Große Südamerikareise vom 1.9.2010 bis 1.4.2011
Punta Arenas
Liebe Familie, liebe Freunde,
jetzt ist es da, das Neue Jahr 2011 und wir hoffen ihr habt ordentlich reingefeiert, damit es auch ein gutes Jahr werden möge. Wir sind noch in Punta Arenas und werden morgen am 4.1.2011 mit dem Bus nach Ushuaia in Argentinien fahren.
Hurra, es ist fast unglaublich aber wahr: Heute ist es mir doch tatsächlich gelungen, einen kurzen Bericht ins Netz zu stellen. Ich wollte unbedingt Chile abschließen und mit Argentinien ein neues Kapitel beginnen. So wird euer Lesevergnügen diesmal nur kurze Zeit in Anspruch genommen. Nächstesmal darf es dann wieder etwas mehr sein. Ausser einem Erdbeben in Temuco mit 7.2 Punkten auf der Richterskala hat sich auch nichts weltbewegendes ereignet. Wir waren zum Glück nicht betroffen und sind wohlauf.
Punta Arenas
Unser Silvesterabend in Punta Arenas verlief mal wieder ganz anders, als wir uns das vorgestellt hatten. Wir waren schon neugierig, was uns hier erwarten würde. Immerhin hat der Ort ca. 120.000 Einwohnern und da muß doch in dieser Nacht der Bär tanzen. Ein riesiges Feuerwerk, mit Tausenden von Menschen auf der Straße, die sich um Mitternacht alle um den Hals fallen und ein gutes Neues Jahr wünschen, mit Buden, wo man noch etwas zu trinken und wenigstens imbissmäßig etwas zu essen bekommt, das schwebte uns so vor. Doch die Realität sollte uns eines besseren belehren.
Mittags erreichten wir unser vorbestelltes Hostel und mußten uns nun ziemlich beeilen, um noch schnell eine Pinguintour für Sonntag zu buchen, Champagner für abends zu kaufen und ein gutes Restaurant für das Silvesterdinner zu finden, was alles nicht einfach war.
Roy unser amerikanischer, pensionierter Feuerwehrmann wollte nicht Silvester feiern und wir wollten das alte Jahr nicht sang- und klanglos ausklingen lassen. So schlossen sich uns kurzerhand 2 Schweizerinnen an und die Suche nach dem Silvesterdinner nahm ihren Lauf. Wir Gringos wußten natürlich wieder nicht, dass an diesem Abend die meisten Lokale geschlossen hatten, denn auch Chilenen wollen im Kreise ihrer Familie feiern. Erst beim 3. Anlauf fanden wir ein Lokal, das noch einen Tisch für uns Vier frei hatte. Ich wagte es, nach langer Zeit mal wieder ein Steak mit Pfeffersoße zu bestellen und erlebte ein kleines Silvesterfiasko. Als das Steak dann endlich kam, war es überhaupt als solches nicht zu erkennen, denn eine pampige, schleimige Soße darüber verdeckte es geschickt. Doch schon beim ersten Anschnitt merkte ich, dass diese Schuhsohle ungeniessbar war und ich ließ es freundlich zurückgehen. Nach weiteren 10 Minuten kam Steak Nr. 2 und war genau so ungeniessbar wie Steak Nr. 1 und ich ließ es wieder (diesmal etwas weniger freundlich) zurückgehen und orderte stattdessen Fisch. Die Schweizer Mädels schauten schon etwas konsterniert und Birgit hielt sich diskret zurück. Ich konnte mich an keine Situation in meinem Leben erinnern, wo mir so etwas passiert wäre.
So fing also die Silvesternacht bei uns an.
Und nun zum Feuerwerk: Die Champagnerflasche im Rucksack gingen wir zum Hafen, wo auch einige wenige Schiffe lagen und wunderten uns über die spärlichen Zuschauer, die auch auf das Feuerwerk warteten. Dann plötzlich, kurz VOR Mitternacht, ertönten alle Schiffssirenen, wie zu einem Konzert vereint und läuteten damit das neue Jahr 2011 ein. Von diesen Schiffen wurden dann ca.1 Dutzend Notraketen in den Himmel geschossen, die als rote "Weihnachtskugel" ganz langsam wieder "herunter regneten". Oh.....Ahhh......supi...wie toll! Der Spuk dauerte gerade mal 15 Minuten und das war es auch schon! Ehrlich gesagt, wir waren schon ziemlich enttäuscht. Und weil wir jetzt nicht einfach in unser Hostal zurück wollten, beschlossen wir, unser Glück, in dieser etwas verkorksten Silvesternacht, noch im Spielkasino zu versuchen. Doch das wollte und wollte sich einfach nicht einstellen.
