Ben & Nadja: Südamerika - USA - Australien - Thailand - Alles kann, nichts muss!
Costa Rica: Monteverde - Nebelwald-Reservat
15.05.2013 - 21.05.2013
Wir entscheiden uns für Monteverde als nächsten Anlaufpunkt, da er auf dem Weg zum Surfermekka und Hippiedorf Mal Pais liegt und wir auch die bergische Landschaft etwas näher kennenlernen möchten. Die Nebelwälder versprechen ein ganz besonderes Artenreichtum und nach der Affenhitze in Manuel Antonio wieder etwas angenehmere Temperaturen, welche zwischen 13 nachts und ca. 26 Grad tagsüber liegen. Der Ort liegt ca. 1400m ASL.
Nun liegt ein etwas weiterer Weg mit den öffentlichen Bussen vor uns. Es bestände die Möglichkeit, mit dem Interbus auf direktem Wege in vier Stunden nach Monteverde zu gelangen, würde uns aber 47,00 USD p.P. kosten, sodass wir uns für die preisgünstigere Variante (10,00 USD p.P), den öffentlichen Verkehrsmitteln entscheiden. Wir haben im Gegensatz zu den Urlaubern ja genügend Zeit und sehen darin auch noch den Vorteil, mehr von Land und Leute zu sehen. Dazu müssen wir zunächst von Manuel Antonio mit dem Bus in die vorliegende Stadt Quepos fahren und von dort aus dann mit dem Bus in 3,5 Std. nach Puntarenas, einer Hafenstadt im Westen des mittelamerikanischen Staates Costa Rica, welche gleichzeitig die Hauptstadt der Provinz Puntarenas ist. Monteverde liegt im Übrigen auch in dieser Provinz. Dort angekommen im Busbahnhof, schnappen wir unser Gepäck und fragen uns erstmal durch zum richtigen Bus nach Monteverde, welcher nochmal ca. fünf Stunden fahren soll. Es gibt zwei verschiedene Busse, wir entscheiden uns dann auf Empfehlung hin für den zweiten eine Stunde später, da dieser nur 3,5 Stunden braucht und keinen zu großen Umweg fährt.
An der Bushaltestelle treffen wir zufälligerweise auch gleich die Schwester des Besitzers unseres Hostels "Cabinas El Pueblo" in Monteverde. Sie führt direkt das Hostel nebenan und die Mutter das Restaurant auf der gleichen Straße, welches natürlich jedem Gast als das preiswerteste und beste "most cheap and tradional restaurant" empfohlen wird. Jedenfalls sind wir froh, sie getroffen zu haben, da sie uns direkt zu dem Hostel führt. In der Wartezeit an der Bushaltestelle, die direkt am Meer mit Blick auf den Hafen und die Frachtschiffe gelegen ist, hole ich mir am kleinen Barbecue Stand (1 Mann, 1 Grill) einen Chickenspieß, welcher sich beim Verzehr als Schweinespieß entpuppt, trotzdem aber wirklich sehr fein schmeckt. Der Mann erzählt mir, dass er der berühmteste Barbecue-Grillmaster in Puntarens wäre und selbst die Leute, die den Hafen mit dem Schiff passieren, ihm die Spieße unter dem Hintern wegkaufen. Ich höre einfach nur aktiv zu und lasse die Zeit vergehen. Nadja übt in dieser Zeit ein bisschen Spanisch mit ihrem Spanischbuch.
Der Weg dorthin ist allerdings alles andere als entspannt, die letzten 2,5 Std. der Fahrt führen den Berg hinauf über schmale enge, unmittelbar am steilen Abhang gelegene Wege, die weder Absperrungen noch irgendwelche Sicherheitsmaßnahmen aufweisen. Dazu kommt, dass der Busfahrer scheinbar bzw. hoffentlich die Strecke sehr gut kennt, da er mit einer Geschwindigkeit die Wege entlangbrettert, dass man stellenweise einfach nur noch beten kann. Wer einschläft, fährt Gefahr, jeden Moment einmal quer durch den Bus zu fliegen. Der Zustand des Buses lässt zu wünschen übrig, keine Schaumstoffverkleidung mehr und überall scharfe Kanten. Der Bus klappert und ich kann mir nicht vorstellen, dass er diese Strecke noch lange durchhält.
Nadja liest die komplette Busfahrt über ihr Buch "Die Tore der Welt von Ken Follet" und meidet den Blick aus dem Fenster ganz bewusst. Das Buch, welches sie liest, muss verdammt gut sein. Ich habe keine Ahnung, wie sie es geschafft hat, die komplette Busfahrt durchzulesen. Nach 3,5 Std. kommen wir endlich heilfroh an und holen unser Gepäck am Stück wieder aus dem Bus heraus.
