Safari Njema - Praktikum in Tansania
Eisenbahnromantik
Endlich habe ich mal wieder Internet um die lieben Zuhause mit frischen Erlebnissen aus Tansania zu versorgen.
Nachdem ich ja fast durchgehend neun Wochen in den wuseligen Gassen von Dar Es Salam mit meinem Kollegen in Sachen Bildung fuer arme Kinder unterwegs war und wir ueber sechzig Besuche in den verschiedensten mehr oder minder gut erreichbaren Stadtteilen absolviert haben, dachte ich mir so jetzt ist ein guter Zeitpunkt um sich mal eine andere Ecke von dem Land anzusehen.Da ich ja ein grosser Freud des Fortbewegungsmittels Eisenbahn bin war der Entschluss mit der Tanzanian-Zambian-Railway bis in die ca.1200 km enternte
mittelgrosse Stadt Mbeya zu fahren, welche kurz vor der Grenze zu Sambia liegt,schnell gereift.
So schoss ich am Morgen des 14.9.08 gegen 6:00Uhr aus dem Bett, denn ich wollte unter keinen Umstaenden die Abfahrt die ja fuer 8Uhr regulaer angesetzt war verpassen und schliesslich galt es ja noch die am anderen Ende der Stadt situierte Bahnstation anzusteuern. Ich beeilte mich also und verrichtete die morgendlichen Rituale in doppelter Geschwindigkeit um gegen punkt acht Uhr mit teutonischer
Praezision in der Wartehalle zu sitzen. Oh was habe ich mich geaergert als die durchsage kam das die Abahrt sich erstmal aufgrund von technischen Problemen um 4 Stunden nach hinten verzoegert. Wozu diese Hatz am Morgen?,frage ich mich in mich selbst hineinmurmelnd. Aber gut aufregen bringt ja nichts. Sowas oder aehnliches habe ich schon zu oft erlebt und es gehoert zum Reisen wie die Kette zum Fahrrad! Vielmehr richte ich mich jetzt heimelig in der Wartehalle ein und staune ueber die der Zeit Tribut zollende sechziger-Jahre-Architektur dieses komplett von China finanzierten Infrastrukturprojektes.
Na ja, lange Rede kurzer Sinn aus vier Stunden wurden schnell Acht und mein Hintern des Sitzens ueberdruessig bevor die Fahrt ueberhaupt begonnen hatte.
Das Gefuehl als ich aus meiner komfortablen Kabine heraus beobachten konnte wie der Zug tatsaechlich die Station verlassen sollte war eine Mischung von Gleichgueltigkeit gegenueber zeitlichen Dingen und grosser Vorfreude auf das Folgende.
Die Vorfreude und das lange Warten war wie sich schon beim durchfahren der dichtbesiedelten Vororte von Dar herrausstellte einach nur eine kleine Pruefung bevor ich geniessen konnte.Hunderte winkende Kinderhaende verabschideten das traege chinesische Dampfross gen Osten des Landes. Jeden Kilometer erarbeitet such dieses lange Ungetuem und rattert schnauffend vor sich hin um teilweise von jetzt auf gleich unverstaendlicherweise einfach an Ort und Stelle anzuhalten. Ich beobachte diesen technischen Drahtseilakt mit aus dem Fenster gestreckten Kopf und freudiger Miene.
Die naechsten ca.30 Stunden hatte ich gar kein Zeitgefuehl bzw. ich habe im Nachhinein
nachgerechnet das es 30 Stunden waren die ich auf so gelassene Weise unterwegs war.
Der Zug war trotz oder auch weil der Vespaetung noch langsamer als gewohnt aber fuer einen passionierten Bahnromantiker wie mich mit seinen 50 km/h Geschwindigkeit gerade langsam genug. Ich legte also die Beine hoch sah die immer mehr nach Wasser duerstenden Landschaftsformationen vorbeiziehen und machte das ein oder andere Foto.
Bei Einbruch der Nacht passierte der Zug das Selous Game Reserve das sicher bei Tageslicht den ein oder anderen Blick auf exotisch animalische Zeitgenossen geboten haette, so zumindest hatte ich es teutonisch planen wollen.
Der naechste Morgen begann ziemlich abprupt und mein Bewusstsein war noch gar nicht voll da, als sich fuenf dreiste Tansanier Wort-, Gruss- und Ticket-los in das Abteil schmuggelten. Die Nachruhe war vorbei und auch schnell die Zeit dieser unfreundlichen
Okkupation. Der Zugbeamte entschuldigte sich uebertrieben servil aber das konnte die Tiefschlafphase auch nicht zurueckholen. Mein Abteil war mittlerweile uebrigends eine kleine thueringer Bastion geworden nachdem Andi aus Erfurt sich dort noch mit eingemietet hatte. Ein diplomierter Sozialpaedagoge auf dem Weg nach Malawi und noch besser er war nicht allein: er fuehrte ein Zupfinstrument mit sich, dass den naechsten Tag
meinen Ohren stark schmeicheln sollte. Unnachgiebig schob sich derweil der Zug an entlegenen Doerfern vorbei, deren Bewohner sehnsuechtig der Ankunft eben jenes entgegenfiebern um dann wie auf Kommando bei Ankunft invasionsartig ihre vielen
Gemuese und Obstpakete lautstark anzupreisen.
Bei jedem Stop wurde der Zug belagert wie Brad Pitt beim Gang zum Baecker.
Oft wurde auch nichts angeboten und sobald die kleinen Kinder uns Europaer sahen wollten sie unverhohlen gleich Cash haben aber stattdessen spielte Andi ihnen ein Staendchen auf der Klampfe. So richtig wussten die kleinen nicht mit dem musizierenden
in ihre Welt eindringenden Weissen umzugehen. So etwas Anti-Kommerzielles hat es wohl noch nicht so oft zwischen diesem Bahnsteig und jenem Zugfenster gegeben.
Je naeher der Zug Mbeya, der Endstation kam, umso kaerglicher und duerrer formierten sich die vielen Berghaenge um die Bahnstrecke herum. Immer oefter verschwand der Zug und wurde von einem sicher von motivierten Chinesen in den Berg gehauenen Tunnel geschluckt. Der Kontrast der Vegetation ausserhalb des Zuges war jetzt schon frappierend. Zu Beginn des Tages schlaengelte sich der Zug noch an ueppig gruenen Regenwaldflaechen vorbei, die wie ein riesiger Teppich von Petersilienstraeuchern
meinen Blick sanft auffingen. Jetzt sah ich aus dem Barwagoon wie vereinzelt nur noch Kakteen faehig waren Fluessigkeit aus den durstigen Boeden zu bekommen.
Auch die vielen risen Grossen und mannigfaltig daherkommenden Bananen und Papaya- baeume waren verschwunden.
Ich wusste aber das Mbeya nicht mehr weit war und genoss ein letztes kuehles Serengeti bier waehrend Andi seine Gitarre fuer das letzte Liedchen gekonnt bearbeitete.
Um 19 Uhr fuhren wir also voll bis zum Umfallen mit Eindruecken gluecklich in Mbeya ein und dankten der tansanisch-sambisch-chinesischen Freundschaft fuer dieses grossartige Erlebniss. Episoden wie diese bewirken dass ich mich auf diesem Fleckchen Erde so wohl fuehle und meinen Aufenthalt bis ende Oktober verlaengert habe, da ich
noch einige Plaene habe... Aber keine Angst ich habe nicht vor auszuwandern auch wenn das ein gutter Ort dafuer ware.....
Aufbruch: | 03.07.2008 |
Dauer: | 5 Monate |
Heimkehr: | 10.12.2008 |