Ruinen und Regen: eine Albanienreise

Reisezeit: Mai 2010  |  von Kathrin Hentzschel

24.5., Orikum: Boulevard ins Sumpfland

Heute trennt sich unsere Reisegruppe - Cornelia und Silke fahren per Taxi nach Vlora, um von dort mit dem Furgon nach Elbasan zu gelangen. Wir begeben uns zu Fuß nach Orikum, immer an der Straße entlang, denn der Strand ist zwar in Sichtweite, aber entweder zugebaut oder privat. Trotzdem tut es gut, zu laufen. Das letzte Stück werden wir mitgenommen. Ein Auto hält an und fordert uns zum Einsteigen auf. Wir gewinnen den Eindruck, dass Trampen eigentlich ganz gut funktioniert. Trotzdem wollten wir uns als Frauen generell nicht so bewegt haben. Jean-Christophe hat es da leichter.

In Orikum laufen wir einen nagelneuen postsozialistischen Boulevard entlang, das ist erhebend. Am Stadtrand, Richtung Karaburun, sind die Blocks sogar in einem fröhlichen Rot gestrichen, davor weiden Kühe, Schilf wird von kleinen Jungen geschnitten, eine alte Frau schlurft in Gummistiefeln vorbei. Recht idyllisch. Wenngleich uns der Stadtbach einen Dämpfer versetzt. Er erinnert stark an die Mannheimer Kanalisation ... Wir marschieren geradewegs auf den Strand zu auf einer tadellos und erst kürzlich ausgebauten glatt asphaltierten Straße. Auf ihr könnten Flugzeuge landen. Klar, das Militär. Als die Straße parallel zum öffentlichen Strand von Orikum Richtung Karaburun abbiegt, wird sie zwar schlechter, bleibt aber breit. Zu unserer Rechten liegt nun das Meer, nicht so sauber wie in Dhermi, aber seine Farbe macht Freude. Linkerhand Sumpfland, ab und an eine, na? Bauruine, aber auch ein paar Gebäude in Gebrauch.

Am Strand ist man zugange, Liegestühle aufzustellen. Es sind nicht viele, und etwa genauso viele Menschen sind damit beschäftigt. Das geht sehr gemächlich. Einer wird mal hierhin getragen, ein anderer wieder umgestellt. Man hat Zeit. Die Saison hat noch nicht begonnen. Ein einfaches Restaurant zieht uns an, denn statt der üblichen Plastikmöbel stehen hier eine Holzbank mit Stühlen. Türkisblau, was wunderbar mit der Farbe des Wassers korrespondiert. Hier wollen wir Kaffee trinken. Wir haben gut gewählt, denn die Leute sind nett. Sie erklären, dass zum ehemaligen Pasha-Liman-Hafen, heute ein See, ein kleiner, schlechter Weg führe. Den nehmen wir und verlustieren uns mit dem Fotografieren von Fröschen. Wir befinden uns auf historischem Boden - hier soll Caesar gelandet und Pompeius angegriffen haben.

Auf dem Rückweg kehren wir noch einmal bei Majlinda ein, die auch dieses Mal das Trinkgeld nicht annehmen will. Ihre kleine Tochter Julia balanciert stolz und sich ganz des Ernstes ihrer Aufgabe gewärtig, den Aschenbecher auf den Tisch. Wir haben einen Ort zum Wohlfühlen gefunden. Solche Orte gibt es. Sie sind geprägt von der Güte ihrer Bewohner und dem Bestreben, sie harmonisch zu gestalten. Wir schauen zu, wie der Herr des Hauses einen Zaun anlegt. Sorgsam hantiert er mit der Wasserwaage, und ohne Hast setzt er die steinerne Einfriedung ein. Palmen und Oleander hat er schon gepflanzt; sie werden in einigen Jahren Schatten spenden. Weiter vorne ist man immer noch dabei, die Liegestühle zu arrangieren. Die Hälfte ist schon geschafft ...

Von Orikum aus gönnen wir uns mit unseren Einkäufen (Wasser, Joghurt, Obst und Byrek) ein Taxi. Zur Abwechslung geraten wir an einen entzückenden Taxifahrer, der uns erklärt, mit Taxameter koste es viel, ohne wenig. Von Silke und Cornelia wissen wir, wie viel die Fahrt mit Taxameter kostet und bezahlen gerade einmal die Hälfte. In meinem schönsten Albanisch mache ich mit dem Fahrer für morgen die Zeit aus, wann er uns abholen und zum Furgonbahnhof in Vlore bringen soll.

Traum in Türkis: im Café bei Majlinda am Strand von Orikum

Traum in Türkis: im Café bei Majlinda am Strand von Orikum

Der Stadtrand von Orikum

Der Stadtrand von Orikum

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Nur die Grobroute der Rundreise (eiförmig, um genau zu sein) durch den Süden Albaniens stand fest: Der Hin- und Rückflug Tirana – Frankfurt, Berat und Gjirokaster mit ihren historischen Altstädten waren Pflicht (UNESCO-Weltkulturerbe!), Saranda mit der Ausgrabungsstätte Butrint im Süden ebenfalls. Zurück nach Tirana ging es die Küstenstraße entlang; „nice to have“ wäre ein Abstecher nach Kruja gewesen. Dafür reichte die Zeit nicht mehr, anstelle dessen besuchten wir die Hafenstadt Durres.
Details:
Aufbruch: 16.05.2010
Dauer: 11 Tage
Heimkehr: 26.05.2010
Reiseziele: Albanien
Der Autor
 
Kathrin Hentzschel berichtet seit 14 Jahren auf umdiewelt.
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