Mauretanien - Senegal - Kapverden

Reisezeit: Mai / Juni 2001  |  von Peter Kiefer

Mauretanien: Kakerlake, tot

9. Juni 2001, Tenochert:

Tenochert, die Zweite. Da ich's mir aussuchen darf, wähle ich die Nordroute zurück nach Atâr, die kennen wir noch nicht. Anfänglich sind ungezählte schwarze Eidechsen mit gelben Streifen der einzige Blickfang. Nach zwei Stunden Fahrt reißt die Ebene auf und gibt die Aussicht auf eine Schlucht frei, von der Régis erzählt, sie habe einmal die Kulisse für einen Film mit Depardieu abgegeben; das Fort, das aus der Entfernung nur undeutlich zu erkennen ist, sei darin als Staffage aufgetaucht. Viel mehr Erwähnenswertes gibt es zu dieser Fahrt nicht, eher zu dem, was folgt. Denn kaum sind wir zurück in Atâr (Kamelmilch lässt sich keine mehr auftreiben), preist Régis ein bestimmtes Hotel an und bittet uns ihm dorthin zu folgen statt, wie eigentlich beabsichtigt, noch am selben Tag nach Nouakchott weiterzufahren. Ich frage allerdings, was wir noch eine weitere Nacht in dem reizlosen Atâr machen sollten. Essen, meint Régis. Der Koch in diesem Hotel sei vorzüglich und ein bisschen Bequemlichkeit nach so viel Wüste (richtig duschen und so) sei doch nicht schlecht. Und - er würde in jedem Fall Sorge dafür tragen, dass wir mit ihm zusammen gleich am nächsten Morgen(!) nach Nouakchott aufbrechen würden. Karin gefällt die Idee. Selbst wenn unsere Zeit knapp ist und das Hotel eher mäßig und teuer - okay, ich lasse mich überreden, außerdem sind wir Régis einen Gefallen schuldig. Eher mäßig bedeutet: Das Zimmer verfügt über eine höllisch laute Klimaanlage, unbequeme, weil gebrochene Federkernmatratzen und ein Badezimmer, das nur in dauernder Korrespondenz mit der Rezeption zu benutzen ist, weil jedes Mal beim Aufdrehen des Hahns oder der Dusche kein Wasser fließt. Es wird immer gerade anderswo gebraucht. Was ist dagegen das Meer aus weichem Wüstensand, mit dem wir uns morgens immer Gesicht und Hände gewaschen haben und auf dem wir ach so bequem! eingeschlafen sind? Und nun klopft Régis an die Tür, macht ein Gesicht, das eine wirklich gute Nachricht verheißt und verkündet uns, dass bereits ein Taxi nach Nouakchott draußen warten würde. Es führe gleich nach dem Essen. Klar ist, wir haben die Kontrolle über diesen Tag verloren, gründlich. Schließlich tun wir ihm auch noch den Gefallen und essen mit ihm ein (von der Suppe mal abgesehen) völlig belangloses Mahl. Nachdem wir dieses und das Zimmer bezahlt haben, brauchen wir erst einmal weiteres Geld vom schwarzen Markt; der Kurs ist miserabel. Das Taxi, ein vollgestopfter Pkw, in das wir nur deshalb steigen, weil niemand uns glaubhaft versichern könnte, dass tatsächlich morgen in der Frühe ein anderes fahren würde, dieses Taxi also kommt irgendwann spät in der Nacht in Nouakchott an. Alles schläft schon. Und es ist noch einmal Régis, der ein nettes, ganz billiges Hotel kennt. Mangels rascher Alternativen hat er leichtes Spiel. Der Chauffeur setzt uns an einer Straßenecke ab. Nach langem Rufen und Rütteln an einer Tür treiben wir eine Gestalt auf, die auch stehend ihren Tiefschlaf fortsetzt und uns den Schlüssel für ein Zimmer in die Hand drückt, das am Ende eines unbeleuchteten Ganges liegt und nicht einmal ein Fenster hat. Bis auf eine tote Kakerlake ist es einigermaßen sauber. Régis werden wir nicht mehr zu Gesicht bekommen und zu Ende geht ein Tag mit mancherlei Verrenkungen. Er kostet sogar noch eine weitere, denn es dauert eine Weile, bis wir uns beide in dem schmalen Bett zurechtverbuddelt haben.

© Peter Kiefer, 2005
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Eine Rucksackreise durch Teile Mauretaniens, des Sengal und der Kapverdischen Inseln, nur um irgendwo unterwegs meinen 50. Geburtstag zu feiern.
Details:
Aufbruch: Mai 2001
Dauer: circa 5 Wochen
Heimkehr: Juni 2001
Reiseziele: Mauretanien
Senegal
Kap Verde
Der Autor
 
Peter Kiefer berichtet seit 19 Jahren auf umdiewelt.
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