drei monate indien

Reisezeit: Dezember 2008 - Februar 2009  |  von Charlie Salomon

kamele on tour

ja, es gibt kamele.
inzwischen sind sie uns schon so vertraut, wie die allgegenwaertigen kuehe, die fremden gerueche, die farben, die frauen mit den tausend armreifen, den goldenen nasenringen mit einer kette rueber zum goldenen ohrschmuck, den bunten saris, der dreck, die "wuestenkrieger", die hier ueberall mit ihren leuchtenden roten oder orangen turbanen, den wickelhosen, den schnabelschuhen das strassenbild verzieren...

wir sind in jaisalmer.
eine stadt in der wueste thar, schon von grosser entfernung erkennbar, denn die silouette wird bestimmt durch die uralte sandsteinfestung, die ueber der stadt thront. von hier aus sind es noch etwa 100 km bis zu den lieblingsfeinden der inder, den "paks", wie sie die pakistanis abfaellig nennen.

eine stadt (fast) am ende der welt, ein paar riesensendemasten verunzieren das fotomotiv, am horizont hunderte von windraedern zur stromerzeugung. nicht weit von hier fanden auch in juengerer vergangenheit atomtests in der wueste statt, ein junger mann erzaehlte uns von gelegentlichen gesundheitlichen problemen, bei kindern und neugeborenen...

steine sand staub, dornenbuesche, ein paar baeume, straeucher, kakteen. ziegen. schafe. sogar kuehe, die offensichtlich von nix ueberleben koennen. und kamele.

sandduene mit "kamelen" die eigentlich dromedare sind.

sandduene mit "kamelen" die eigentlich dromedare sind.

wir sind aufgrund eines tips in ein kleines dorf namens khuri etwa 40 km von jaisalmer entfernt gefahren. hier sind die haeuser noch teilweise aus lehm handgeformt, runde huetten mit fantasievollen lehmverzierungen, strohdach und farbenfrohen bemalungen. kamele sind hier das fahrzeug der wahl. (und ok, es gibt, wie ueberall hier, auch grausige architektur, unfertige baustellen, eingefallene aeltere gebaeude, jede menge dreck.)

ein mann, sein name ist arjun, hat uns am bus abgefangen, und belabert uns, doch mit ihm zu seinem guesthouse zu kommen, nur 100 rupies (1,60 euronen) inklusive fruehstueck, abendstueck sowie pro person ein eimer heisses wasser fuer die warme dusche, falls erforderlich. der mann entpuppt sich als freundlicher, unaufdringlicher typ, der auf diese weise versucht, seinen umsatz zu verbessern, und insbesondere eine der bei den foreigners beliebten cameltouren in die wueste an den mann zu bringen.

sein familyguesthose ist eine im kreis um eine feuerstelle gruppierte ansammlung von sechs tradietionellen lehmhuetten.
sehr schoen und "heimelig" wenns nicht abends immer so saukalt waer...
er selbst lebt nebenan, in einem hof mit aehnlichen huetten mit frau kindern usw. keineahnungwernochalles.

wir vereinbaren dann am abend:
1. kameltour
2. 3 kamele und wir und zwei "cameldriver"
3. drei tage zwei naechte
4. geradeausreiten ohne schnoerkel, ziel im wesentlichen der horizont.

und bitte: kein villagesightseeing mit people-glotzing
(da gibts hier so spezialisten, die sich das ganze im stil von disneyworld wuenschen, mit folkloredanceshow und schauhandwerk, am besten mit bequemem sessel und gekuehltem bier im gebuchten pack included)

am naechsten tag in der frueh gehts los. gabis kamel heisst babalu, meins chauriah, unsere beiden cameldriver sitzen auf lal. jede menge wasser und proviant, auch fuer unsere kamele, und decken.

was soll man sagen -
es war supertoll.
der hoehepunkt unserer wunderbaren reise ins fremde land.
unsere beiden cameldriver sind am anfang noch recht distanziert, vielleicht haben sie auch schon entsprechende erfahrungen mit touriekollegen sammeln koennen?

die landschaft ist vielfaeltig und abwechslungsreich. natuerlich auch echter, feiner wuestensand, zu hoehen duenen aufgetuermt, gelegentlich primitive ansiedlungen - wie in einer brotfuerdiewelt werbung. auf der reise kommen wir immer mehr mit unseren beiden fuehrern in kontakt. der aeltere (deepshing) ist zwar mit fuenfzig genau so alt wie ich, aber offensichtlich zehrt das wuestenleben doch an der substanz. er sieht aus wie ein echter wuestensohn: sonnengegerbte, faltige lederhaut, den 10-tagebart kroent ein riesenzwirbelschnauzbart. oranger turban, windel - aeh - wickelhose, spitze kamellederschuhe. leider wird er am zweiten tag schlimm krank, da haengt er dann schwer in den seilen und jammert leise vor sich hin: hare ram, hare ram...
als wir am abend am lagefeuer besuch bekommen, und der als heilmittel eine kugel opium mitbringt, geht es deepshing fuer ein paar stunden wieder gut...

wuestenkoch deepshing mit wuestenschiff chaudria

wuestenkoch deepshing mit wuestenschiff chaudria

frischmilch fuer den chai (=tee) gefangen. die schwarzen spender spazieren in kleinen herden einfach so in der wueste herum!

frischmilch fuer den chai (=tee) gefangen. die schwarzen spender spazieren in kleinen herden einfach so in der wueste herum!

alles zu beschreiben sprengt hier leider den rahmen

was wir noch erleben:
poposchmerzen!
gluthitze!
jeden tag wird drei mal fuer uns am lagerfeuer super lecker gekocht!
unwetter ! donner ! eine stunde platzregen!
schlafen auf nassem sand mit nassem zeugs nachts brontal kalt!
peacocks = pfauen
antilopen!
wilde kamele!!
sternenglitzefunkelwuestenhimmel!
und:
wuestengesaenge nur um des gesangs wegen, nicht fuer uns ...

UNVERGESSLICHE MOMENTE.

ausschnitt aus gabis tagebuch:
die erste nacht sitzen wir ums feuer, ich spiele maultrommel. das gefaellt deepshing und er versucht es, bringt aber keinen ton heraus - vielleicht wegen seinem rajasthanischnurbart?
die beiden unterhalten sich, spaeter singt dinish ein lied der wueste. er erzaehlt uns von seinen unterschiedlichen erfahrungen als kameldriver. den unterschiedlichen touristen, den verschiedenen sprachen der kundschaft. den moslemischen kollegen, die gerne die touristen an der nase rumfuehren: mitten in der wueste behaupten: money finished! oder am zaun zum nationalpark erklaeren, very dangerous, hier grenze zu pakistan.
ich schlafe gut in dieser nacht, zu hart, aber warm und wohlig unter der schweren decke. der mond geht erst auf als wir schon unter der decke liegen...

© Charlie Salomon, 2008
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Die Reise
 
Worum geht's?:
münchen delhi goa. ankommen. kulturschock überwinden. nach kerala, eventuell mit einer enfield bullet? backwater bootstour wäre nicht schlecht. und dann? mal sehen wo es uns hin verschlägt. fest steht jedenfalls: rückflug ende februar von delhi.
Details:
Aufbruch: 03.12.2008
Dauer: 13 Wochen
Heimkehr: 28.02.2009
Reiseziele: Indien
Der Autor
 
Charlie Salomon berichtet seit 15 Jahren auf umdiewelt.
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