Historische Stätten in Libanon und im Königreich Jordanien
20.10.2019: Beirut - Byblos
Wie immer google ich gleich nach dem aufwachen und erfahre zu meinem Entsetzen, dass es gestern keinesfalls eine Siegesfeier gab—vielmehr waren es neue Demonstrationen.
Das Volk will die Regierung kippen. Hintergrund ist die Ausbeutung des Volkes zugunsten der oberen Schicht.
Vieles soll zu hoch besteuert werden. Aber trotz der hohen Steuern erält das Volk keine Gegenleistung dafür. Es gibt keine Sozialleistungen, keine Krankenversicherungen. Außerdem wird der US$ als attraktivse Währung bestimmt-jedoch erhalten die Menschen von den Banken keine Dollar.
Guten Morgen Beirut, Tag 2 beginnt, das Tinsche schaut nachdenklich und ihre Blicke schweifen in die Ferne.
Da in unserem Gammelhotel kein Frühstück dabei ist—lohnt sich wohl auch kaum für die 4-5 belegten Zimmer des Riesenbunkers—gehen wir erstmal auf Nahrungssuche.
Ohne Worte, Müll...Müll...Mülll, hauptsächlich Bierflaschen und -dosen sowie teuere geleerte Schnapsflaschen—sogar guten Whiskey hat man hier gesüppelt
"reife Männer" beim morgentlichem Workout...für jeden ist was dabei, auch gut durchtrainierte "Schnuckelchen" joggen hier mit freiem Oberkörper die Strandpromenade entlang
Hier gab es den teuersten Instandkaffee der Welt, Verarschung pur und ca. 5 Kellner bedienten uns, zum Schluss waren wir auch restlos bedient!!!
Cafe No. 2 an unserer Lieblingstanke, datt war viel gemütlicher und auch wesentlich preiswerter, dem Eigentlichen angepasst
...Tine überlegt kurz, ob sie dort einziehen will...meinen Segen hat sie, da kann sie doch etwas von ihrem Alltagsstress abschalten.
Neben unserem Hotel befindet sich die Irakische Botschaft.
Mit riesigen Betonmauern umgeben und mit Maschinengewehren bewaffneten Soldaten. Am Eingang standen junge Botschaftsangehörige mit karierter Schlafanzughose...unglaublich aber so war es.
Wir sind etwas unschlüssig, ob wir es wagen sollen die Stadt zu verlassen.
Eine Travel agency, die ich über Facebook kontaktiere sagt im Klartext:
„Bleibt wo ihr seid—die Lage hier ist sehr kritisch“
Faydi von der Rezeption meint , es könnte möglich sein, bis zum 40km entfernten Byblos zu kommen. Aber weiter nicht—
Bei „Uber“ können wir ein Taxi nach Byblos bestellen—für 28 US$
Wir wagen es.
Fix ist der Wagen da und der Fahrer fragt uns noch einmal nach dem Ziel:
„Byblos—-are you sure???“
Yes—-aber mein Mut sinkt—wir starten und eine aufregende Fahrt beginnt
Dann die nächste....mir wird mulmig. Dabei stehen auch immer vermummte junge Männer. Einige tragen Tücher um Mund und Nase und viele die „Anonymus“ Masken—die sehen besonders gruselig aus
Aber wie auch schon bei unserer Ankunft kurbelt unser Fahrer die Scheibe hinunter und spricht mit den jungen Männern. Die erklären, welche Straßen man noch nehmen kann.
Ich werde auf dem Rücksitz immer kleiner und denke dass unser Fahrer gleich sagt, dass wir hier bleiben müssen.
Aber er fährt und fährt—-dreht an den Barrikaden um—manchmal um Haaresbreite an den Steinblockaden vorbei.
Ich habe das Gefühl, wir fahren im Kreis und kommen nicht voran—der Ort scheint kein Ende zu nehmen und die Barrikaden auch nicht.
Teilweise fährt er auch als Geisterfahrer entgegen der Fahrtrichtung. Hupen und Sirenen begleiten uns.
Ich schaue auf mein Navi und staune, dass wir doch langsam voran kommen.
Immer wieder wechselt er von der Schnellstraße auf Nebenwege und wieder zurück.
Nach aufregenden 1,5 Stunden kommen wir in Byblos an. Ich habe ein Hotel ausgesucht, in der Nähe lassen wir uns absetzen und wollen etwas zu Fuß gehen.
Das „Hotel Amada“ , welches ich rausgesucht—aber noch nicht gebucht habe befindet sich auf der Anhöhe, welche wir nun erklimmen
Hier werden wir sofort von einem netten Herrn—-Fahdi —empfangen.
Er bietet uns ein Zimmer zum selben Preis wie im net und wir werden schnell handelseinig, als er uns auch noch ein Frühstück verspricht.
