Weltreise
Transsib, Irkutsk und Baikalsee
Am letzten Tag in Moskau bringt uns Steffen um 23.25 Uhr zum Zug nach Irkutsk.
Es liegen jetzt 5 Tage Dauerzugfahrt vor uns. Bisher belaeuft sich unsere Erfahrung darin auf
7 Stunden bis nach Sylt und wieder heim, wir sind also wahrlich keine alten Fuechse.
Wir liegen im Wagen 2, nach der herzlichen Verabschiedung von Steffen, lernen wir unseren ersten Mitreisenden Andrej kennen. Er ist normal gross, helles Haar, 46 Jahre und schlank. Unser Freund Sergej wuerde sagen: " Er hat nicht den Kommunistenblick". Er arbeitet bei Gazprom, wo auch sonst...
Zu unserer grossen Freude kann er sogar ein bisschen Englisch.
Es entwickelt sich ein lebhaftes Gespraech mit kleinen Sprachbarrieren.
Unvermittelt wird Lukas von Andrej gefragt welches Datum wir heute haben und er antwortet den 01.09 dies ist jedoch falsch, da wir bereits eine gute Stunde unterwegs sind.
Andrey krammt seinen Pass hervor, welch eine Ueberraschung 02.09! Er hat also heute Geburtstag. Grund genug die erste Dose Baltika-Buechsenbier zu oeffnen. Der Abend nimmt einen lustigen Verlauf...
Als wir am naechsten Tag gegen Mittag aus einem tiefen Schlaf erwachen, den wir nach der Gewoehnung an das Schaukeln erleben, blickt Lukas in das strahlende Gesicht Andrejs.
Dieser sagt: "I wants to talk to you Jakob, because we haven't so many time."
Es ist 12 Uhr und er steigt um 4 aus, bei dem an Lichtgeschwindigkeit grenzenden Fortbewegungstempo quasi nichts...
Nach weiteren Gespraechen versuchen wir Andrej zunaechst Skat, weil dies jedoch besonders auf englisch zu schwer zu erklaeren ist, Mau Mau beizubringen. Es gelingt und Andrej lacht sich in kindlicher Schadenfreude halb schlapp als er Lukas 3 Mal nacheinander "2 ziehen" reindrueckt...
Welch eine Freude ein so einfaches Spiel doch machen kann!
Andrej steigt in Kirov aus, jedoch nicht ohne unsere Adressen fuer seine in Frankreich lebenden Kinder zu erfragen.
Also, Mitfahrerwechsel: Jetzt eine Frau, ca. 50. Eine der von uns heissgeliebten Babuschkas?!
Wir stellen uns vor, ihr Name ist jedoch nicht zu verstehen. Russisches Gebrabbel donnert auf uns ein, wir verstehen jedoch nichts... Man lebt also 2 Tage zusammen, ohne etwas zu sprechen. Im Laufe der naechsten 2 Tage kuemmert sie sich allerdings ruehrend um uns und verkoestigt uns sogar mit Fleisch und Ei...
Totenstille im Abteil, wir lesen und am Fenster zieht ein Birkenbaum nach dem Anderen vorbei. Man koennte mit der Anzahl dieser Baeume ca. 1000000 Jahre Fronleichnam zelebrieren...
Am 2. Tag gegen 4 sagt Jakob: " Komm, lass uns mal ne Apfelsine im Speisewagen essen gehen!"
Da diese jedoch nicht vorhanden sind und die Wirtin uns in sehr gebrochenem Englisch ihren "Scheese" und "luunsch"anpreist, entschliessen wir uns zu einer guten Dose Baltika-Bier.
Dieses zauberhafte Bieraroma, was einem noch 10 Minuten nach dem ersten Schluck auf der Zunge und im Rachen liegt, ist einmalig! Nach ca. 8 von diesen Geschmacksvernichtern machen wir die Bekanntschaft zweier tuerkischstaemmigen deutschen Frauen. Ein Schelm wer jetzt falsches denkt...
