Kanada - Praktikum und Rundreise entlang der Ostküste
Leben in Kanada: CN Tower, T&T and the Germans
Freitag, 20.07.2013, 3 pm. Die Menschen in und um Barrie flippen aus. Tornado Warnungen gehen durch die Medien. Eine Email wird an alle Mitarbeiter versendet: Wir sollen uns ermutigt fühlen, das Gebäude zu verlassen und nach Hause zu gehen oder zu warten, bis das Schlimmste vorbei ist. Während meine Kollegin Lindsey das Ganze noch locker nimmt und weiter arbeiten will, dreht unsere Chefin, sagen wir, durch. Sie kommt gehetzt ins Büro und befielt uns nach Hause zu gehen. Sie selbst muss bleiben, zusammen mit einer Kollegin, die mit ihr ausharren muss, weil sie viel zu viel Angst hat mit dem Auto zu fahren. Sie scheint wohl echt Angst vor Gewittern zu haben...
Draußen wird es dunkel und Lindsey bietet mir an, mich mit ihrem Auto nach Hause zu fahren. Wir haben das Gebäude grad verlassen, dann fängt es natürlich an, aus Kübeln zu schütten. Wir werden auf dem kurzen Weg zum Auto klischenass, der böige Wind macht es nicht besser... Kaum im Auto scheint das Schlimmste schon vorrüber. Na toll... Trotzdem setzt bei mir erst mal ein Lachkrampf ein. Das war ja klar! Also auf nach Hause.
Dort sitze ich mit Vicki vor dem Fernseher. Eine weitere kanadische Besonderheit. Es gibt einen Kanal, der den ganzen Tag nur Wetterberichte bringt. Laut Vicki reden die Kanadier sowieso nur übers Wetter... Warum dann nicht auch im Fernsehen?! Der Kanal bringt zwischendruch immer die regionale Wetterlage für den heutigen Tag sowie einen Forecast für die nächsten Tage.
Die Dame im TV scheint genauso aufgelöst wie meine Chefin und ermahnt alle zuhause zu bleiben und bloß nicht Hunde und Kinder aus dem Haus zu lassen. Es wäre auch ratsam in den Keller zu gehen. Wir bleiben erst mal im Wohnzimmer, aber nicht ans Fenster gehen, dort ist es am Gefährlichsten. Ich erfahre, dass der letzte schlimme Tornado in der Gegend wohl vor ca. 25 Jahren war, und dass die Tornados hier bei weitem nicht so schlimm werden wie in den Staaten. Dennoch kann es auf kleineren Gebieten durchaus vorkommen, dass Tornados entstehen. Im TV kann man auf der Karte sehen, dass das Zentrum des Unwetters derzeit genau über Barrie ist. Oh oh. Auf einer Straße, keine 15 km entfernt will jemand eine Wolke gesehen haben, die zum Boden geneigt ist. Oh oh.
Doch nach 30 Min ist das Schlimmste vorbei. Das Zentrum zieht weiter und die Tornado Gefahr nimmt ab. Jetzt ist es nur noch ein Gewitter. Damit kann ich umgehen...
Deshalb buche ich jetzt schon mal die Karten für den CN Tower in Toronto, zu dem wir morgen gehen wollen. Unter der Woche sind zwei weitere Deutsche angereist, Timo vom Bodensee, der Industrie in VS studiert und Theresa aus Stuttgart (Immobilien an der DHBW Stuttgart). Patrick und ich treffen die beiden morgen zum ersten Mal, aber, Facebook sei es gelobt, stehen wir schon seit einger Woche in Kontakt.
Am Samstag morgen geht es dann los nach Toronto Downtown. Das zieht sich ganz schön. Zu den Suburbs gehts schnell, doch wer ins Zentrum will, sollte von Barrie schon fast 2h Fahrt einplanen. Der Verkehr ist Horror. Das International Office hat für diesen Tag einen Trip zum Eaton Center angeboten, dem wir uns angeschlossen haben, auch wenn wir nicht in die Shopping Meile gehen werden. Vom Eaton Center soll es nur ein Katzensprung zum Tower sein. Ich habe keine Stadtkarte dabei, immerhin ist der Turm mit 553m Höhe das mit Abstand höchste Gebäude der Stadt und mit Sicherheit gut zu finden.
Haha, da kommt der Dorftrampel durch... Wärste mal vorher besser in einer nordamerikanischen Stadt gewesen... Pustekuchen. Nüx zu sehen... Also mal den Clown an der Ecke fragen. Der kann uns weiterhelfen, doch auf dem Weg frägt man sich dann doch das ein oder andere Mal, ob er uns nicht einfach verarscht hat. Ich sehe hier keinen Turm.
Doch schließlich und endlich nach 30 Min Fußweg, taucht er dann doch zwischen den Wolkenkratzern auf. Und als wir davor stehen, ist er dann doch so groß, wie wir ihn uns alle vorgestellt haben.
Tickets haben wir ja schon. 31,26 $ in tutto pro Person. Schnäppchen. Die Preise hierfür, werden, wie alles in Kanada, natürlich ohne Steuer angegeben. Die kommt dann erst als Überraschungspaket an der Kasse drauf. Und macht den tollen Schnäppchenpreis zu Nichte, über den man sich gerade noch gefreut hat.
Gute halbe Stunde angestanden, Foto schießen lassen, und rauf geht es mit dem Aufzug. Oben angekommen kann man wirklich einen atemberaubenden Blick über Toronto und den Ontario Lake genießen. Dass es sich dabei um einen See handelt möchte man kaum glauben, doch auf der anderen Seite soll man den Turm von Niagara sehen können.
