Große Südamerikareise vom 1.9.2010 bis 1.4.2011
Mendoza, Salta und Posadas
Liebe Familie, liebe Freunde,
wir nähern uns dem Ende unserer 7-monatigen Reise. Anfangs war es nicht richtig vorstellbar, 7 lange Monate durch Südamerika zu reisen. Durch 6 unterschiedliche Länder und damit auch 6 unterschiedliche Nationalitäten kennen zu lernen. Doch das ist nun bald Vergangenheit. Es kommt doch schon ein wenig Vorfreude auf zuhause auf. Jede von uns malt sich schon aus, was wir zuerst essen und trinken werden. Hoch oben in der Rangliste stehen Laugenbrezel, Weissbier, Zwiebelrostbraten, Maultaschen, Linsen, Spätzle und Saitenwürstle. Unseren Rückflug haben wir um eine Woche vorverlegt, weil in meiner Familie das seltene Fest einer Goldenen Hochzeit gefeiert wird, wozu ich eingeladen bin.
Vorher führt uns unsere Reise noch in den Nordwesten und Norden von Argentinien, wo es doch wieder kulturelle Höhepunkte und herrliche Landschaften gibt. Wir nehmen uns also nochmal richtig Zeit für die letzten 4 Wochen, bevor wir am Donnerstag, 24. März in Sao Paulo in den Flieger steigen, der uns in die Heimat zurückbringt.
Mendoza
Es hat alles prima geklappt. Zurück von Montevideo holen wir unser Gepäck im "Elefante Rosa", ab und lernen Diego, den Bruder von Mauro kennen. Wir packen nochmal um, trinken den guten Kaffe, essen die kleinen Butterhörnchen, die sich "Medialuna" (Halbmond) nennen und rüsten uns für die Nachtfahrt mit dem Luxusbus nach Mendoza. Diego trägt uns noch die schweren Koffer zum Taxi und ab geht es zum Busbahnhof.
Tatsächlich, die Sitze sind zur kompletten Liege umzuklappen. Das ist schon sehr bequem und läßt uns die Nacht gut überstehen. Fast ausgeruht kommen wir morgens um 10:00 Uhr in Mendoza an. Unser Hostel "All in Mendoza Monkey Hostel" liegt sehr günstig in der Innenstadt, nahe der Plaza Independencia. Fünf Tage bleiben wir in der Weinstadt. Wir richten uns ein, und ich nehme Kontakt zu Yvonne auf, die in der Nähe von Mendoza lebt und eine richtige Böblingerin ist. Letzes Jahr auf dem Stadtfest habe ich sie kennengelernt, und wir haben gleich die email-Adressen ausgetauscht. Yvonne ging mit uns in eine tolle Bar im 10. Stock mit einem wunderbaren Blick über Mendoza und die nicht weit entfernten Anden. Nach dem gemeinsamen Abendessen verabreden wir uns zu einer Weintour am übernächsten Tag. Wir freuen uns schon darauf.
Erstmal buchen wir für Mittwoch 23.2 eine Tagestour zum höchsten Berg Südamerikas, dem Aconcagua mit 6962 m. Für Freitag ist dann die ganztägige Weintour zusammen mit Yvonne im Programm. Inzwischen macht Birgit die Entdeckung, dass vom 24.2.-26.2. ein Weinfest in Mendoza stattfindet mit einer Megaweinverkostung und noch anderen interessanten Veranstaltungen. Das Ganze ist direkt vor unserem Hostel. Abends gibt es auf der Plaza Independencia ein Harvest Festival (Erntedankfest) mit freiem Eintritt für alle. So sind wir doch genau zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Ein Hagelschauer verhindert vorerst unseren Stadtbummel. Am Abend ist in Mendoza richtiger Sturm. Die Straßen sind voll mit abgebrochenen Ästen und die Kanalisation schafft die Wassermassen nicht mehr. In unserem Hostel fällt die gesamte Elektrik aus, also mal wieder kein Strom, kein Licht, kein Internet. Wir haben nur die eine Sorge, dass unsere Highmountain-Tour ins Wasser fällt.
