Ein kölsches Mädsche unter Schweizern

Reisezeit: März - Juli 2007  |  von Janine Gruschwitz

Städtetouren: Luzern

Eine Woche Osterferien mit strahlendem Sonnenschein und sommerlichen Temperaturen schreien natürlich geradezu nach weiteren Besichtigungstouren (zumal man ja nie so genau weiß, wie lange das Wetter hält...) Also bin ich dem Ruf gefolgt, habe meine Koffer gepackt und bin auf zu Simon nach Luzern gefahren. Sehr praktisch, wenn man jemanden kennt, bei dem man schlafen und der einem seine neue Heimatstadt zeigen kann - an dieser Stelle noch mal 1000 Dank!
Ich habe jedenfalls 2 wunderschöne Tage in Luzern verbracht und muss ganz ehrlich zugeben: je mehr Städte ich besuche, desto mehr verliebe ich mich in die Schweiz! Keine Sorge, ich komme auf alle Fälle wieder nach hause nach Kölle...aber wer weiß, was die Zukunft so bringt...die Schweiz ist definitiv nicht der schlechteste Ort zum Leben! Aber wem erzähl ich das...

So, nun aber wieder zurück nach Luzern - gedanklich jedenfalls
Wie immer - für alle Interessierten - vorweg ein bisschen Stadtgeschichte: Die erste Siedlung in dieser Gegend ging aus dem wohl um die Mitte des 8. Jahrhunderts gegründeten Kloster Luceria hervor; daher auch der Name Leuchtenstadt. Als offizielles Datum der Stadtgründung gilt 1178. Nach Eröffnung des Gotthardweges im 13. Jahrhundert entwickelte sich der Ort rasch zu einem bedeutenden Handelsplatz. 1291 wurde er an die Habsburger verkauft, was 1332 auch zum Anschluss an den Bund der Urkantone führte. 1386 verteidigten die 4 Waldstätte (spätestens an dieser Stelle sollte auch dem letzten klar geworden sein, warum der See heißt, wie er heißt ) bei Sempach erfolgreich ihre Unabhängigkeit. In den Jahrzehnten danach gewann Luzern den größten Teil des heutigen Kantongebiets als Untertanenland. Während der Reformation blieb die Stadt standhaft und damit katholisch, und wurde schließlich sogar Zentrum der Gegenreformation.

Heute gehört Luzern mit ungefähr 63.000 Einwohnern eindeutig zu den größeren Städten der Schweiz und ist nicht zuletzt wegen seiner traumhaften Lage am Vierwaldstätter See (bzw. an der Reuss) und dem beeindruckenden Alpenpanorama ein beliebtes Touristen- und Urlaubsziel. Postkartenidylle eben

Doch Luzern hat natürlich nicht nur eine interessante Geschichte, sondern auch zahlreiche Sehenswürdigkeiten für einen mit Stadtplan und Fotoapparat bewaffneten Touristen zu bieten. Von der Information im Bahnhof startet man seine Stadttour am besten entlang der eingezeichneten roten Linie im Plan - jedenfalls wenn man über einen solch eigenwilligen Orientierungssinn verfügt wie ich So findet man dann auch problemlos das direkt neben dem Bahnhof gelegene, sehr moderne Kultur- und Kongresszentrum Luzern (KKL), das von dem Pariser Architekten Jean Nouvel entworfen wurde und einen starken Kontrast zu den vielen historischen Gebäuden der Stadt bildet. Im Inneren befinden sich der Luzerner Saal, das Auditorium, das Kunstmuseum und der Konzertsaal, der mit seinen 1840 Plätzen zu den größten und besten der Welt gehört. Darüber hinaus befindet sich hier am Bahnhofsplatz auch die viel befahrene Seebrücke, die den Bahnhof mit dem Schweizerhofquai verbindet und von der aus man einen der besten Blicke auf die Stadt, den See und die Berge hat. Markante Orientierungspunkte im Panorama sind südwestlich der Pilatus (2129m) und südöstlich der Rigi (1798), die die Stadt einrahmen.

KKL (jedenfalls ein Teil davon...)

KKL (jedenfalls ein Teil davon...)

Tor vorm Bahnhof

Tor vorm Bahnhof

- ohne Worte -

- ohne Worte -

Doch vorerst halte ich mich natürlich an meine Touristenroute und bleibe noch ein bisschen auf der südlichen See- bzw. Flussseite. Spaziert man hier nämlich gemütlich am Ufer der Reuss entlang, gelangt man automatisch zur Jesuitenkirche mit ihren imposanten Zwillingstürmen. Sie wurde in den Jahren 1666-1669 durch Pater Christoph Vogler im Auftrag der Jesuiten errichtet und gilt als der älteste große Barockbau der Schweiz. Besonders beeindruckend ist der großzügige und reich verzierte Innenraum sowie das Gewölbe, das Mitte des 18. Jahrhunderts neu ausgeschmückt wurde.

schon ganz schön imposant, oder?

schon ganz schön imposant, oder?