Immerhin in Las Vegas vor 3 Jahren konnte ich dieser Versuchung noch wiederstehen. Doch hier, so weit weg von zuhause, mußte ich einfach diesen einarmigen Banditen betätigen und ich riskierte mein Glück mit 1000 chilenische Pesos - das sind umgerechnet Euro 1,50, um das große Geld zu machen. Vergebens! Vielleicht lag es ja auch an unserem tollen Outfit. Mit Anorack und Rucksack suchten wir uns im Casino die beste Maschine aus. Ein kurzes Vergnügen also schnell einen Haken dran machen und vergessen und sich auf nächstes Jahr zuhause freuen!
Die Sonne weckte uns am 1. Januar und während zuhause das Neujahrskonzert aus Wien zu sehen und hören war, besichtigten wir nach dem Frühstück den Friedhof der Stadt, der seinesgleichen sucht und inzwischen zum Nationaldenkmal erklärt wurde. Noch nie habe ich so einen Totenkult gesehen wie hier. Die Särge werden in Gebäuden mit 4 Etagen übereinander aufbewahrt und jede Familie hat an der Front ein abschließbares Fenster, das dekoriert werden darf. Etage 3 und 4 ist nur über eine Schiebeleiter zu erreichen ähnlich wie wir das aus manchen Bibliotheken bei uns kennen. Meist sind es künstliche Blumen sowie Bilder der Verstorbenen und entsprechende jahreszeitliche Dekoration. Derzeit mit sehr viel weihnachtlichen Gegenständen vom Engel bis zum Nikolaus und zum gefüllten Champagnerglas. Das schärfste war, ein sich drehender Nikolaus, der ständig das Lied "Jingle bells" sang.
Doch das war noch nicht alles. Noch nie haben wir so viele interessant geschnittene Bäume gesehen. Wie die Orgelpfeifen stehen sie da, teils als Allee, teils rund angeordnet. Jedenfalls sehr beeindruckend. Hier möchte ich nicht Gärtner sein und Bäume schneiden müssen. Berühmt ist dieser Friedhof auch, weil dort die meisten der sehr reichen Schaf-Barone ihre letzte Ruhestätte gefunden haben. Deren Reichtum kam man auch an den oppulenten Mausoleen ablesen. Eines schöner als das andere. Hier wurde wahrhaftig nicht gekleckert sondern üppig geklotzt und geprotzt.
Bei dieser Gelegenheit gebe ich Euch noch ein paar Informationen über die Schaf-Barone und Punta Arenas. Die Stadt soll ja die schönste in Patagonien sein. Und in der Tat, die Schaf-Barone haben prächtige Stadtbauten hinterlassen, meist im kolonialem Stil erbaut und damit ein gepflegtes Stadtzentrum geschaffen. Das unterscheidet sie wohltuend von den oft tristen und langweiligen anderen Städten in Patagonien. Doch der Beginn dieser Region war alles andere als freundlich. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde hier eine Strafkolonie und ein Militärstützpunkt gegründet. Der Hafen wurde rasch zur wichtigsten Einnahmequelle, denn bis zur Eröffnung des Panamakanals (1914) mußten alle Schiffe die Route durch die Magellanstraße nehmen, wenn sie Cape Hoorn umgehen wollten.
Mit den Schiffen kamen die ersten Einwanderer und erst 1876 bekamen sie die Erlaubnis Schafe zu züchten. Das brachte dann den Reichtum - man sprach damals vom "weissen Gold" - in diese Region tief im patagonischen Süden.
Die Besitzer dieser riesigen Schaf-Farmen liessen sich repräsentative Häuser in der Stadt erbauen. Die Innenausstattung wurde komplett aus Europa per Schiff angeliefert. Angefangen von den Tapeten über das gesamte Mobilar. Ja selbst der Parkettboden kam aus Europa und auch die sanitären Einrichtungen. Nichts war aus Patagonien. Wie zu Zeiten des Goldrausches in Kalifornien zog es damals Menschen aus fast allen Staaten Europas hierher, um das große Geld zu machen. Ablesbar an den Namen auf dem oben erwähnten Friedhof. Besonders erwähnenswert sind die Paläste von Jose Nogueira und Sara Braun sowie Mauricio Braun und Josefina Menendez. Beide sind heute als Museum zu besichtigten und sehr sehenswert. Braun und Menendez waren wohl die größten Schafbarone und Arbeitgeber in Patagonien.
Am Sonntag, 2. Januar starteten wir nachmittags zur Insel Magdalena, um die dort lebende Magellan-Pinguine-Kolonie zu besuchen. Wir trauten unseren Augen kaum, was wir sahen, als sich das Boot der Insel näherte: Die komplette Insel war übersät mit Tausenden von Pinguinen, die gerade ihre Babys großzogen. Die Tiere selbst sind nicht sehr groß, höchstens 70 cm. Charakteristisch ist der schwarzweisse Kopf sowie ein schwarzer Streifen der oberhald der Brust verläuft. Sie sehen allerliebst aus. Man möchte sie sofort auf den Arm nehmen, streicheln, drücken und knuddeln, was allerdings streng untersagt ist.