Der Morgen begrüßt uns mit Schnürlregen und wir überlegen gerade, ob wir das ganze verschieben, als uns Mathias - der Besitzer des Hostels und der angeschlossenen Reiseagentur - informiert, dass das Wetter in den Bergen total verschieden ist und die Sicht heute sehr gut sei. Wir wollen doch unbedingt einen Blick auf den höchsten Berg Südamerikas werfen, den Aconcagua, der mit seinen stolzen 6962 m alle anderen Berge in den Anden überragt, so bleibt es dabei. Wir fahren mit. Es ist eine sehr private Tour. Mathias fährt uns selbst in seinem neuen Jeep und begleitet uns den ganzen Tag. Mit dabei sind zwei etwas betagte Ladies aus Kanada, Marlene und Klara. Wir können also überall anhalten, wo es etwas Schönes zu fotografieren gibt. Wir fahren weit rauf in die Berge. 4000 m sind heute zu schaffen und damit sind wir genau an der Grenze zu Chile, inmitten der Anden. Allmählich läßt auch der Regen nach und tatsächlich die Sicht wird besser, der Nebel lichtet sich und die Hoffnung steigt, den Aconcagua zu sehen. Nun ja, was soll ich sagen: Leider hat er sich uns heute in seiner vollen Schönheit verweigert. Er gab nur seine rechte Flanke zur Besichtigung frei. Aber immerhin, wir haben ein kleines Stück erhascht und waren allein davon schon beeindruckt.
Wir fahren weiter durch eine herrliche Berglandschaft, die so farbenprächtig ist, wie wir sie bisher nur in der Wüste der Salar de Uyuni gesehen haben. Weiter geht es über steile Serpentinen zum "Cristo Redentor de los Andes" Denkmal -einer 12m hohen Statue - auf 4000 m Höhe. Papst Johannes Paul II hat 1994 diese Statue persönlich eingeweiht, um damit Frieden zwischen Chile und Argentinien zu schaffen. So steht das Denkmal exakt auf der Grenze zu beiden Ländern. Sowohl Chile als auch Argentinien unterhalten dort oben einen Gendarmerieposten und man beäugt sich nach wie vor etwas mißtraurisch. Von Mathias erfahren wir, dass ein Argentinier niemals sein Auto auf der chilenischen Seite parken würde, obwohl reichlich Platz dafür wäre. Ich denke, umgekehrt ist es sicher genau so. Ein kalter Wind weht um unsere Nasen, so bleiben wir nicht lange an diesem Ort. Aber die Aussicht ist atemberaubend schön. Wir sehen in der Ferne, wo der Fluss Rio Mendoza entspringt. Immerhin sind wir von der Provinzhauptstadt knapp 250 km entfernt.
Nach dem Mitagessen besuchen wir die Punta del Inca. Man sagt, die Incas seien seinerzeit bis hierher gekommen und so bekam die Brücke ihren Namen. Ein prächtiges Farbenspiel, was sich hier vor unseren Augen auftut. Durch das heiße Mineralwasser, das den Fluß speist, sind die Felsen unmittelbar an der Brücke braun-ocker-gelb-orange gefärbt. Einfach fantastisch dieser Anblick. Das Wasser kommt allerdings mit einer Temperatur von über 45 Grad aus den Felsen, so dass es sich nicht zum Baden eignet. Unmittelbar an der Brücke hat sich ein kleiner Markt etabliert mit schönen Figuren aus Onyx in verschiedenen Farben aber auch aus anderen Halbedelsteinen. Ehrlich gesagt, ich konnte einfach nicht widerstehen. Ich bin inzwischen zur Schäppchenjägerspezialistin hier geworden.
Ganz in der Nähe der Punta del Inca gibt es einen sehr kleinen Friedhof. Er ist den tödlich verunglückten Bergsteigern des Aconcagua gewidmet. Hier finden sie ihre letzte Ruhestätte, zumindest die, welche der Berg "freigegeben" hat. Es sind einige deutsche, aber auch österreichische Bergsteiger darunter. Bei manchen hängen die Bergschuhe am Grab oder auch das abgerissene Seil ist beigelegt. Jedes einzelne Grab für sich erzählt ein trauriges Schicksal, denn die meisten Menschen standen ja in der Mitte ihres Lebens.
Auf dem Heimweg erleben wir die farbenprächtigen Berge nochmal sehr intensiv, denn die Sonne kam voll raus und strahlte sie an. Ein schöner Tag geht zu Ende, und wir sind rechtschaffen müde. Wegen des Sturms wurde das Weinfest in Mendoza um einen Tag verschoben. Die Aufräumarbeiten sind noch nicht fertig. Uns kam das richtig entgegen, denn wir mußten am nächsten Tag früh aufstehen für die Weintour.
