VW-Bullie - Korsika: 1:0

Reisezeit: September 2013  |  von Matthes Jansen

16. September – Die Küste ruuuft

Raus aus dem Gebirge. Genug Höhenmeter gefressen.
Jetzt nehmen wir die Westküste alias "Perle des Mittelmeeres" alias "Paradies im Paradies" alias... in Angriff.
Der Weg ist keine Nationalstraße, heißt: Wir sind auf einem asphaltierten Wildwechsel unterwegs. Eine Autosafari, Ziegen, Rinder, Kühe, Kälber, Schweine. Ein Streichelzoo für Leute, die zu geizig sind in einen Streichelzoo zu gehen.

"Guck Mal die Kuh da am Straßenrand - was für eine Köperhaltung. Vielleicht ist die krank, die Füße so in die Luft zu Strecken. Hmm... und warum haben die ihr einen schwarzen Mantel umgehängt? Es ist doch warm."
Ohaa... der schwarze Mantel ist ein Schwarm Fliegen, der auf dem Kadaver des toten Tieres eine Fressorgie veranstaltet.
Schnell weiter.

Dann das Meer. Wir fahren aus den Wolken in die Sonne, links Grau-In-Grau, rechts Karibik. Eigentlich sind vier Bergdörfer als Zwischenstationen geplant, doch hier oben hat Grau-in-Grau noch das Sagen, und so werden es schließlich nur zwei.

Die kleine Kirche "Eglise de la Trinité" bei Aregno ist ein schönes Fotomotiv.
Viel interessanter ist jedoch der Friedhof des Dorfes, der die Kirche umgibt. Ausnahmslos jedes Grab ist mit einem Foto bestückt. Dazu oft kleine, kurze Texte. Das ganze ist ein einziges Geschichtsmuseum.
Vor allem Beleg dafür, wo Frankreich in den letzten hundert Jahren "savoir-vivre" glaubte verteidigen zu müssen. Zwar hätten viele Bewohner von Aregno wohl nie ohne Hilfe aus Paris in Indochina besucht, aber viele kamen offenkundig nicht dazu, den Daheimgebliebenen Andenken aus Südostasien mitzubringen.

Dann die Küste. 45 Minuten durch das Zentrum von Calvi mit 4 bis -1 Kilometer/Stunde.
Vorbei am riesigen Stützpunkt des zweiten Fallschirmjägerregiments der Fremdenlegion. Die Jungs haben es definitiv besser getroffen, als ihre Kollegen in Französisch-Guyana, die das ganze Jahr bei 26 Grad Celsius und 120% Luftfeuchtigkeit gegen Schimmel und Blutegel ankämpfen.

Dann die D81B von Calvi nach Süden. Man kann auch die Straße im Landesinnern nehmen, relativ eben, relativ langweilig.
Oder aber man fährt an der Küste entlang, kriecht von Kurve zu Kurve, knipst. "Hast du ein Foto gemacht?" "Ja, die ganze Zeit mache ich Fotos." "Aber auch das da?" "Ja, mehrmals. Aber ich höre auf, wenn du nicht auf die Straße guckst." "Aber du siehst, dass die Farben hier und da vorne ganz unterschiedlich sind." "Ich hab alles drauf, guck nach vorne". "Aber...".

Camping Morsetta liegt so schön, dass es wohl auch zwei Sterne hätte, wenn es nur aus Wiese und Plumsklo bestehen würde.

Trotz der späten Ankunft kriegen wir noch einen letzten Platz der Kategorie "OK".
Die deutsche Familie, die zwei Minuten nach uns ankommt, hat leider nicht mehr so viel Glück. Als der Familienpapa beim Inspizieren mit dem rechten Vorderrad in eine, mit grobem Kies ausgeschüttete Sandmulde rollt, ist der Familientrip schon kaputt, bevor er richtig angefangen hat.
Ich gehe rüber und versuche mich am Rad-freilegen-dann-Holzbrett-reinlegen-und-raus- fahren, aber unsere Mühen funktionieren nicht ganz so, wie man es von DMAX kennt.
Zwei Minuten später ist das Helfer-Team von 1 auf 10 angewachsen, weil eine hilfsbereite italienische Dauercamper-Clique helfen will. Jung (mit Schwimmflügeln) bis Alt (mit sonnencremebetünchter Nase) stehen wir nun vor dem nagelneuen Leihwagen und buddeln.
Die Italiener haben Wagenheber, Schaufeln, Eimer - nach 30 Minuten ist unter'm Motorraum alles Freilegbare freigelegt, nur kommt der Wagen nicht raus.
Hilfe muss her, ein Abschlepper - Achtung, Finale.
Der deutsche Familienpapa kommt mit einem ca. 130 Kilo wiegenden Herr an, der auf einem kleinen, orangen (die Farbe ist nur noch schemenhaft zu erkennen) Traktor sitzt und normalerweise dafür zuständig ist die Campingplatzmülltonnen "abzuschleppen".
Mit ausdrücklich miesmutiger Miene legt er im Zeitlupentempo das Abschleppseil an, startet den Traktor mit einem 1-Meter langen Eisenrohr, das er irgendwo in den Motorraum steckt, und zieht endlich die Karre aus dem Loch.

Abends der erste und (vor-)letzte Sonnenuntergang am Meer.

© Matthes Jansen, 2013
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Peloponnes, Rumänien oder Korsika, wo geht's hin?. Peloponnes schwierig wegen Muttis Eurorettung sowie der 2.750 Kilometer. Rumänien schwierig wegen mehr Todesopfern durch Bärenangriffe pro Jahr als im gesamten Rest der EU. Korsika schwierig wegen der höchsten Mordrate aller 271 EU-Regionen....
Details:
Aufbruch: 06.09.2013
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 29.09.2013
Reiseziele: Frankreich
Der Autor
 
Matthes Jansen berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.
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