Das Nest wird von Pinguin-Mama bis zu einem Meter Tiefe in die Erde gebaut, doch Pinguin-Papa muß es saubermachen (sehr fortschrittlich, gell?) Und diese "Hausarbeit" bleibt während der gesamten Saison so bestehen. Erst dann werden 2 Eier ins saubere Nest gelegt, die beide abwechselnd ausbrüten. So erblicken jedes Jahr maximal 2 Pinguin-Babys das Licht der Welt. Ihr Hunger ist schier unersättlich, deshalb müssen Pinguin-Mama und Pinguin-Papa den ganzen Tag im Meer fischen, damit die gefrässigen Kleinen satt und schnell groß werden. Denn am Ende der Saison im März trennen sich die Wege der Pinguin-Familie. Die Eltern verlassen ihre Kinder und die müssen fortan alleine zurecht kommen. Doch jedes Jahr um die gleiche Zeit, also ab November kehren Pinguin-Mama und Pinguin-Papa wieder auf die Insel Magdalena zurück, um dort ihre neuen Pinguin-Babys groß zu ziehen.
Alle haben sich natürlich gefragt, warum die ausgerechnet die Insel Magdalena so intensiv bevölkern. Die Erklärung folgte prompt: Es hängt mit dem Tageslicht zusammen, das für die Aufzucht der Magellan-Pinguine wohl eine sehr große Rolle spielt. In dieser Region - mitten in der Magellanstraße - ist es im Sommer von 4:00 Uhr morgens bis ca. 23:00 Uhr hell. Und genau das braucht diese Spezies für ihre Nachkommen.
Nun seid Ihr auch wieder so schlau wie wir und könnt in Ruhe die Bilder geniessen. Damit ist unsere Zeit in Chile zu Ende und wir verlassen morgen dieses teure aber mit Naturschönheiten gesegnete Land.
Es ist also Zeit wieder für diejenigen unter uns die gerne Statistiken lesen, ein paar Informationen am Ende unserer Chilereise zusammen zu fassen:
Insgesamt waren wir 48 Tage, fast 7 Wochen in Chile.
Wir haben 13 x das Quartier gewechselt und damit 13 verschieden schöne Regionen besucht.
Wir sind ca. 3.610 km mit dem Bus vom Norden in den Süden Chiles gefahren.
Wir sind ca. 2.700 km mit dem Schiff gefahren.
Wir haben 5 x gut gegessen.
Wir haben 32 x schlecht gegessen, infolgedessen
haben wir 11 x selbst gekocht
Die Zeit der Frühstückseier war vorbei.
Die Marmelade war nicht mehr rot sondern orange.
Die Säfte zum Frühstück wechselten von frisch gepresst auf Säfte im Tetrapack.
Adios Chile, bienvenidos Argentinien!!
Wir kommen und freuen uns auf die superleckeren Steaks und das antarktische Eis.
Herzlichst
Irene und Birgit.
Punta Arenas - Magellanes - der die Ost-West-Passage als erster gefunden hat und nach dem diese wichtige Wasserstrasse benannt wurde.
Punta Arenas - Der besondere Friedhof. Es sieht fast aus wie Wohnblocks. Die blaue Leiter wird benötigt, um in die 3. und 4. Etage zu kommen.
Punta Arenas - Diese Grabstätte ist für eine größere Familie. Auch hier die vielen künstlichen Blumen und weihnachtliche Dekoration.
Punta Arenas - Das Braun-Menendez Museum, das uns Einblicke gewährt hat, wie die Reichen dieser Region Ende des 19. Jahrhunderts gelebt haben - sehr Räume wirkten sehr authentisch.
Punta Arenas - Ankunft auf der Insel Magdalena mitten in der Magellanstraße. Die Insel gehört ausschließlich den Magellan-Pinguinen und den Möwen.
Punta Arenas - ....wir müssen erst noch wachsen, bevor wir in die Tiefe abtauchen, aber Pinguin Papa ist schon unterwegs und bringt gleich frischen Fisch.
Punta Arenas - Wir verlassen die Insel Magdalena und damit auch Chile. Es war schön und aufregend zugleich. Wir haben wieder viele neue Erkenntnisse gewonnen und liebenswerte Menschen kennen gelernt.
Aufbruch: | 01.09.2010 |
Dauer: | 7 Monate |
Heimkehr: | 01.04.2011 |
Peru
Bolivien
Chile
Argentinien
Uruguay
Brasilien