Es ist Freitag, der 25. Februar als wir losfahren, um die guten Weine, die rund um Mendoza angebaut werden, kennen zu lernen. Es scheint ein perfekter Tag zu werden. Die Sonne lacht schon am frühen Morgen, und wieder haben wir eine sehr private Tour gebucht mit nur 4 Personen. Yvonne aus Böblingen ist dabei und Greg, ein junger Australier aus Sydney. Es begleitet uns Viktoria, eine Mitarbeiterin von Mathias. Sie fährt uns mit ihrem Privatauto von zu drei sehr unterschiedliche Weingüter.. Auf dem Weg dorthin begegnet uns am Straßenrand immre wieder ein "Gauchito". Das sind Altäre ganz in rot gehalten, die dem argentinischem "Robin Hood" gewidmet sind. Er hat den Reichen genommen und den Armen gegeben. Im ersten Weingut "Belasco de Baquedano" war Viktoria einige Zeit beschäftigt und hat sich dort ihr Wissen angeeignet. Im Aromaraum, der 46 unterschiedliche Aromen zum schnuppern bereithält, kosten wir den ersten Wein. Hier um Mendoza wird zu 95 % Rotwein angebaut. Die Malbectraube, die mir bis dahin nicht bekannt war, gedeiht hier sehr gut und hat offensichtlich die idealen Bedingungen gefunden, um guten Wein zu produzieren. So bekamen wir schon am Vormittag die ersten drei guten Weine zur Verkostung.
Weiter ging es zu einem Weingut, das ein Schweizer aufgebaut hat. Es heißt Finca Decero, ist riesengroß und produziert ebenfalls ausschließlich Rotwein. Roberto empfängt uns mit einem freundlichen Lächeln. Schnell stellt sich heraus, dass er in Stuttgart studiert hat und deshalb sehr gut deutsch spricht. Er zeigte uns, wie dieses Weingut ihren Wein herstellt. Wir staunten nicht schlecht über die Größe der vielen Nirosta-Edelstahltanks, 250 hl ist normal. Ein Blick aus dem Fenster und wir sehen nur Weinberge, so weit das Auge reicht. In einem wunderschönen Raum mit ausgesprochen geschmackvollem Ambiente nehmen wir unser Mittagessen ein und bekommen dazu drei verschiedene Weine kredenzt. Das war schon mehr als nur ein Schnuppern. Allmählich merken wir auch die Wirkung dieser edlen Säfte. Die Stimmung steigt von Glas zu Glas. Gerne wären wir noch länger geblieben.
So angeheitert geht es weiter zum dritten Weingut. Es wird als Familienbetrieb von Carmelo Patti (unverkennbar die italienischen Wurzeln) geführt, der nun in ganz anderer Weise seinen Malbecwein herstellt, den er auch in Europa vermarktet. Hier sehen wir keine riesengroße Edelstahltanks. In einem natürlichen Keller lagern die Holzfässer mit dem kostbaren Rebensaft. Alles ist ein wenig kleiner und feiner. Nach weiteren drei Proben - wobei Patti nicht kleinlich ist, denn er kredenzt uns seinen Topwein, wo die Flasche immerhin € 50,-- kostet - geht es wieder zurück nach Mendoza. Die Reifenpanne unterwegs nehmen wir mit fröhlicher Gelassenheit hin.
Ein lauer Sommerabend lockt Hunderte von Menschen am Freitagabend auf die Straße. Denn endlich startet das Weinfest. Noch müde von unserer Weintour tagsüber mischen wir uns aber trotzdem unters Volk. In den Samstag starten wir langsam. Richtiges Sommerwetter mit hohen Temperaturen erwarten uns heute. Wir unternehmen nicht viel. Mit einem "Oben-ohne-Bus" fahren wir zum Cerro de la Gloria. Ein Berg mit einem überdimensionalen Monument von San Martin, dem Freiheitskämpfer Argentiniens inmitten eines riesigen Parks. Es gibt keine Stadt im Land, wo nicht ein Platz oder eine Straße nach ihm benannt ist.
Yvonne kommt am Abend mit aufs Weinfest. Wir geniessen ein letztesmal die guten Tropfen, direkt vor unserer "Haustür". Ein umwerfend schönes Feuerwerk von fast 30 Minuten krönt diesen herrlichen Sommerabend, bevor wir uns von Yvonne verabschieden.
Wir schlafen lange an diesem Sonntag, dem 27. Februar, denn erst um 20:00 Uhr abends geht unser Bus nach Salta. Eine 18-Stunden-Busfahrt steht uns bevor.
Salta
Endlich wir sind da! Wir haben auch diese Nacht gut überstanden, obwohl es anstrengend ist, 18 Stunden im Bus zu sitzen. Um 8 Uhr wird mit lauter Musik das Frühstück angekündigt. Noch schlaftrunken nehmen wir es zu uns. Allmählich registrieren wird, dass sich die Landschaft mal wieder ändert. Erst Monokulturen von Maisanbau. Später wird es grüner und grüner, Wiesen und Wälder säumen rechts und links die Straße. Die Anden im Hintergrund rücken mal wieder ein Stück näher. Sehr beruhigend für das Auge. Unser Hostel "Sacramento" liegt nur 2 Blocks vom Busterminal entfernt an der Hauptstraße San Martin. Wir pilgern zu Fuss dort hin. Es ist schwül warm und die Sonne brennt uns aufs Haupt. Nach anfänglichem Naserümpfen - weil wir mal wieder ein Hostel an der Hauptstraße erwischt haben - richten wir uns für die nächsten 8 Nächte ein.