...und drinnen erst!

...und drinnen erst!

Weiter reussabwärts trifft man auf eine einzigartige technische Sehenswürdigkeit, das Nadelwehr. Noch heute wird hier der Seepegel von Hand reguliert, indem die so genannten Nadeln (Pfähle aus Tannenholz; 3,50m lang, 18cm dick und 30kg schwer) je nach Wetter und Pegelstand ins Wasser gelassen oder herausgenommen werden. 1859/60 ersetzte diese Technik die alte Reussschwelle, welche zuvor das Wasser auf die Mühlen der Stadt geleitet hatte.
Der lange Steg des Nadelwehrs grenzt an eine weitere Sehenswürdigkeit der Stadt. Die Spreuerbrücke ist neben der größeren Kapellbrücke (die laut meinem Stadtplan erst später dran ist ) die zweite gedeckte Holzbrücke Luzerns. Ihren Namen verdankt sie der Tatsache, dass hier früher die einzige Stelle war, von der aus man Spreu und Laub in den Fluss werfen durfte. Die Spreuerbrücke wurde 1408 als Teil der Stadtbefestigung erbaut, 1566 von einem heftigen Sturm zerstört und 2 Jahre später wieder aufgebaut. Zwischen 1626 und 1635 fügte Kaspar Meglinger schließlich 62 Bildtafeln ein, die den Totentanzzyklus darstellen.

Fließe Wasser, fließe

Fließe Wasser, fließe

Spreuerbrücke

Spreuerbrücke

Totentanz-Bilder

Totentanz-Bilder

Über die Spreuerbrücke (oder eine der vielen anderen Brücken der Stadt) gelangt man schließlich auf die nördliche Flussseite, auf der sich die schöne Altstadt Luzerns sowie viele weitere Sehenswürdigkeiten befinden. Dazu gehört ohne Frage auch die Museggmauer, ein Teil des nach 1386 entstandenen Befestigungsring mit ursprünglich 10 Türmen. Heute sind noch 9 erhalten, von denen 3 sogar öffentlich zugänglich sind: der Schirmer-, Männli- und Zytturm. Letzter erhielt seinen Namen, weil in ihm die älteste Uhr Luzerns von 1535 untergebracht ist. Sie hat daher das Privileg eine Minute vor allen anderen Uhren der Stadt die Stunden zu schlagen.
Zwischen diesen 3 Türmen führt der Weg oben auf der Museggmauer entlang und man hat einen tollen Blick über (fast) die ganze Stadt. Zu Beginn war die Mauer allerdings nur 3 ½ Meter hoch, wurde später aber auf ihr heutiges Maß von 9 Metern erhöht. Die verschiedenen Bauphasen lassen sich heute noch an den einzelnen Mauerabschnitten ablesen. Insgesamt misst die Museggmauer stolze 870 Meter und gehört damit zu den besterhaltenen Wehranlagen in der Schweiz. Definitiv ein optisches Highlight!

ein wirklich winziger Teil der Museggmauer

ein wirklich winziger Teil der Museggmauer

Ausblick *schwärm*

Ausblick *schwärm*

Wieder heil unten angekommen (Achtung, die Stufen sind nämlich teilweise unglaublich steil und schlecht befestigt!), kann man sich bei einem gemütlichen Bummel durch die Altstadt mit ihren vielen malerischen Plätzen und kleinen Gassen von den Strapazen der Turmbesteigungen erholen. Mittelpunkt des historischen Stadtkerns ist der Weinmarkt, umrahmt von freskengeschmückten Bürgerhäusern. Hier haben die Luzerner 1332 den eidgenössischen Bund beschworen. Weiter führt der Weg zum Kornmarkt, wo man das ebenfalls reich mit Fresken verzierte "Zunfthaus zu Pfistern" sowie das Rathaus Luzerns findet. Dieses wurde zwischen 1602 und 1606 durch Anton Isenmann unter Einbeziehung eines mittelalterlichen Turms errichtet. Stilistisch stellt es eine Mischung der italienischen Renaissance und heimischer Bauweise dar. Zu Reuss hin befinden sich offene Arkaden, die heute noch als Ort für den Wochenmarkt dienen; und im benachbarten Brauhaus gibt es für den fleißigen Touristen auch ein lecker Bierchen

Weinmarkt

Weinmarkt

Rathaus (vom Kornmarkt aus geknipst)

Rathaus (vom Kornmarkt aus geknipst)

...samt Turm

...samt Turm

noch einmal das Rathaus, diesmal von der Flussseite (Tipp: rechts ist das Brauhaus )

noch einmal das Rathaus, diesmal von der Flussseite (Tipp: rechts ist das Brauhaus )