Wie Spielzeughäuschen werden die Wolkenkratzer unter uns. Der Glasfußboden im Inneren kostet dann doch ein wenig Überwindung. Die Kinder, die darauf herum hüpfen, scheint das wenig zu kümmern. Da gehts dann doch weit runter.
Deswegen muss ich auch nicht auf das Kellergitter, das sich um den Turm zieht und auf dem man, angeschnallt nur an einem Seil, um den Turm herum laufen kann. Adrenalin pur. Auf Bildschirmen kann man die Leute draußen beobachten, die sich, ohne sich irgendwo festzuhalten, hinaus in den Abgrund lehnen. aaaaaaaaah!
Wieder unten kann man dann doch auch mal Postkarten kaufen. Das scheint wohl ein europäisches Phänomen zu sein, denn bisher habe ich nirgendwo welche gesehen. 2,89$ pro Postkarte mit Briefmarke inbegriffen. Naja, günstig ist was anderes.
Auf dem Weg zurück zum Bus noch kurz Halt gemacht am Hard Rock Café und nen Latte bei Starbucks geschlürft. Mit dem Bus geht es weiter auf dem geplanten Ausflug des International Office. Der zweite Haltepunkt ist T&T, ein asiatisch/chinesischer Supermarkt im Norden Torontos. Aufgrund der vielen Asiaten am Georgian College wird dieser Supermarkt öfter als Ziel angefahren. Zwei Stunden Zeit haben wir das Ganze zu erkunden. Es ist wirklich Wahnsinn, was es dort alles zu kaufen gibt. Leider lässt sich das wenigste beschreiben, obwohl überall kleine Probierstände mit Pröbchen serviert werden und wir fleißig durchprobieren. Ich kaufe mir Soja-Chocos-Milch und einen asiatischen Riegel, Theresa Reisballs mit Mango. Lecker! Auch gibt es einen kleinen Food Court wo wir uns etwas zum Abendessen gönnen.
Dennoch empfinden wir, die wir die einzigen westlichen Leute im Laden sind, zwei Stunden für einen Einkauf zu lang. Andere Chinesen sehen das ähnlich und sitzen bald wieder im Bus.
Als es dann Zeit zur Abfahrt ist, fehlen aber (wie IMMER!) noch zwei Leute. Ich habe noch nicht erlebt, dass wir jemals pünktlich los gekommen wären. Gott sei Dank ist das bei Kanadiern in der Regel kein Problem. Die sind ähnlich wie wir in Sachen Pünktlichkeit eingestellt. Das scheint im asiatischen Raum wohl anders zu sein. Plötzlich kommt dann doch noch ein Paar mit einem bis oben hin voll gepackten Einkaufswagen aus dem Laden auf unseren Bus zugestürmt. Das Mädel rennt in den Bus und holt einen Koffer, über den ich mich vorher schon gewundert hatte, und beginnt das Zeug einzupacken. Die waren wohl länger nicht mehr beim einkaufen...
Schließlich geht es dann doch wieder zurück nach Barrie.
Brittany, eine Freundin von Rosi, hat mir vor einigen Wochen angeboten, ihr Fahrrad für die Zeit hier nutzen zu dürfen. Nachdem alle anderen Deutschen auch eines haben, bin ich sehr glücklich darüber es endlich holen zu können. Ich lade Rosi und ihre Freundin Sarah ein, sich später mit uns Downtown zu treffen. Der Plan ist: Vicki fährt mich und Rosi zu Brittany, ich hole das Rad und schiebe es nach Downtown, während Rosi nebenher läuft. (Sie hat nie gelernt Fahrrad zu fahren als Kind. Fast traurig, wenn es nicht schon wieder lustig wäre ) Doch leider hat das Fahrrad, das jahrelang im Keller stand, keine Luft. Gott sei Dank ist Brittany's Mom sooo handy, wie es so schön heißt und hilft uns ganz unkompliziert das Fahrrad ins Auto zu bringen. Leider kann uns Vicki nicht einfach Downtown raus lassen, das Fahrrad soll erst wieder aus dem Kofferraum. Also wieder nach Hause und Fahrrad ausladen, auf Sarah warten, die jetzt doch zu uns kommt und wieder nach Downtown. Dort treffen wir dann 30 Min zu spät ein, ich sollte mich wohl doch nicht über verspätete Chinesen beschweren...
Timo, Patrick, Sarah, Rosi und ich ziehen dann am Strand entlang. Sooo viel gibt es in Barrie dann doch nicht zu sehen. Also ab ins Manhattans
und Martini für 5$ trinken. Theresa kommt dann auch noch dazu und es wird ein schöner Nachmittag, den wir später am Johnson Beach mit einem Bier ausklingen lassen. (Psst, hat keiner gemerkt. Die Kanadier waren etwas geschockt, dass wir das nicht mal verstecken wollten. Bier trinken in der Öffentlichkeit ist eigentlich nicht erlaubt...)
Montag morgen bekomme ich dann eine Nachricht von Patrick aus dem Engineering Department, ob ich nicht mein Fahrrad vorbei bringen will, damit sie es dort pimpen und aufpumpen können. Äh, hab ich grad nicht dabei, komme ja mit dem Bus. Kein Problem für Patrick, der eben mal heim läuft und es für mich abholt. Die scheinen wohl wirklich nicht so viel zu tun zu haben Wenige Stunden später erhalte ich ein Bild per What's ap, von meinem neuen/alten Fahrrad, jetzt auch mit wieder abnehmbaren Namenssschild Dankeschön!
Aufbruch: | 26.06.2013 |
Dauer: | 11 Wochen |
Heimkehr: | 10.09.2013 |
Vereinigte Staaten