Salta ist eine hübsche Provinzhauptstadt im Norden von Argentinien, in der wir uns von Anfang an wohlfühlten. Der Platz mit der Kathedrale und die Cafes laden zum Verweilen ein. Êin besonderes Juwel ist die San Franzisco Kirche, die ihren Turm neben dem Gotteshaus hat und die besondere Farbkombination rot mit gelb kommt besonders am Abend, wenn sie angestrahlt ist, zur Geltung. Freunde geben uns den Tipp, auf jeden Fall mehr Zeit hier zu verbringen, denn gerade die Umgebung von Salta ist einmalig schön. Wir können das nur bestätigen. Für uns ist es - nach Patagonien - die zweitschönste Region Argentiniens sind. Wir buchen gleich am ersten Tag vier Tagesausflüge und gönnen uns dazwischen einen Ruhetag, denn es soll ja nicht zu stressig werden.
Salta - 1. Ausflug Salinas Grandes
Um 7:30 holt uns die Reiseagentur ab. Ein herrlicher Sommertag wartet auf uns. Auf einer Nebenstraße, der Ruta 9, fahren wir durch ein Dschungelgebiet mit tiefen Tälern und Bergen, die so unwirklich grün sind. Verstärkt durch die Regenzeit leuchtet das Grün an den Berghängen noch intensiver als sonst. Wir sind sehr beeindruckt. Vorbei an zwei Seen fahren wir bis Jujuy der nächsten Provinzhauptstadt. Weiter geht es in die Purmaregion, wo wir den Anden wieder ganz nah sind und auf eine Höhe von knapp 4200 m fahren. Die Region ist bekannt wegen ihrer einzigartig farbigen Berge.Diese entstehen durch die unterschiedlichen Mineralien in den verschiedenen Gesteinsschichten. Wir haben auch noch das Glück, dass die Sonne diese Berge im wahrsten Sinne des Wortes "erstrahlen" läßt. Ganz sicher sind das für uns unvergessliche Momente. In diesem Grenzgebiet zu Bolivien und Chile haben sich viele Indigenas angesiedelt. Man erkennt sie sofort an der dunkleren Hautfarbe sowie der Tatsache, dass die Babys wieder getragen und nicht im Kinderwagen spazieren gefahren werden. Für uns heißt das aber auch, dass wir wieder mit Kultur in Kontakt kommen, wie z.B. mit den Inkas.
Der Höhepunkt des Tages sind heute die Salinas Grandes nordwestlich von Salta gelegen. Nachdem wir den höchsten Punkt mit 4170 m erreicht haben, geht es in vielen, vielen Serpentinen bergab. Wieder in der Ebene öffnet sich der Blick auf eine riesige weite Ebene. Ganz in der Ferne glänzt er schon, der große Salzsee. Wegen der Regenzeit steht das Wasser 10-20 cm hoch auf dem See verursacht eine Spiegelung, die einfach faszinierend ist. Hier stimmt heute alles: Der See, die Schäfchenwolken und die gute Stimmung. Wir laufen alle ein Stück barfuß auf diesem Salzsee, denn mit dem Auto ist er derzeit nicht befahrbar. Es prickelt richtig unter den Füssen, wenn die Salzukörner zu groß sind und alle haben das Gefühl etwas "Gesundes" getan zu haben. Nur ungern trennen wir uns nach 40 Minuten von dieser schönen, weißen unwirklichen Welt und fahren weiter nach Purmamarca. Ein kleiner Ort, der hauptsächlich vom Tourismus lebt, denn alle Busse legen hier einen Stopp ein, weil es die Berge der sieben Farben zu bewundern gibt.
Wir bleiben auf jeden Fall eine Nacht hier. Rund um die Plaza gibt es jede Menge Marktstände mit Waren, die so günstig sind, dass sie nur aus Bolivien kommen können. Magisch davon angezogen durchstöbere ich das Angebot und letztlich sind es wieder nur Kleinigkeiten, die "hängen" bleiben. In einem gemütlichen Lokal mit abendlicher Folkoreunterhaltung beenden wir den Tag. Wir sind mehr als erstaunt, welch gute Musikgruppe hier auftritt. Die fünf Musiker mittleren Alters unterhielten uns zwei Stunden am Stück mit ihrer Musik, die Konzertreife hatte. Das alles für eine freiwillige Spende. Einer von ihnen spielte und sang so hingebungsvoll, dass man fast körperlich die Liebe zu seiner Musik und seinem Land spüren mußte. Ich kaufe mir auch gleich die CD, damit ich diesen Musikgenuss zuhause wiederholen kann - natürlich mit einem guten Tropfen argentinischen Wein. .