Er meint schmunzelnd, dass er alle Einnahmen wieder nach Deutschland bringt und zeigt dabei stolz auf seinen riesigen Mercedes aus den 70igern.
Den hat ihm sein Bruder in Germany gekauft auf dem Landweg bis nach Libanon gebracht.
Fahdi hat sehr viel Klimmbimm aus Deutschen Landen dort im Hostel rumliegen und zu jedem Teil eine Geschichte parat
...besonders war die Geschichte über seine Deutung des Firmenlogos auf der Singernähmaschine—die gespreizten Beine einer Frau und das gute Teil des Mannes soll da zu sehen sein. Da braucht man aber schon SEHR viel Phantasie!
Fahdi möchte uns aber sehr gerne bei seiner Schwester, die unten am Meer ein Hotel hat unterbringen. Wir sind einverstanden und bekommen noch einen Kaffee.
Es entsteht ein nettes Gepräch—wir müßten unbedingt Baalbek sehen!
Ja—wollen wir ja auch—aber wie—wenn alle Straßen gesperrt sind?
Fahdi ruft die Busgesellschaft an, die regelmäßig nach Bischarri fährt. Von dort kann man weiter nach Baalbek.
Aber Fehlanzeige—natürlich fahren die Busse nicht. Er verspricht uns aber, am Ball zu bleiben—
Mit seinem Mercedes fährt er uns dann runter ins Hotel seiner Schwester.
Hier sind außer uns tatsächlich noch 2 weitere Gäste aus Frankreich untergebracht.
Seine Schwester empfängt uns herzlich und wir bekommen unser Zimmer mit Meerblick und Balkon
Blick nach links vom Parkplatz (öffentlicher Strand) ist eh kaum jemand hier im Lande...schon garnicht Touris
Fahdi verabschiedet sich—er verspricht uns morgen früh das Frühstück zu bringen—wir bleiben über WhatsApp in Kontakt und sollen ihn bei allen Problemen oder Fragen UNBEDINGT kontaktieren!
Wir machen uns auf den Weg und möchten das Castle besuchen.
Inzwischen ist es 14.30 Uhr und heiß.
Da- ganz weit hinten ist das Castle—wir haben fast 3km zu laufen.
Hier wirkt alles so ruhig und friedlich!!
Wir erreichen das Zentrum von Byblos—eine einstige Touristenstadt—tatsächlich sehen wir hier auch einige Touris—zu Glanzzeiten muss es hier nur so von Gästen gewimmelt haben—es gibt immer noch Restaurants, Souvenirgeschäfte, Bars...so sehr ich die Orte ohne Touris liebe—hier ist es deprimierend!!
Ich besichtige das Castle allein—Dirk hat keine Lust—der Eintrittspreis von knapp 5Euro ist angemessen
Hier fand man viele Schätze, die wir zuvor schon im Nationalmuseum von Beirut gesehen haben: die Sphinxe, einige Sarkophage und die ganze Reihe der Mumiensärge—die habe ich auch fotografiert—
Ich bin nach einer guten Stunde fertig mit der Besichtigung und nun möchten wir irgendwo einkehren und was essen.
Jedes der vielen leeren Restaurants wirbt verzeifelt um Kunden.
Aber uns zieht es zu einem kleinen gemütlichen Imbiss.
Innen läuft der Fernseher—natürlich Thema No1: die Aufstände und die Revolution.
Das Mädel zeigt auf ein Bild und in die Richtung Zentrum auf dem Berg—da ist auch was los! Da wir eh noch zum Supermarkt müssen, wollen wir uns das näher anschauen
Es ist greulich: Ganz oben die Fußgängerdemos und hier die immer mehr wachsende Autoschlange, welche die Straßen verstopft. Hupen und schwenkende Libanon Fahnen—Protestrufe. Dazwischen schwer bewaffnetes Militär auf ihren Militärfahrzeugen
Wir kaufen uns im Supermarkt noch ein paar Kleinigkeiten und sehen wieder Jugendliche, die Alkohol einkaufen.
Ich denke, Alkohol ist hier ein echtes Problem!
Wir machen uns auf dem Heimweg und beobachten hier noch eine Weile ein Filmteam, welches vor einem Hotel dreht
Jetzt—um 22Uhr höre ich in der Ferne wieder Sirenen und Geschrei—es ist immer noch nicht vorbei.
Aber ich habe auch gelesen, dass das Land nach einem Regierungssturz noch nicht gerettet ist. Für die hohe Verschuldung ist damit noch keine Lösung gefunden.
Aufbruch: | 18.10.2019 |
Dauer: | 3 Wochen |
Heimkehr: | 05.11.2019 |
Jordanien