Safari Njema - Praktikum in Tansania

Reisezeit: Juli - Dezember 2008  |  von Alexander Türk

Der lauf der Dinge

Viele Gruesse aus dem sonnigen Dar Es Salam sendet euch Alex.
Heute ist der Tag in der Woche, welcher mich elegant
vom Donnerstag ins Wochenende hinuebergleiten laesst.
Es wird ein Wochenende sein, dass eine weitere
kontrastreiche Woche beschliesst.
Es war schon wieder eine enorme Bandbreite menschlicher
Befindlichkeiten, welche mich begleite auf meinem
Weg durch die hiesige,tansanische Alltaeglichkeit.
Ich sah wie hysterisch wimmernde Frauen vor einem
Loch in der trockenen Erde stehenend,flehenende
Klagelaute gen Himmel ausschickten.
Schon Minuten spaeter wurde ihr geliebter Verwandter,
in dieses, sein letztes Ruheplaetzchen einquartiert.
Ich sah aber im Gegensatz dazu aber auch, wie sich lange
aufgestaute und haeufig entaeuschte Hoffnungen
in einem energetischen Torjubel im
Nationalstadion Bann brachen.
Das traurige Ereignis der Beerdigung, erlebte ich
mit weil von meinem Koordinator auf Arbeit
der Schwager relativ ploetzlich einer Tuberkulose-
erkrankung erlag.
Da hier bei Beerdigungen jeder teilnehmen und mit
Abschied nehmen kann, tat ich dies auch.
Wir fuhren zu erst zum Haus der Familie des Toten,
wo der Leichnam fuers letzte Geleit nochmal
aufgebahrt und praepariert wurde.
So ungefaehr 150 Menschen, die sich weitestgehend
aus dem Familien und Freundeskreis rekrutierten,
versammelten sich dort und warteten auf den Priester.
Das hatte ich vergessen zu erwaehnen:es war naemlich eine
Beerdigung nach christlichem Brauch.
Nach einem Gebet wurde ein Trauerzug mit mehreren
grossen Autos gebildet um den Leichnam zu seiner letzten

Heimat unter die Erde zu bringen.
Beim Tragen des Sargs und zuschuetten des Grabes packten
dann alle mit an. Begleitet wurde das ganze
von dem herzzerreissenden Schluchzen der weiblichen
Familienangehoerigen, die der ganze Umgebung
ihren Verlust unter die Haut gehen lies.
Nachdem ich vielen betroffenen Trauernden mein Beileid
bekundet hatte gab es noch ein grosses Beieinandersitzen
der Familie, wo mir schnell auffiel wie schnell man
aus der resignativen Trauerstimmung in eine
pragmatische "das Leben muss irgendwie weitergehen
Stimmung" wechselte. Zwar wurde spezielle Trauermusik
gespielt aber wie auf einer Trauerveranstaltung
war es nun nicht mehr.
So ausgelassen wie fuenf Tage spaeter beim Fussball-
laenderspiel Tansania gegen Ghana war es aber natuerlich
auch nicht.
Da das Schmuckkaestchen von Nationalstadion nur einen
Steinwurf von meiner Praktikumsstelle entfernt liegt war
es natuerlich keine lange Ueberlegung, sich die heimischen
Lokalhelden "Taifa Stars" in der Auseinandersetzung mit
den "Black Stars" aus Ghana anzusehen.
Somit schlenderte ich mit meinen Kollegen hinueber
und wie hier nicht ganz unueblich wurde ganz entspannt,
die Anstosszeit erstmal eine halbe Stunde nach hinten
verlegt. Sobald der Anstoss dann aber erfolgt war, gaben
sich beide Teams sichtlich Muehe die noch recht gelangweilt
wirkenden 25000 Zuschauer spielerisch auf ihre Seite
ziehen zu koennen.
Nachdem aber Angriffswoge auf Angriffswoge auf den
muehsam verteidigten ghanaischen Straufraum zurollte,
folgte dann auch Begeisterung auf dem ueppig mit bunten

Sitzschalen ausgestatteten Stadionrund.
Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass
dieses Spiel ein kurioses Ende nehmen sollte.
Nachdem der tansanische Torhueter mit seinen
spektakulaeren Fehlgriffen-Marke Taube ohne Fluegel-
fuer unnoetige Spannung gesorgt hatte und seine
Vorderleute mehrfach aus bester Position fast das
Flutlicht am Stadiondach kapuutgeschossen hatten,
durften die Lokalhelden zu Beginn der zweiten
Halbzeit endlich ausgelassen ihre Fuehrung bejubeln.
Die Freude war nun riesig den nun wusste man das man
die Favoriten bezwingen koennte.
Bis kurz vor Ende des Spiels als die
Daemmerung und die Sparsamkeit der tansanischen Behoerden
das Spielfeld schon in leichte Dunkelheit tauchten,da
passierte etwas seltenes.
Der ghanaische Torhueter hatte wohl die leichte
Dunkelheit guenutzt um mit seiner Anwesenheit im
gegnerischen Strfraum fuer gewaltig Verwirrung
zu sorgen. Er trug ein leuchtend rotes Trikot
und konnte sein Glueck kaum fassen, als er die
wie wie ein fauler Apfel auf seinen Kopf fallende
Flanke unhaltbar ins lange Eck des tansanischen
Tores abfaelschte. Der Mann war nicht mehr zu
halten und lief begleitet von neben ihm
auffprallenden Wasserflaschen eine halbe Ehrenrunde
bevor er den Abpfiff zurueck in seinem Tor
mit Luftspruengen feierte.
Schade, Schade aber auch diese Entaeuschung wurde schnell
weggesteckt den im Gegensatz zu einer Beerdigung hat man
nicht wirklich etwas verloren sondern nur etwas
nicht gewonnen. Aber fuer manche kann ja sowas auch
schon existenzielle Zuege annehmen.
In diesem Sinne schliess ich fuer heute.
Ich hoffe das ich jeweils noch Bilder miteinfuegen kann
sobald mir die schnellere Leitung
wieder zur Verfuegung steht.

Alex gruesst die Heimat...

© Alexander Türk, 2008
Du bist hier : Startseite Afrika Tansania Der lauf der Dinge
Die Reise
 
Worum geht's?:
Ich mache ein 3-monatiges Praktikum in Tansania im Bereich der sozialen Arbeit. Untergebracht bin ich bei einer tansanischen Familie in Dar Es Salam und arbeite in einer Bildungs und HIV-Praeventions NGO.
Details:
Aufbruch: 03.07.2008
Dauer: 5 Monate
Heimkehr: 10.12.2008
Reiseziele: Tansania
Der Autor
 
Alexander Türk berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
Bild des Autors