Mauretanien - Senegal - Kapverden
Mauretanien: Wasser und Brot
31. Mai 2001:
Irgendwo auf der Strecke nach Atâr. Der Mond wirft bündelweise sein Licht durch die vorbeiziehenden Wolken. Später sind Sterne sichtbar und dann - da ist es schon hell - beugt Karin sich zu mir und küsst mich. Atâr, das ist frische, gut gekühlte Kamelmilch in einem Lebensmittelladen. Und als ob der Schwung dieser Fahrt andauern könnte, kommt jemandes Frage, ob wir weiter nach Chinguetti möchten. Elf Uhr starte ein taxi brousse (in anderthalb Stunden). Bis dahin die Terrasse des Restaurant Tirjit. Bis dahin, bis zur Abfahrt. Aber da fährt nichts. Von fünf am Nachmittag ist nun die Rede. Einmal bricht der Plastikstuhl unter mir zusammen, ich mime aus Spaß den Verletzten und jemand macht eine hämische Bemerkung über die Wehleidigkeit der Europäer. Die Tageshitze hat eingesetzt. Die Marktstände schützen sich mit heruntergelassenen Stoffplanen, die meisten Läden sind verrammelt. Müßiges Herumwandern im immer schmaler werdenden Schatten, ein kühlender Palmenhain liegt nicht in Reichweite. Wasserpausen, wo sich noch etwas regt. Ein Mann möchte uns zu einem Wüstentrip mit Kamelen und Geländewagen überreden, das übliche Touristenprogramm. Ein anderer Laden, ein anderes Limonadengesöff und ein Gespräch über Musik. Ein Rekorder ist vorhanden und Karins Kassette mit Sängerinnen aus allen Gegenden der Welt ist das Medium der Kommunikation. Die Mauretanierin Dimi Mint Abba ist mit einem Lied vertreten, dem letzten auf dem Band. Davor sind andere zu hören, auch Marlene Dietrich. Und während uns die Fliegen umschwirren, Ameisen auf dem Boden ihre Bahnen ziehen, ein Gaskocher vor sich hin müfft und der Schweiß trieft, singt Marlene von der Einsamkeit. Die Zeit vergeht quälend langsam. Dann ist es fünf, um halb sieben geht es los. Oder fast. Der Lastwagen fährt zuerst noch durch diverse Sträßchen, nimmt weiteres Gepäck, weitere Passagiere auf. Der Tag ist wieder in Bewegung. Die Tankstelle noch, der Polizeiposten (die afrikanische Eröffnung), dann endlich liegt Atâr hinter uns. Vor uns liegt ein Gebirge, der Amogar-Pass. Eine korpulente Frau im farbigsten Matronenalter versorgt uns pausenlos mit Brot und Wasser, gibt Ratschläge, Karin unter anderem den, keine Sonnenmilch zu benutzen; sie solle sich lieber wie eine ordentliche Tochter Allahs bedecken. Allah! Sein Name ist der vollständige Text eines Liedes, das die beiden singen: Allah, Allah, Allah immer so fort, die halbe Fahrt lang (Schlückchen Wasser zwischendurch) und jedenfalls mit so viel Inbrunst, dass die landschaftlichen Reize darüber fast aus dem Blick geraten: das schroffe, überall gesplitterte Gestein, seine dunklen, manchmal ganz schwarzen Facetten. Das Rauschen durch die Dämmerung, die einsetzende Nacht und am Ende das Hôtel des Caravanes am Eingang der Oase Chinguetti. Gebaut ist es wie ein altes Fort, aber es ist neu. Die Zimmer reihen sich entlang der großen Außenmauer, unseres ist das einzige auf der Mauer. Als ich vom Händewaschen zurückkehre, stehen da drei Döschen mit Paté und eine kleine Flasche französischer Rotwein - Schmuggel-ware, von der auch ich nichts geahnt habe. Nach Warten und Wasser und trockenem Brot, drückender Hitze und viel Allah feiern wir jetzt, aber nicht mehr lange, weil wir hundemüde sind, meinen fünfzigsten Geburtstag.
Aufbruch: | Mai 2001 |
Dauer: | circa 5 Wochen |
Heimkehr: | Juni 2001 |
Senegal
Kap Verde