Salta - 2. Ausflug Humanhuaca
Etwas verspätet holt uns der Bus ab. Heute ist Humanhuaca nördlich von Salta das Tagesziel. Hier wird am Faschinsdonnerstag der Carneval der Region eröffnet. Der dauert ganze 9 Tage und hat so seine eigenen Spielregeln. Wenn sich nämlich der Mann, egal ob verheiratet oder nicht, ein Mädchen ausgesucht und diese ihr Einverständnis gegeben hat, bleiben sie die gesamten neun Nächte und Tage zusammen. Danach geht jeder wieder zu seiner eigenen Familie zurück. Eine Tradition, die sich schon seit Jahrhunderten hält. Gerade der Carneval wird im Norden Argentiniens, auch wegen der Nähe zu Bolivien, intensiver gefeiert als anderswo. Ein klein wenig bekommen wir davon mit. Zuvor aber besuchen wir noch die historische Anlage "Pucara de Tilcara". Das Wort Pucara kommt aus der Chechuansprache, der Sprache der Einheimischen und heißt soviel wie "Burg". Allerdings gibt es keinen Burgwall um die Ansiedlungen. Die ältesten dieser Ansiedlungen lassen sich bis 10.000 v.Chr. zurück verfolgen. Doch die höchste Population war 1000 - 1480 n.Chr. Es gibt ganz viele dieser Pucaras in dieser Gegend. Auffällig ist, dass immer da, wo Ansiedlungen waren, auch sehr viele dieser großen, einmaligen Kakteen gepflanzt wurden. Sie versorgten die Menschen mit Wasser und Nahrung, deren Früchte sehr wohlschmeckend sind.
Wir erreichen die Stadt Humanhuaca. Nach dem Mittagessen bummeln wir durch die Stadt. Ein überdimensioniertes Reiterstandbild, einer der vielen Freiheitskämpfer des Landes, prangt hoch über der Plaza. Nur über viele Stufen erreichbar, vermittelt es den Einruck, dass man zu einem "Helden" aufsteigt. Angelockt, durch die etwas "schräge" Musik, erleben wir zufällig die Eröffnung dieses besagten Carnevals. Die älteren Frauen in ihren Trachten bilden einen Kreis und schlagen dazu ihre Trommel in immer den gleichen Tönen. Dabei bewegen sie sich mal nach rechts und links. Es gibt viel zu Essen und noch mehr (alkoholisches) zu Trinken. Wir spürten die Wirkung bei vielen dieser Indigenas sehr deutlich. Für uns ist das die Gelegenheit, mal wieder Einheimische zu fotografieren, was sie ja sonst überhaupt nicht mögen, es sei denn gegen gute Bezahlung. Der Carneval hier ist so ganz anders als bei uns. Mit Spannung verfolgen wir die Szenerie. Er ist nicht vergleichbar mit Rio oder anderen Regionen in Argenien.
Nach einer Stunde geht die Fahrt weiter nach Jujuy. Wir sind jedoch so müde, dass wir von der Schönheit dieser Berge nicht mehr viel mitbekommen. Spät kommen wir in unserem Hostel an und fallen todmüde ins Bett mit dem guten Gefühl, am nächsten Tag endlich wieder ausschlafen zu können.
Es ist Freitag, der 4. März. Wir starten langsam in den Tag. Am Spätnachmittag erleben wir ein bisschen Carneval an der Plaza in Salta mit sehr eigenartigen Tänzern. Nur die Neugier treibt uns dann noch abends in eine der vielen Penas, das sind typische einheimische Lokale, wo jeder, der Lust hat, sein Instrument mitbringen und Musik machen kann. Bei gutem Essen und noch besserem Wein sitzen wir im hübschen Innenhof und harren der Dinge, die da noch kommen sollen. Das Lokal ist sehr gemütlich rustikal eingerichtet und füllt sich erst ziemlich spät, denn die Argentinier gehen in der Regel nicht vor 22 Uhr abends essen. Da haben wir schon längst unser Asado - die leckere gemischte Fleisch- und Wurstplatte vom Holzkohlengrill - vertilgt. Der Salat ist gegessen und die zweite Flasche Chardonnay steht bereits im Kühler als ein unangenehmer Wolkenbruch alle überrraschte. Wir jedoch lassen uns durch nichts aus der Ruhe bringen und bleiben eisern im Freien unterm Sonnenschirm - der jetzt zum Regenschirm wird - sitzen. Erst als der letzte Tropfen geleert ist kehren wir in unser Hostel zurück.