Erster Bus Richtung Quepos HB - 15 Minuten - die offene Türe bringt ein bisschen "kühle" Luft in unsere Gesichter
Es ist spürbar frischer als unten an der Küste, ein stürmischer Bergwind weht durch das Dorf, ich habe Schwierigkeiten meine Cap auf dem Kopf zu behalten. Es ist ein kleiner gemütlicher Ort mit Blick auf die umliegenden sehr feuchten Wälder, die in einem Nebelschleier liegen.
Es sind 17:30 und gefühlte 15 bis 20 Grad. Nadja, noch acht weitere Traveller und ich laufen der Frau hinterher, die wir am Busbahnhof in Puntarenas getroffen haben. Sie scheint wohl direkt am Bahnhof in Puntarenas ihre nächsten Gäste zu akquirieren, indem sie sie direkt auf dem Weg ins Dorf abfängt und nach Monteverde in ihr Hostel führt - eine intelligente und gewinnbringende Idee, da viele noch garnicht wissen, wo sie übernachten werden. Die Traveller ersparen sich langes Suchen und sie füllt ihr Hostel und das des Bruders gleich mit.
Vor dem Hostel angekommen, verabschiedet uns die Frau und läuft mit den Anderen ein Haus weiter zu ihrem. Zeitgleich begrüßt uns ein netter Mann im Alter von schätzungsweise Ende 40 mit einer etwas hohen, aber angenehmen Stimme. Wir fühlen uns direkt wohl und angekommen, er führt uns kurz hoch zur Rezeption, erklärt uns sämtliche Aktivitätsoptionen und Touren, dann in unser Zimmer. Im Anschluss zeigt er uns die geräumige Küche, welche mit einem hoch modernen SAMSUNG Kühlschrank inkl. Wasserspender und Crusheis-Maker, der mir direkt auffällt, ausgestattet ist. Außerdem ist alles vorhanden, was zum Kochen und Wohlfühlen benötigt wird. Alles steht zur kostenlosen Benutzung den Gästen zur Verfügung. Wasser, Tee und Kaffee (inkl. richtiger Milch und keinem Kaffeeweißer, wie in den Hostels zuvor) den ganzen Tag lang ebenfalls. Es stellt sich heraus, dass er der Mann einer der Schwestern vom Besitzer ist und im Dorf eine eigene Kaffeeplantage besitzt, von der auch der Kaffee im Hostel stammt. Wir freuen uns schon jetzt auf unseren ersten Kaffee hier, da wir schon seit längerer Zeit keinen guten Kaffee mehr getrunken haben, obwohl Costa Rica ja gerade für seine Kaffeeplantagen sowie Bananen und Kakao bekannt ist und sich ganz nebenbei mit diesen Gütern zu einem der wohlhabendsten Länder Mittelamerikas entwickelt hat.
Am zweiten Tag wollen wir eine Wanderung unternehmen.
Leider muss man in Costa Rica im Vergleich zu den anderen Ländern in Mittelamerika für Touren und Unternehmungen sehr tief in die Tasche greifen. Fast jeder Nationalpark liegt in privatem Besitz, dass heißt nicht der Park an sich, sondern die Grundstücke davor. Die Besitzer machen sich schon seit Jahren daraus ein gutes Geschäft, indem sie am Eingang von den Besuchern Eintritt verlangen, durchschnittlich 10 bis 20 USD pro Person. Es gibt eine Vielzahl an Möglichkeiten wie z.B. Rafting-, Kanu-, Quad-Touren sowie eine Canopy Tour, bei der man über Drahtseile, die zwischen die Baumkronen gespant wurden, mit einem Affenzahn kilometerweit (www.canopytour.com) durch den Regenwald fliegen kann. Gerade diese Aktivität würde mir unheimlich zusagen, mit der GoPro Cam lassen sich solche Momente besonders gut festhalten. Allerdings bezahlt man für drei Stunden knapp 50 USD pro Person. Wenn man bedenkt, dass wir noch so viele Länder bereisen, in denen man für weit weniger solche Touren buchen kann, warten wir lieber bis wir wenigstens in Panama oder Kolumbien sind. Es gibt ja trotzdem genügend Aktivitäten und wenn man sich mal von diesen geführten Touren löst, merkt man oft, dass sich viele Dinge auch auf eigene Faust entdecken lassen und das ist doch weit schöner, als mit einer Horde Touristen diese Momente zu teilen, oder? Darüber hinaus muss man ja nicht immer die offiziellen Eingänge der Parks nutzen. Wir gehen also zur Rezeption und lassen uns auf unserer Karte verschiedene Wanderrouten und Wege eintragen, die noch nicht in privatem Besitz liegen.
Als erstes begeben wir uns auf den so genannten "Ficus Trail" zum "Ficus Tree".
