Ruinen und Regen: eine Albanienreise
17.5., Tirana/Berat: Kröten und Kirchen
Nach einem internationalen Frühstück mit Saft von Pfanner, Milch aus Deutschland, Tee von Franck, griechischen Äpfeln und einem Käse wohl einheimischer Provenienz, der von seiner Beschaffenheit an Moltofill erinnert, brechen wir auf. Wir haben Glück mit unserem jungen Taxifahrer: Traumwandlerisch sicher durchschifft er den chaotischen Verkehr und bringt uns zu einer unauffälligen Einfahrt am Stadtrand. Es ist der Busbahnhof, und unser Furgon nach Berat soll auch in den nächsten 20 Minuten abfahren.
Ein altes Mütterchen in Schwarz steigt ein, zwei junge Frauen mit Nachwuchs, auf den hinteren Bänken nehmen Herren in Jacketts und Trainingsanzügen Platz. Die junge Mutter neben mir drückt mir wortlos die geschälte Banane für ihr Kind in die Hand, um dessen Schuhe zu säubern. Ohne zu lächeln, geschweige denn mit einem Wort des Dankes nimmt sie sie mir wieder aus der Hand.
Zweieinhalb Stunden später erreichen wir Berat. Die Wolken hängen und die Schwalben fliegen tief; es sieht jeden Moment nach Wolkenbruch aus. Glücklicherweise hat unser Wunschhotel "Mangalemi" in der Altstadt noch genau ein Zimmer für diese Nacht frei. Es ist ein traditionelles Wohnhaus mit Natursteinwänden und Holzbalken. Überall stehen und hängen alte Radios, handgefertigte Spitzendecken, Schaffelle, Landwirtschafts- und Haushaltsutensilien. Auf einem Bücherregal Werke von Marx, Engels, Lenin und Stalin; auch Enver Hoxha fehlt nicht. Wer seine Sozialismuskenntnisse auffrischen will, ist also bestens bedient. Urig und gemütlich ist auch unser Zimmer mit einem winzigen Balkon unterm Dach. Perfekt und wunderschön also. Auch, wenn wir uns die Burg im Regen erschließen müssen.
Und wir werden nass wie die Katzen. Innerhalb von Minuten umspült ein Sturzbach unsere Knöchel, so dass wir Zuflucht unter einem Torbogen suchen. Neben uns flüchtet sich ein Mädchen mit Schirm, der ihr aber auch nicht eben viel nützt. Da ich meinen Rucksack mit der Kamera vor dem Bauch trage und in mein unförmiges Regencape gehüllt bin, deutet sie auf meinen Bauch und fragt mich, ob ich verheiratet sei. Die Enthüllung meines Bauchs ruft große Heiterkeit hervor. Leider reichen ihre Englisch- und meine Albanischkenntnisse nicht für eine tiefer gehende Konversation.
Oben angekommen, müssen wir feststellen, dass das Ikonenmuseum geschlossen hat, denn es ist Montag. Wir machen ein paar Pflichtbilder, denen jedoch völlig das Licht fehlt und beschließen, morgen noch einmal hoch zu laufen, es ist ja nicht weit. Die Zeit haben wir, denn im Hotel hängt ein Busfahrplan (ja, man ist hier gut organisiert), der verrät, dass es einen Bus um 7 nach Gjirokaster und einen um 14 Uhr nach Saranda gibt. Damit wir den Vormittag noch haben, geben wir Saranda den Vorzug, denn es liegt ganz im Süden an der Küste und nicht weit von Gjirokaster. So lernen wir, dass minuziöses Planen im Vorfeld gar nichts bringt und manchmal einfach der Zufall entscheidet.
Als der Regen aufhört und sich sogar die Sonne heraus traut, wagen auch wir noch einmal unser Glück und begeben uns auf die andere Seite des Osum-Flusses zum ebenfalls historischen Stadtteil Gorica. An Motiven mangelt es nicht, und wir fotografieren fleißig Land und Leute: ältere Herren beim Palaver im Park, einen Verkäufer hinter bunten Ölflaschen, zwei hochhackige Schönheiten, die auf den Bus warten und die hoch in einen Fels hinein gebaute Kirche St. Michael.
Am Abend stimmen die Lautsprecher der drei Moscheen zeitversetzt ihren blechernen Kanon an und rufen zum Gebet.
Ladeneingang in Berat
Plausch im Park, Berat
Begrüßung, Berat
Frieden: Blick auf die St.-Michaelskirche in Berat vom Stadtteil Gorica aus
Die Dreifaltigkeitskirche auf der Burganlage von Berat
Ölverkäufer in Berat
Auf der Burg in Berat
Aufbruch: | 16.05.2010 |
Dauer: | 11 Tage |
Heimkehr: | 26.05.2010 |