Salta - 3. Ausflug Cafayate
Die Nacht war kurz. Um 7.30 Uhr holt uns die Reiseagentur ab. Heute geht es in die Weinregion Cafayate, südlich von Salta. Die Entfernungen sind groß, ca. 250 km einfache Strecke gilt es zu bewältigen. Wir sind jetzt in einer anderen Bergregion. Wir besuchen verschiedene "Gorches" das sind Schluchten, die sich immer dann ergeben, wenn ein Fluss zwei Bergrücken teilt. Davon gibt es hier reichlich. Als erstes besuchen wir die Schlucht "Diabolos" und dann das "Amphitheater". Beide sind von gewaltiger Dimension und Schönheit. Ein schmaler Weg führt in sie hinein. Oft sehen wir nicht mal den Himmel, so hoch sind die Felswände hier.
Das Besondere an diesem Tag sind zwei Weinproben in sehr unterschiedlichen Weingütern. "El Transito" so heißt die erste Weinboutique. Wir probieren einen ausgesprochen guten fruchtigen Weisswein, der aus der Traube "Torrontes" und einen sehr guten Rotwein der aus der Traube "Malbec" gewonnen wird. Wir lernen, dass der Torrontes Weisswein jung getrunken am besten schmeckt (wir hatten den Jahrgang 2010) doch der Malbecwein soll älter sein (wir bekamen Jahrgang 2008 zur Probe). Beide waren so gut, das wir jeweils 1 Flasche mitnehmen, dazu noch Käse und Lama-Salami. Die Vorfreude auf das perfekte Abendessen im Hostel war groß. Die Weine der zweiten Weinboutique Domingo treffen unsere Geschmacksnerven nicht. Nach dem Mittagessen fahren wir wieder zurück durch die bizarre Bergwelt nach Salta. Ähnlich wie in der Antarktis haben auch hier die ungewöhnlichen Felsformationen ihre Namen. So halten wir bei der "Titanic", dem "Grand Canyon" und dem "Affen" jeweils für einen Fotostopp an.
Salta - 4. Ausflug nach Cachi
Dieser Tag wäre beinahe buchstäblich ins Wasser gefallen, denn Cachi - südwestlich von Salta gelegen - befindet sich in einer Region, wo es - bedingt durch die starken Regenfälle - immer wieder zu Erdrutschen kommt, die dann die Straße unpassierbar machen und deshalb geschlossen werden muß. So ein Tag bahnte sich auch heute an, aber wir hatten Glück und konnten doch noch verspätet starten. Wir fahren erst auf der Ruta 68, dann die Ruta 33 und später noch ein Stück der nördlichen Ruta 40. Die Straße ist sehr eng, der Nebel hängt tief und verhindert die Sicht auf die Berge. Es ist trüb, doch wir geben die Hoffnung nicht auf, dass sich das Wetter ab Mittag ändert. Immer wieder müssen wir Umleitungen in Kauf nehmen, weil Erdrutsche und Gesteinsbrocken meterhoch die eigentliche Straße verschüttet haben. Solche Naturereignisse tun hier besonders weh, weil oft das Geld fehlt, um den Schaden zu beheben. Wir "schrauben" uns mit dem Bus wieder bis auf fast 3500 m auf nicht endenwollenden Serpentinen hinauf. Doch der landschaftliche Reiz dieser Gegend ist unwiderstehlich. Wir fahren durch den "Los Cordones Nationalpark", dessen meterhohe Kakteen ein besonderes Naturschauspiel bieten. Sie wachsen im Jahr nur 1 - 3 cm und können eine Höhe von bis zu 8 m erreichen. Diese Kakteenart ist deshalb besonders geschützt und steht unter strengem Naturschutz. Ihr könnt Euch sicher vorstellen, wie alt diese Kakteen sind, die so groß werden. Stirbt so ein Kaktus ab, werden aus seinem Holz Gegenstände für den täglichen Gebrauch, wie Lampenschirme, Kleiderständer auch Möbel oder Touristenschnickschnack wie Becher und Brotkörbe usw. gefertigt. Oft werden auch komlpette Kirchendecken mit Kaktusholz verkleidet. Auf der Ruta 40 fahren wir bis Cachi, einem schmucken Dorf mitten in der Pampa. Sehenswert ist hier die kleine Kirche mit der imposanten Kakteendecke.
Fazit dieser 4 Tagesausflüge: Wir haben sehr unterschiedliche, interessante, sehenswerte Landschaften kennengelernt und sind von der Region um Salta total begeistert. Es stimmt, der Norden Argentiniens ist nach Patagonien eine der faszinierendsten Landschaften.