Hat man die Altstadt hinter sich gelassen, führt einen der rote Faden (Apropos: Luzern hat doch tatsächlich keinen Gerechtigkeitsbrunnen...jedenfalls habe ich keinen gefunden *schnief*) im Stadtplan die Hertensteinstraße hinunter bis zum Löwenplatz, wo sich das populäre Luzerner Panorama befindet, ein rund 1100m² großes Rundgemälde von Edouard Castres, das den Übertritt der französischen Armee aufs Schweizer Territorium von 1871 zeigt. Dieser Anblick wurde mir allerdings leider von einem überdimensionalem Sichtschutz verwehrt, denn im Inneren des Gebäudes befindet sich eine Bibliothek, deren Bücher bei starkem Sonneneinfall auf diese Art geschützt werden.
Dafür hat mich das nahe gelegene Löwendenkmal allerdings reichlich entschädigt. Es zählt zu den berühmtesten Denkmälern der Welt und wurde zum Andenken an den Heldentod der Schweizer Söldner errichtet, die im Dienst König Ludwigs XVI. von Frankreich während der Französischen Revolution in Paris beim Tuileriensturm (Das Palais des Tuileries war der Sitz des französischen Königs, nachdem er das Schloss Versailles verlassen hatte.) vom 10. August 1792 gefallen sind oder durch die Guillotine am 2./3. September 1792 hingerichtet wurden. Die Inschrift "Helvetiorum fidei ac virtuti" bedeutet "Der Treue und Tapferkeit der Schweizer". Das Denkmal entstand auf Anregung von Hauptmann Carl Pfyffer von Altishofen, der sich zurzeit des Sturms in Luzern befand und für seine gefallenen Kameraden einen Gedenkort erstellen lassen wollte. Das Löwendenkmal wurde am 10. August 1821 eingeweiht und 1882 ging es durch Kauf in den Besitz der Stadt Luzern über.
Eine kleine Anekdote am Rande: Der amerikanische Schriftsteller Mark Twain soll "den Löwen von Luzern zu dem traurigsten und bewegendsten Stück Stein der Welt" erhoben haben.

Vom Löwendenkmal aus geht die Route weiter zum Seeufer, denn hier streckt sich unübersehbar die Hofkirche mit ihren beiden gotischen Spitztürmen in die Höhe. Ursprünglich ein Benediktinerkloster aus dem 8. Jahrhundert, 1633 durch einen Brand zerstört, wurde sie 1645 neu aufgebaut und gilt heute als wichtigster Schweizer Kirchenbau der Renaissance. Rundherum wird das Gotteshaus von einem Arkadengang nach Art italienischer Camposanti (Friedhöfe) umzogen.

Hofkirche

Hofkirche

Camposanti

Camposanti

Von hier aus finde ich dann sogar ohne Blick auf den Stadtplan zurück zur Altstadt und zur letzten wichtigen Sehenswürdigkeit Luzerns, der Kapellbrücke...das stand ja noch aus Die älteste gedeckte Holzbrücke Europas entstand Anfang des 14. Jahrhunderts ebenfalls als Teil der Stadtbefestigung. 1993 wurde sie durch einen Brand schwer beschädigt, dem auch der reichhaltige Bilderzyklus aus dem 17. Jahrhundert im Dachstuhl zum Opfer fiel. Verschont wurde jedoch der angeschlossene achteckige, über 34 Meter hohe Wasserturm, der früher als Archiv, Tresorraum, Gefängnis, Verhör- und Folterraum genutzt wurde. Heute, nach dem fast originalgetreuen Wiederaufbau, ist die Kapellbrücke samt Wasserturm wieder das Wahrzeichen der Stadt und eines der beliebtesten Fotomotive:

Kapellbrücke und Wasserturm

Kapellbrücke und Wasserturm

Mensch, und schon wieder hab ich einen halben Roman geschrieben... Aber was kann ich denn auch dafür, wenn die Schweizer Städte sooo viele tolle Sehenswürdigkeiten haben Darum schließe ich diesmal auch mit ein paar ganz privaten Schnappschüssen, um Langeweile und Eintönigkeit zu verhindern:

Simon (und meine Tasche )

Simon (und meine Tasche )

Der Löwe und ich

Der Löwe und ich

Der Küchenchef

Der Küchenchef

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Erasmus machts möglich: Schweizer Gelassenheit, französische Sprache und kölsche Lebenslust treffen aufeinander - c'est la vie!
Details:
Aufbruch: 05.03.2007
Dauer: 4 Monate
Heimkehr: 02.07.2007
Reiseziele: Schweiz
Italien
Zürich
Der Autor
 
Janine Gruschwitz berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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