Wir bemerken trotz gutem und sonnigem Wetter - es sind gefühlte 25 Grad -, dass ein ganz feiner angenehmer Regen in der Luft liegt. Wir gehen zunächst davon aus, dass das irgendein Zeug von den Bäumen sein muss, realisieren dann später jedoch, dass ganztägig in den höheren Lagen der Stadt diese Feuchtigkeit von den umliegenden Nebelwäldern vom Wind ins Dorf getragen wird. Sehr erfrischend und überhaupt nicht störend!
Wir wandern nach ca. 30 Minuten Fußmarsch einen kleinen etwas steileren Abhang hinab in den Wald. Zunächst wissen wir nicht, was es mit diesem Namen auf sich hat, doch plötzlich stehen wir vor einem wahnsinnig großen und schönen Baumgerüst, dem "Ficus Tree". Es handelt sich dabei um einen kräftigen Parasitenbaum, der sich vor vermutlich hunderten von Jahren um den Ursprungsbaum geschlungen und sich von diesem ernährt hat. Er hat ihn im Laufe der Zeit regelrecht aufgefressen. Geblieben ist nun nur noch das Gerüst des parasitären Baumes, welcher sich von innen ca. 20m hinaufklettern lässt. Wir erkennen ein leichtes Licht, welches auf das Ende des Baumkanals schließen lässt. Auf dem Weg nach oben brechen wir allerdings vorher ab, da wir befürchten dass es zu eng wird und wir nicht wissen, welche Tiere sich wohl da oben aufhalten. Leider erfahren wir erst nachher von zwei anderen Wanderern, dass man bis zur Baumkrone nach oben klettern und von einer natürlichen Plattform aus die Tiere, vor allem verschiedene Vogelarten, in den anderen Baumkronen beobachten kann.
Die beiden Wanderer, ein Schweizer und eine Deutsche aus Stuttgart, erzählen uns von einem zweiten Baum, der sich zu besichtigen lohnt. Wir folgen ihnen also und begeben uns auf den Rückweg. Es gibt die Möglichkeit, den Abhang wieder hoch oder aber einfach weiter tiefer in den immer dichter werdenden Wald zu laufen. Wir entscheiden uns für die zweite Option. Angekommen an einem hüfthohen Stacheldrahtzaun vermuten wir, dass es sich um keinen offiziellen Weg mehr handeln kann und steigen natürlich über diesen Zaun. Abgesehen davon wäre es ehe nicht mehr möglich gewesen hochzulaufen, da der Abhang wirklich sehr steil wurde und wir keinen richtigen Halt mehr hatten. Wir schlagen uns durch hohes und dichtes Gras und ich denke schon darüber nach, wo ich meine Zeckenzange versteckt habe, wobei mir mittlerweile weniger die Zecken Sorgen bereiten. Irgendwann nach ca. 15 Minuten kommen wir zecken- und bissfrei wieder an der Straße an.
Weitere 45 Minuten Fußmarsch liegen nun vor uns, bevor wir wieder einen kleinen Eingang in den Wald ohne Beschilderung betreten, nachdem wir einen Einwohner nach dem Weg gefragt hatten. Der Weg endet an einem kleinen Bach, wir beschließen bachabwärts zu gehen und springen von Stein zu Stein bis wir an einem mächtigen Wurzelkonstrukt, welches wie ein großes Eingangstor wirkt, ankommen. Dabei handelt es sich um einen Baum, dessen Wurzeln sich eigenständig den Weg in Richtung Wasser gesucht haben. Er hat sich quasi mehrere Kanäle errichtet (wie Ihr auf den Bildern erkennen könnt) und aus Stabilitätsgründen eine Brücke auf die andere Seite erbaut. Mir wird immer bewusster, zu was die Natur alles im Stande ist und wie intelligent sie agiert.
Unsere beiden Begleiter machen sich wieder auf den Rückweg, da sie noch einen Ausritt planen, wir bleiben noch etwas dort und legen eine Sandwichpause ein. Dieser Ort hat eine beruhigende und wohltuende Wirkung. Wir sitzen dort und lassen uns vom Bachgeplätscher und Vogelgezwitscher unterhalten. Nadja fühlt das erste Mal auf unserer Reise eine tiefe innere Ruhe und empfindet diesen Ort als gut und positiv. Ich fühle an diesem Ort diese Friedlichkeit, die Costa Rica unter Anderem so einzigartig macht.
By the way ,Costa Rica ist das friedlichste und demokratischste Land in Amerika, welches außerdem komplett auf eine Armee verzichtet. Auch in Punkto Ökologie machen sie anderen was vor, ein Drittel des Landes besteht nur aus Schutzgebieten und Nationalparks.
