Mauretanien - Senegal - Kapverden

Reisezeit: Mai / Juni 2001  |  von Peter Kiefer

Kapverden: Tiefschlaf

16. Juni 2001, Praia:

Ein Tag der Verlegenheiten. Am Morgen zieht's uns noch einmal zu dem farbigen Gemüsemarkt. Dann, verbunden mit einer längeren Warterei auf dem Flughafen, der Flug nach Sal Rei auf der Ilha da Boa Vista mit einer Propellermaschine und nicht nicht mehr als neun Plätzen und drei Mann Besatzung. Der Flughafen von Sal ist so neu, dass er - wie etwa die Wechselstube oder die Cafetreria - zum Teil noch in Kisten verpackt ist. Wir werden immerhin unser Gepäck los und fahren ins nächst gelegene Städtchen, Espargos heißt es. Der Hunger meldet sich auch und das uralte, allzu gern gepflegte Lehrstück Wie finde ich kein Restaurant, wenn ich am dringendsten eines suche, kann erneut beginnen. Das Ende dieses Stücks ist hinlänglich bekannt: Man landet nach einer halben Stunde genau dort wieder, wo man angefangen hat. Der Wirt (ein Portugiese?) ist klein, schmal und hat ein derart trauriges Gesicht, dass man gleich das Schlimmste befürchtet. Das Unglück kommt in Gestalt eines Brathähnchens und wir sind diejenigen, die es trifft. Aufgewärmt und zäh ist es und schon kommt der traurige Wirt herangeschlurft und fragt, ob es uns schmeckt. Wir nicken ihm aufmunternd zu. Was soll man über dieses Espargos erzählen? Im Reiseführer steht, es sei eine kleine, ruhige Stadt, die erst zum Abend hin lebendig würde. Und mehr als darauf zu warten, bleibt uns im Augenblick gar nicht übrig. Noch elf Stunden sind es bis zum Abflug in der Nacht. Wir suchen ein Vehikel, das uns zwischenzeitlich nach Santa Maria bringt, klemmen uns in einen Minibus mit neunzehn Leuten. Gejohle, als ob es auf große Fahrt ginge. In Santa Maria blüht der Tourismus. Er blüht allerdings nur auf einem schmalen Streifen entlang des Strandes. Dort steht eine Ferienhütte neben der anderen und die Preise in den Cafés schnellen sofort in die Höhe. In der Mehr-zahl sind es offenbar portugiesische Touristen, die hier Urlaub machen und Dinge genießen, die sie zu Hause besser genießen könnten. Von Kultur sollte man lieber schweigen, aber auch die Landschaft hat mit Ausnahme dieses, zugegeben schönen, Strandes nichts zu bieten. In vielleicht hundert Metern Luftlinie beginnt nämlich (auch hier) die völlige Öde. Und dann vierzehn Tage nur an einen solchen Strand gefesselt zu sein... Wir süffeln an einem Orangensaft und blicken zur Uhr: Jetzt sind es nur noch neun Stunden. Und wieder Espargos. Auch wenn dort die praça sich zum Abend hin ein wenig belebt, herrscht ringsum nur Tiefschlaf, selbst auf einem Kleidermarkt, der geradezu abstoßend langweilig ist. Zu erwähnen ist aber ein kleines, ganz unscheinbares Restaurant. Wir wollen etwas "Landestypisches" essen und man serviert uns eine köstliche Fischsuppe (mit das Beste, was wir auf dieser Reise gegessen haben). Die sympathische junge Wirtin wundert sich über uns, weil wir nur Whiskey trinken. Aber dafür gibt es zwei Gründe. Zum einen haben wir etwas zu feiern, was wir an diesem 16. Juni immer feiern, nämlich Bloomsday. Und da wir kaum noch kapverdische Escudos haben, müssen wir's bei dem einen Glas Whiskey belassen. Es ist nicht so wichtig, ob die Frau unsere Erklärungen zu James Joyce und Ulysses versteht; sie mag uns jedenfalls und zum Abschied umarmen wir uns sogar. Fünf Stunden noch. Den Weg zum Flughafen legen wir zu Fuß zurück und dann sind es immer noch viereinhalb Stunden. So bleibt nur eine grell erleuchtete Kneipe gleich vis-à-vis der Abflughalle. Sie hat noch offen, hat draußen ein paar Stühle und Tische stehen und akzeptiert Dollars. Also sitzen wir draußen, schlagen die Zeit mit frischen Erinnerungen tot, können dann endlich einchecken und es dauert trotzdem weitere zwei Stunden, bis wir den Kapverdischen Inseln etwas beduselt entschweben.

17. Juni 2001:
In den Lüften über dem Antlantik. Im Flugzeug mache ich kein Auge zu. Zum Ausgleich gibt es nach der Landung in Lissabon einen ersten, lange vermissten galão. Dann der Bus nach Loulé mit Umwegen über einige der gerade aus dem Boden gestampften Touristenorte der Algarve. Von Loulé dann im Taxi nach São Brás, ins Poço, in die casa girafa admirada, nach Hause. Drei Wochen sind vorüber, einfach so.

© Peter Kiefer, 2005
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Eine Rucksackreise durch Teile Mauretaniens, des Sengal und der Kapverdischen Inseln, nur um irgendwo unterwegs meinen 50. Geburtstag zu feiern.
Details:
Aufbruch: Mai 2001
Dauer: circa 5 Wochen
Heimkehr: Juni 2001
Reiseziele: Mauretanien
Senegal
Kap Verde
Der Autor
 
Peter Kiefer berichtet seit 19 Jahren auf umdiewelt.
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