Ruinen und Regen: eine Albanienreise

Reisezeit: Mai 2010  |  von Kathrin Hentzschel

Tirana, 16.5.: Galopp in der Baustelle

Der erste Eindruck von Albanien ist leider denkbar deprimierend. Tirana begrüßt uns im Regen und zeigt sich von seiner düsteren Seite. Da wir unsere Reisestrecken ausschließlich in öffentlichen Verkehrsmitteln und hin und wieder mit Taxis zurücklegen, wollen wir gleich herausfinden, wann und wo die Busse und Furgone (Minibusse) nach Berat abfahren. Denn im Hotel "Kruja" ist man nicht so ganz in der Lage, diese Frage erschöpfend zu beantworten.

Also ziehen wir los und orientieren uns am allerdings stark stilisierten Stadtplan aus unserem Reiseführer (Renate Ndarurinze: "Albanien entdecken"). Ihm zufolge soll es nicht weit sein. Ist es aber. Und äußerst unerfreulich anzusehen. Die Boulevards sind laut, schmutzig, Kopfschmerz verursachende Abgase wabern. Vieles ist verfallen, notdürftig geflickt; neuere Geschäfte sind ab und an mit etwas Marmor oder einer goldenen Treppe aufgehübscht. Wir erreichen das Ufer der Lana mit seinen bei Sonnenschein sicher farbenfroh leuchtenden Häusern. Dafür ist Tirana inzwischen schon berühmt. Aber heute haben die bunt bemalten, ehemals grauen Blocks keine Chance, uns aufzuheitern. Vor einem Geschäft werden junge Katzen und Kaninchen in engen Käfigen feilgeboten, was unsere Laune als Katzen- und Kaninchenhalterinnen keinesfalls hebt.

Nicht einmal der Skanderbeg-Platz, das Herz der Stadt, wirkt elegant: Skanderbeg, der Nationalheld, galoppiert, von Kränen flankiert, in einer Baugrube. Auf den Postkarten tut er das in einer gepflegten Grünanlage. Vor der Oper geborstene Stufen, von einem roten Plastikzaun begrenzt, dazwischen meterhohes Unkraut. Und es sieht nicht aus, als würde die Arbeit am morgigen Montag fortgesetzt ... Wir besuchen die Pyramide. Einst das teuerste staatliche Gebäude und als Mausoleum für Enver Hoxha konzipiert, fungierte sie später als Konferenzzentrum; waghalsigen Jugendlichen diente sie angeblich als illegaler Kletterpark. Doch das fordert heute keinen mehr heraus - das Glasgebilde rottet vor sich hin, das davor parkende Auto ist verrostet. Von Hauptstadtchic keine Spur. Vollkommen anders, so erfahren wir später, soll es im angesagten Blockviertel sein: Schick, lebhaft und avantgardistisch sei es dort, erzählen uns Reisende, die wir auf unserem Weg durchs Land treffen. Ich denke mir auch: Die Stadt hat eine zweite Chance verdient. Aber nicht mehr in diesem Urlaub. Der Zeitplan für die kommenden zehn Tage ist ehrgeizig; morgen wollen wir nach Berat weiter und hoffen, dort besseres Wetter vorzufinden.

Da die Frage, wo sich der Abfahrtsplatz der Furgone nach Berat befindet, nicht geklärt wurde, hoffen wir morgen auf einen allwissenden Taxifahrer ...
Früh begeben wir uns unter einem mit Glasblüten verzierten hellblauen Lüster zur Ruhe. Naten e mire!

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Nur die Grobroute der Rundreise (eiförmig, um genau zu sein) durch den Süden Albaniens stand fest: Der Hin- und Rückflug Tirana – Frankfurt, Berat und Gjirokaster mit ihren historischen Altstädten waren Pflicht (UNESCO-Weltkulturerbe!), Saranda mit der Ausgrabungsstätte Butrint im Süden ebenfalls. Zurück nach Tirana ging es die Küstenstraße entlang; „nice to have“ wäre ein Abstecher nach Kruja gewesen. Dafür reichte die Zeit nicht mehr, anstelle dessen besuchten wir die Hafenstadt Durres.
Details:
Aufbruch: 16.05.2010
Dauer: 11 Tage
Heimkehr: 26.05.2010
Reiseziele: Albanien
Der Autor
 
Kathrin Hentzschel berichtet seit 14 Jahren auf umdiewelt.
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