Wir bleiben noch etwas und wollen den Bach dann weiter abwärts laufen, um zu schauen, wo er hinführt. Wir hüpfen am Bachbett entlang von Stein zu Stein, müssen hier und da ein bisschen klettern und uns den Weg suchen, auf dem wir trocken bleiben. Wir freuen uns nach jedem Hindernis auf das Nächste. Irgendwann kommen wir an eine kleine Brücke sowie eine kleine Treppe, die nach oben zur Straße führt.
Am vorletzten Tag laufen wir zu den TV Towern hoch auf 1800m. Es ist ein sehr anstrengender Trail, der auch ein gutes Beinausdauertraining beinhaltet. Die Steigung liegt stellenweise bei 75 Grad und erinnert an die Harakiri Piste in Österreich. Auf dem Weg nach oben treffen wir das Wohngebiet einer schwarzen Hummel-Spezies. Sie wohnen in ca. 1cm großen Löchern im Boden. Als wir diesen Teil des Weges passieren, erscheinen plötzlich sehr viele dieser Biester, fliegen nahe um uns herum und verfolgen uns bis wir das Wohngebiet verlassen (ungefähr 200m). Nadja geht ganz selbstverständlich ruhig da durch, ich schwanke zwischen hektischem Herumgeschlage und kleinen Sprints, bis sie endlich weg sind. Nach ca. 2,5 Stunden kommen wir durchnässt oben an, mittlerweile sind die Temperaturen stark gefallen und auch der Wind hat deutlich an Fahrt zugenommen. Die großen Fernsehtürme stehen nun vor uns, ein Arbeiter von dort begrüßt uns mit einem freundlichen "Hola como estas?" und bietet uns an, einen der Türme hochzuklettern und Fotos zu schießen. Das Hochklettern stellt sich als eine Herausforderung dar, wer schonmal so eine Leiter hochgeklettert ist, kann das Gefühl ggf. nachvollziehen. Auf jeden Fall hat es sich gelohnt, der Ausblick und die Atmosphäre auf der Plattform sind besonders.
Am letzten Tag im Bergdorf Monteverde lassen wir es nochmal ganz ruhig angehen, nach dem Frühstück chillen wir erstmal auf der Terrasse, trinken noch einen Kaffee und legen uns wieder hin. ☺ Nadja verschlingt weiter ihr Buch, während ich mich dem Sport widme. Ich jogge einmal quer durchs Dorf, die Berge hinauf und hinab, eine Höllentour mittags in der Sonne. Man muss wissen, dass es hier nur zwei Optionen gibt, hoch- oder runterlaufen. Ich entscheide mich am Anfang grundsätzlich immer fürs Hochlaufen, da der Rückweg dann sehr viel entspannter ist. Ganz nebenbei ist es ein super Ganzkörper- und Beintraining, nach dem anstrengenden Hike gestern ein guter Abschluss hier in den Bergen. Als ich dann zurück bin, schmeiße ich mein Laptop an und rufe den Pilates-Kurs auf, den ich vor der Reise mit der GoPro aufgenommen habe, um die Übungen während der Reise regelmäßig zu machen. Nach der Stunde mache ich ein schönes Dehnprogramm und zusätzlich noch ein paar Übungen für Bauch und meinen Nacken. Danach fühle ich mich einfach nur klasse und freue mich auf einen großen Teller Spaghetti Bolognese, die wir am Vorabend zubereitet haben.
Nach einem Small-Talk mit einer Gruppe von amerikanischen Studenten, die gerade eingereist und schon am Saufen waren, begeben wir uns nochmal auf eine kleine Wanderung,
Wir kochen in diesem Hostel sehr viel selber, da auswärts essen hier teuer und lange nicht so gut wie in San José ist. Das frische Gemüse aus dem Supermarkt ist fantastisch, wir kochen nur mit Salz, aber die Gerichte schmecken unheimlich vielfältig und nicht langweilig. Vor allem die Kombination mit Avocado, frischer Yukka und Süßkartoffeln sowie Platanos (Kochbananen) hat es uns angetan. Die Avocado dazu schmeckt wie feine Knoblauchbutter.
Zu unserer Stimmung ist zu sagen, dass wir allmählich in Reisestimmung kommen und unser Körper sich voll und ganz darauf eingestellt hat. Das hat eine absolute Tiefenentspannung und Gleichgültigkeit in Bezug auf den Tagesablauf zur Folge. Es braucht wirklich seine Zeit bis man mental angekommen ist und alles wahrnimmt sowie anfängt es zu schätzen. Das Dorf und die ausgiebigen Wanderungen haben letztendlich ihren Teil dazu beigetragen. Ein wirklich schönes kleines gemütliches Dorf mit vielen kleinen Häuschen und Wander-Möglichkeiten und dazu ein super Hostel mit herzlichen Eigentümern und gutem Service.
Aufbruch: | 05.05.2013 |
Dauer: | 9 Monate |
Heimkehr: | Februar 2014 |
Panama
Kolumbien