Ruinen und Regen: eine Albanienreise

Reisezeit: Mai 2010  |  von Kathrin Hentzschel

18.5., Berat/Gjirokaster: Begegnungen

Der Vormittag gehört nochmals der Burg, diesmal ohne Regendusche und mit erhöhten Fotochancen. Auf dem Weg treffen wir einen Offroader mit Mannheimer Kennzeichen. Sie berichten, dass sie noch letzte Woche durch die völlig verschneiten albanischen Alpen hinter dem Schneepflug hergefahren seien. Da sie zunächst den Süden auf ihrer Weiterreise nach Makedonien besuchen wollen, verabreden wir uns locker in Saranda und spätestens zum Filmabend in der Mannheimer Heimat.

Nun, es kommt ja immer anderes als gedacht. Zunächst besichtigen wir ausgiebig die Burg, bewundern Wechselkröten in den vom Regen voll gelaufenen Ruinenresten, und entdecken im hintersten Winkel der Festungsanlage eine heruntergekommene kleine Kirche (Kisha Shen Gjergji), die sicher seltener von Touristen betreten wird. Ein alter Mann schenkt uns in Plastik eingeschweißte Kärtchen aus Griechenland mit der Ikone des heiligen Georg, dem die Kirche geweiht ist. Mit einem Schutzheiligen in der Tasche glauben wir ganz sicher, dass unsere Reise glücklich verlaufen wird!

Später besteigen wir zwar den Bus nach Saranda. Um unser Gepäck unterzubringen, wird erst einmal der Kofferraum von zahlreichen Großpackungen mit Orbit-Kaugummi befreit. Wohl ein kleines Nebengeschäft. Mit uns und zwei Einheimischen reisen eine Belgierin, eine Schweizerin, Cornelia, und eine gebürtige Karlsruherin, Silke, die in Brüssel arbeitet. Alle drei hatten ebenfalls im Mangalemi logiert, und wir kommen schnell ins Gespräch. Als wir hören, dass der Bus über Gjirokaster fährt, beschließen die Belgierin und wir, dort ebenfalls auszusteigen. Ein weiser Entschluss, denn die Fahrt zieht sich und ist anstrengend, weil es über gewundene und teilweise unbetonierte Straßen geht - und nicht zuletzt, weil wir ununterbrochen quasseln und fotografieren. Das Tempo und mein exponierter Sitzplatz schräg hinter dem Fahrer begünstigen das. Wir sehen Menschen beim Hüten diversen Viehs, Kirschenverkäufer an der Straße, die ihre Ware verlockend vor der Windschutzscheibe baumeln lassen, stillgelegte Erdölpumpen in der Gegend von Ballsh, atemberaubende Bergpanoramen mit tief hängenden Wolken, schneebedeckten Gipfeln und Sonnentupfern in einem wunderbaren Licht und jegliche fahrbare Untersätze, die nur eines gemeinsam haben: Räder.

Auch das Hotel "Kalemi" ist ein Traum. Es liegt im historischen Teil der Stadt und ist ebenfalls traditionell eingerichtet. Wir bewundern die filigran geschnitzten Simse und Schranktüren mit floralen Mustern und ineinander verschlungenen Vögeln sowie die Kassettendecken.

Höhepunkt des Abends ist unbestreitbar das Essen, das wir nach einer heißen Dusche und befreit vom Busdreck, genießen: Vegetarische Qofte, himmlisch gewürzt, dazu ein einfacher Hirtensalat aus Tomaten, Gurken, Oliven und Zwiebeln, der aber viel aromatischer schmeckt als beim Griechen daheim, weil eben bio und garantiert nicht unterm Treibhaus in Windeseile hochgezogen, und unserer geliebten Joghurtsoße ("Salce kosi"), die bei keiner Mahlzeit fehlen darf. Auch das flüssige Brot, "Korca", mundet.

Viehtrieb bei der Burg von Berat (Bild: Reni Neuer)

Viehtrieb bei der Burg von Berat (Bild: Reni Neuer)

Entspannter Spielnachmittag im Park von Berat

Entspannter Spielnachmittag im Park von Berat

Auf dem Weg von Berat nach Gjirokaster, irgendwo bei Tepelena

Auf dem Weg von Berat nach Gjirokaster, irgendwo bei Tepelena

"Mr. Kiss-Kiss" in Berat

"Mr. Kiss-Kiss" in Berat

Transportwesen 1, auf der Strecke zwischen Berat und Gjirokaster

Transportwesen 1, auf der Strecke zwischen Berat und Gjirokaster

Transportwesen 2. Man beachte die Straße: Sie erlaubt kein hohes Tempo, dafür aber bequemes Fotografieren aus dem Bus heraus

Transportwesen 2. Man beachte die Straße: Sie erlaubt kein hohes Tempo, dafür aber bequemes Fotografieren aus dem Bus heraus

Ein paar Versprengte vom Giro d'Italia?

Ein paar Versprengte vom Giro d'Italia?

Fleißige Frauen: Während des Schafehütens entsteht ganz nebenbei eine der schönen albanischen Handarbeiten

Fleißige Frauen: Während des Schafehütens entsteht ganz nebenbei eine der schönen albanischen Handarbeiten

Kirschenverkäufer am Straßenrand

Kirschenverkäufer am Straßenrand

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Nur die Grobroute der Rundreise (eiförmig, um genau zu sein) durch den Süden Albaniens stand fest: Der Hin- und Rückflug Tirana – Frankfurt, Berat und Gjirokaster mit ihren historischen Altstädten waren Pflicht (UNESCO-Weltkulturerbe!), Saranda mit der Ausgrabungsstätte Butrint im Süden ebenfalls. Zurück nach Tirana ging es die Küstenstraße entlang; „nice to have“ wäre ein Abstecher nach Kruja gewesen. Dafür reichte die Zeit nicht mehr, anstelle dessen besuchten wir die Hafenstadt Durres.
Details:
Aufbruch: 16.05.2010
Dauer: 11 Tage
Heimkehr: 26.05.2010
Reiseziele: Albanien
Der Autor
 
Kathrin Hentzschel berichtet seit 14 Jahren auf umdiewelt.
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