Wir unterhalten uns sehr nett, hierbei fallen einige Tipps fuer Peking und China fuer uns ab, da die Aeltere der beiden dort lebt. Wir haben das Gefuehl, dass "Ting Bu Dong" - "Ich hoere, aber verstehe nichts" ein ganz wichtiger Satz fuer uns werden wird...
Am 4. Tag stellen wir morgens 2 Dinge fest: 1. Kopfschmerzen, und 2. das Muetterchen welches uns immer so lieb, aber stumm, umsorgt hat ist weg. Sie wird wohl fuer immer namenlos bleiben... Den ganzen Tag geniessen wir die jetzt nicht nur noch aus Birken bestehende Welt jensets des Fensters. In Krasnojarsk nach 4092km steigt Anton zu, 27 Jahre, schwarze kurze Haare, duenn und klein. "Ja und der, der hat den Kommunistenblick, das erkennt sogar ein Blinder."
Er arbeitet bei einer Partnerfirma von SAP in Russland und spricht leise aber sehr gut englisch.
Bevor sich ein sehr informatives, interessantes und langes Gespraech ueber alle Themen die uns einfallen entwickelt, ueberqueren wir den Enisej, gigantisch, ca. 1 km breit,der wasserreichste Fluss der Erde und wir waren da!
Am 5. Tag morgens nach wenig Schlaf kommen wir in Irkutsk an. Der Gedanke, dass wir 5185km zurueckgelegt haben und somit einen Grossteil Russlands durchquert haben sollen, ist uns unvorstellbar. Die Hostelsuche gestaltet sich einfach, da Anton uns auch da geholfen hat. Der Hostelmanager spicht perfekt englisch, erzaehlt uns alles was wir wissen wollen und kassiert auch gleich ab. Endlich duschen! Wir fuehlen uns wie neugeboren. Danach ins Internetcaffee und Essen kaufen, da von den selbstgemachten russischen Leckereien der Babuschkas vom Bahnhof, die dadurch ihr Ansehen bei uns deutlich steigern konnten, nichts mehr da ist. Nun ab zum Baikalsee, Vorfreude pur!!
Wir laufen bis zum Bus, eigentlich eher Kleinbus was jedoch in Anbetracht der Tatsache, dass in einem 9sitzer 16 Mann plus Gepaeck gequetscht werden, falsch ist. Von anschnallen und Verkehrsregeln hat der kleine rothaarige Pumuckel der sich Fahrer schimpft eh noch nichts gehoert. Er quaelt also das voellig ueberladene Busschen die huegelige 70km lange Strecke bis nach Listvjanka und wir bezahlen jeder 125 Rubel, nicht mal 3 Euro...
Mit einem mitlerweile fachmaennischen Blick steuern wir das Touribuero an, schoepfen Informationen ab, und los gehts! Wir wandern am Seeufer entlang und steigen vom ca. 3-4m breitem Steinstrand den steilen Uferhang empor. Von einem Felsvorsprung haben wir eine ueberwaeltigende Aussicht ueber das glasklare, trinkbare Wasser des Sees und die einmalige Landschaft. Wir schlagen unser Zelt am schiefen Hang auf, machen ein Feuer und verbringen so die doch etwas kaeltere Nacht im Zelt. Dazu sei noch gesagt, am Tag zuvor hatte es in Sibirien zum ersten Mal nachts gefroren, da muteten unsere Sommerschlafsaecke doch etwas duenn an, aber es ging einigermassen gut...
Am naechsten Nachmittag werfen wir den regelmaessig vollbesetzt vorbeirauschenden Busschen in Richtung Irkutsk boese Blicke hinterher, bevor wir nach ca. 1 stuendiger Wartezeit endlich 2 Sitzplaetze ergattern koennen. Im Bus sitzend, wie die Huehner in der Legebatterie und den Rucksaecken auf dem Schoss werden wir von unserem Kaefignachbar freundlich als "Faschisten aus Germania" begruesst...
Morgen frueh, um 5:25 Ortszeit geht es dann weiter in die Mongolei.
Gruesse an die daheimgebliebenen, Jakob und Lukas
Aufbruch: | 24.08.2009 |
Dauer: | 6 Monate |
Heimkehr: | 08.02.2010 |
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