme konnte er uns das Problem mit dem zu grossen Bus und dem fehlenden Transport auf den Vulkan bestens verständlich machen.
Danach fand Fladi, dass seine Arbeit für heute getan sei und verkroch sich wieder in Renés Rucksack. Leider war das der falsche Ort, um zum Kratersee zu kommen, er blieb im Bus.
Da hatte Listo die bessere Wahl getroffen, im Rucksack von Silvana erreichte er spielend den See und genoss das Sonnenbad.
Später meditierte er mit René vor der fantastischen Kulisse. Ob die beiden bei dieser Gelegenheit ein ernstes Wort gesprochen haben, konnten wir nicht ergründen, aber später im Bus sassen Fladi und Listo einvernehmlich auf dem hintersten Sitz, mümmelten zusammen Bananen und sprachen sich aus.
Listo erklärte, dass er Conejo eigentlich gar nicht mag, jedenfalls solange er jeden Tag Chicken bekäme, und Fladi versprach, etwas mehr Vertrauen in seinen grossen Freund zu haben.
Als wir an der Grenze waren und René etwas Bedenken hatte, dass die Abwicklung wieder endlos lange dauern könnte, übernahm Listo das Gespräch mit dem Grenzbeamten, stellte sich gar auf die Fingerabdruck-Maschine und hinterliess für uns alle seine Pfotenabdrucke. Bestimmt hatten wir deshalb dann überhaupt keine weiteren Schwierigkeiten. und konnten ungehindert einreisen.
Ich habe auch für diesen Bericht wieder verschiedene Fotos von Bruno bekommen. Auch Hans und MM haben mit ihren Beiträgen geholfen, den heutigen Tag richtig zu dokumentieren.
Aufbruch: | 04.04.2019 |
Dauer: | 3 Wochen |
Heimkehr: | 21.04.2019 |
Honduras