Am Rosenmontag stürtzen wir uns ein letztesmal in den argentinischen Carneval. Wir fahren mit dem Bus nach Cerrillos. ca.16 km südlich von Salta. Doch das Fiasko bahnt sich auf leisen Sohlen an. Erstens war es keine Carnevalsveranstaltung mit Umzug usw. sondern ein Festival mit Musik- und wenigen Folkloregruppen. Zweitens hat der einsetzende Regen den großen Festplatz total unter Wasser gesetzt - doch ein richtiger Argentinier ist, läßt sich von solchen "Kleinigkeiten" nicht beeindrucken. Drittens wußten wir nicht, dass ab 23 Uhr kein Bus mehr nach Salta fährt und viertens wußten wir auch nicht, dass das Fevtival bis 6 Uhr morgens geht. Das Interessanteste jedoch an diesem Abend war für mich zu erleben, wie begeistert die Argentinier mit ihrer Musik mitgehen. Kaum wird ein Titel angespielt, wird mitgeklatscht oder auch einfach mitgetanzt. Auf jeden Fall sind sie ständig in Bewegung. Es ist ein Kommen und Gehen.
Große Stände mit Holzkohlengrills versorgen die vielen Menschen mit leckeren Steaks , Hühnchen und Spareribes. In den Zelten kommt fast sowas wie Volksfeststimmung auf. Als dann kurz nach Mitternacht wieder ein Schnürlregen einsetzt, der bis zum Wolkenbruch ausartet, entscheiden wir uns - leider zu spät - den Festplatz Richtung "Heimat" zu verlassen. Völlig durchnässt, bis auf die Haut, kämpften wir uns durch den aufgeweichten matschigen Festplatz und suchten nun unsere Bushaltestelle. Die Gullis packten die Wassermassen nicht mehr und es bildeten sich riesigen Wasserflächen, welche die Straßen überfluteten.
An der ersten Bushaltestelle warten wir mehr als eine Stunde, doch es kommt kein Bus. An einer weiteren warten wir geduldig fast zwei Stunden, um resigniert festzustellen, dass wohl in dieser Nacht überhaupt kein Bus mehr nach Salta fährt. Ein ungutes Gefühl macht sich breit, als wir erfahren, dass erst um 6:00 Uhr morgens der erste Bus nach Salta fährt und der Transport nach solchen Veranstaltungen schon immer ein Problem sei. Inzwischen ist es 3:30 Uhr und wir werden etwas nervös, denn es gibt keinen Plan B. Genau so schwierig ist es aber auch in dieser Nacht ein Taxi zu finden. Keine Chance! Und doch, plötzlich hält ein Privatwagen und wir haben das Glück, dass er uns für viel Geld zu unserem Hostel bringt. Es war uns klar, dass die Einheimischen seinen Preis nicht zahlen wollten. Uns war's egal, Hauptsache zurück nach Salta und ins Bett.
Nach einer sehr kurzen Nacht sind wir froh, dass wir erst am Nachmittag weiterfahren. Es erwarten uns weitere 16 Stunden Nachtfahrt mit dem Bus bis wir in Posadas sind. Wir nehmen endgültig Abschied von den Anden und tauchen ein in eine Gegend, die bis vor 100 Jahren noch tiefster Urwald war.
Posadas
Am Aschermittwoch erreichen wir Posadas, unsere vorletzte Station hier in Argentinien. Gleich bei der Ankunft empfängt uns eine feuchtwarme Luft, die uns erstmal tief durchatmen läßt. Jetzt sind wir also in den Tropen angekommen. Ein "Taxifahrer" schnappt sich gleich mal unser Gepäck und will uns mal wieder auf Touristenmanier abzocken. Aber inzwischen sind wir schlau und zahlen nicht den geforderten Preis.
Wir wohnen mitten im Zentrum, direkt an der Plaza 9. Juli, im Cityhotel. Posadas ist die Provinzhauptstadt der Region Misiones, der nördlichsten Region Argentiniens. Sie besaß vor langer Zeit viel Regenwald, doch davon ist heute nur noch ein Drittel vorhanden. Die Abholzung bringt mehr Geld in die leeren Provinzkassen als alles andere. Der Rio Paranas bildet die gemeinsame Grenze zu Paraguay im Nordwesten. Der Reiz, schnell mal rüber zu fahren, ist schon ziemlich groß. Wir sind aber nur 3 Tage hier und das reicht für einen Abstecher einfach nicht aus. Im Nordosten bildet der Rio Uruguay die Grenze zu Brasilien. Wie eine kleine schmale Halbinsel ragt die Region Misiones hinein ins Dreiländereck. Es ist nur noch leicht hügelig hier aber mit satten grünen Wäldern.
