Mauretanien - Senegal - Kapverden
Mauretanien: Nouakchott: Wüstenwind
30. Mai 2001, Nouakchott:
Bis halb drei sind wir im Epizentrum einer Diskothek. Gnadenlose Bässe, die den Fußboden vibrieren lassen, kein Schlaf, Stechmücken. Der Ventilator, von Karin zunächst verteufelt, vertreibt sie. Am Morgen ist das Badezimmer, das einzige auf der Etage, lange von einem jungen Pärchen belegt. Es scheint, als seien die beiden gar nicht verheiratet. In der Islamischen Republik Mauretanien denkt man über so etwas nach: Vielleicht hat sie im Petit Paris ihre sittlichen Schlaglöcher. Der Devisenschwarzmarkt scheint noch schlimmer zu sein als die Bürokratie der Banken. In einem Reisebüro, in dem wir Geld tauschen, verlangt man eine Quittung über den Kauf unserer Traveller Checks. Wir einigen uns auf eine Kopie und erhalten unseren ersten größeren Packen Ouguiyas. Wo liegt El Ksar, der "älteste Stadtteil" Nouakchotts? Der Taxifahrer weiß es nicht. Er fragt Passanten, kriegt's nicht raus und überlässt uns ("Motorschaden", behauptet er) einem Kollegen. Der wird fündig. Ksar verteilt sich um einen ärmlichen, stinkenden Marktplatz, wo wir mit nichts als Warten beschäftigt sind. Von hier nämlich starten die Busse in Richtung Osten, in die Wüste. Zwei Franzosen treffen wir, sie erzählen, dass sie in Niger gearbeitet haben und nun weitere Länder in Westafrika bereisen. (Niger - neunzehn Jahre ist es her, dass ich dort gewesen bin, in Niamey, in Agadez.) Beim Füße-Vertreten spricht ein Mann uns an, lädt uns in sein Hotelzimmer zum Tee ein. Er stellt sich als Versicherungsjurist vor und erzählt, dass er im Fernsehen manchmal die Deutsche Welle sieht. Zum Beweis schaltet er seinen Fernseher für uns ein. Die Möblierung des Zimmers besteht aus einem einzigen Matratzenlager. Die Konversation versickert bald in einem wenig ergiebigen Small Talk. Dann endlich die Fahrt. Auf dem Pickup ein kühler Fahrtwind. Aber langsam erwärmt sich die Luft und mein Pullover verschwindet wieder im Gepäck.
Auf dem Weg zum Club der 50er.
Orte aus ärmlichen Blechhütten liegen am Rand, umzäunt von Autowracks, die wie dicke Latten in den Boden gerammt sind. Die Orte verschwinden allmählich und wilde Kamelherden beherrschen das Terrain. Vier Polizeiposten müssen passiert werden. Beim letzten beschwert ein Polizist sich bei den beiden Franzosen, weil sie in der Fahrerkabine sitzen. Das Wageninnere, sagt er, sei doch "den Älteren" vorbehalten. Er meint uns, die wir (wo immer möglich) auf der Ladefläche hocken. Die Luft täte uns gut, beschwich-tigen wir ihn, alles sei in Ordnung und im Innern nagt es derweil: weil ich jetzt zu den "Älteren" gehöre, jetzt und fortan, denn es sind nur noch ein paar Stunden, bis ich fünfzig sein werde. (Fünfzig!) Die Dämmerung ist kurz. Der Mond scheint bereits, als wir eine Raststätte anfahren, den Schattenriss eines Lehmhauses, wo man auf Bastmatten liegt, Tee schlürft, Brot dazu isst und sich wünscht einfach einzuschlafen. Aber es geht schon wieder weiter, wenn auch nicht lange. Die Lichtanlage des Autos gibt ihren Geist auf. Sonstwo in Afrika selten ein Hinderungsgrund, hier schon: Man unterbricht die Fahrt. Am Straßenrand und schon mitten in der Wüste werden die Schlafsäcke ausgepackt. Der heiße Wind, der mir die ganze Zeit in den Nacken geblasen hat, weht mir nun ins Gesicht.
Aufbruch: | Mai 2001 |
Dauer: | circa 5 Wochen |
Heimkehr: | Juni 2001 |
Senegal
Kap Verde