Warum wir überhaupt in Posadas halten, sind die Jesuitensiedlungen auch "Reduktionen" genannt. Es gibt ca. 30 davon und zwar länderübergreifend in Paraguay, Brasilien und Argentinien, wobei sieben zum Weltkulturerbe der Menschheit gehören. Zwei davon - Santa Ana und Santa Ignacio Mini - besuchen wir. Wir sind hier ausserhalb der Saison und stellen enttäuscht fest, dass es keine Kleinbusse zu diesen Attraktionen gibt. Wir bekommen nur Privatauto mit Fahrer angeboten, das aber preislich in der obersten Kategorie liegt. Also entschließen wir uns, die lokalen Busse zu nehmen - schließlich haben wir ja Zeit. Wir wollen doch noch ein Abenteuer erleben und das bis zum Schluß!
Die Siedlung Santa Ana (26 km von Posadas entfernt) wurde 1638 gegründet. Sie liegt zwar nur 1 km von der Hauptstraße entfernt jedoch unsere Hoffnung, dass wir dort Schatten finden, erfüllt sich nicht. So werden es lange 1000 m. Die Hitze und die hohe Luftfeuchtigkeit machen uns zu schaffen. Die Ruinenstätte entschädigt dafür die Mühsal. Hier wurde nicht viel restauriet und braucht schon ein wenig Phantasie sich vorzustellen, wie das alles vor vielen Hundert Jahren wohl ausgesehen haben mag. Es ist ein stiller Ort, wir sind fast alleine. Nach der Vertreibung der Missionare verfielen die Siedlungen und wurden wieder vom Urwald überwuchert. Die Wurzeln der großen Bäume haben teilweise vom Mauerwerk Besitz ergriffen und umschlingen die Quadersteine. Nach einer Stunde fahren wir weiter zu der größeren Jesuitensiedlung Santa Igancio Mini.
Diese Jesuitensiedlung ist sehr gut restauriert und daher ihre Struktur gut zu erkennen. Sie wurde bereits 1610 gegründet. Die Jesuiten brachten den dort ansässigen Indigenas nicht nur den christlichen Glauben, sondern auch ihre Gemeindestruktur mit. So gab es damals bereits einen Gemeinderat. Doch nach der Vertreibung der Jesuiten verfielen die Wohnstätten und der Urwald nahm sie in Besitz, bis sie 1940 wieder entdeckt und teilweise restauriert wurden.
Die Illumination der San Igancio Mini haben wir uns erspart, denn wir wollten nicht wieder bei Dunkelheit an der Straße stehen und warten, ob ein Bus nach Posadas fährt. Eine Erfahrung in dieser Beziehung hat uns gereicht.
Was wir in Iguazu bei den Wasserfällen alles erleben, erzähle ich Euch im nächsten Bericht.
Bis dahin seid herzlichst gegüßt
Eure Irene und Birgit
Mendoza - ....das ist er, der höchste Berg Südamerikas - der Aconcagua. Doch leider haben wir ihn nur ein bisschen gesehen.
Mendoza - Unsere Weintour beginnt. Hier die Malbectraube, aus der ein sehr guter Rotwein gewonnen wird.
Mendoza - Weintour - So sehen hier die Weinberge aus. Die Trauben werden aufwendig mit Folie geschützt.
Salta - 1. Ausflugstag - Salinas Grandes - nicht mit dem Auto befahrbar, aber die Füsse können dafür drin baden.
Salta - 2. Ausflugstag - ...immer wieder die riesigen Kakteen mit den farbigen Bergen im Hintergrund
Salta - 2. Ausflugstag - ..und so sieht ein Riese von der Nähe aus. Man sieht ihm nicht an, dass er nur 1-3 cm im Jahr wächst
Salta - 2. Ausflugstag - ..nicht nur die Jungen haben ihr Vergnügen, auch wir "Alten" mischen noch kräftig mit....
Salta - 2. Ausflugstag - Humanhuaco - Ein überdimensionales Denkmal für San Martin, dem Freiheitskämpfer
Salta - 3. Ausflugstag - Cafayate - ..und wieder ein imposanter Gebirgszug. Das Farbenspiel ist einmalig schön.
Salta - 4. Ausflugstag - Cachi - Wir durchfahren den "Los Cordones Nationalpark mit seinen Kakteen, die alle unter Naturschutz stehen.
Salta - 4. Ausflugstag - Cachi - ..ein hübscher kleiner Flecken. Natürlich mit einer Plaza und Kirche. Das gehört meist zusammen.
Posadas - Jesuitensiedlung Santa Ignacius Mini - Das große Kirchenportal, das die Dimensionen noch erahnen läßt
Aufbruch: | 01.09.2010 |
Dauer: | 7 Monate |
Heimkehr: | 01.04.2011 |
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